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Wo steht der Mittelstand?

Häufi g werden im Zuge der Industrie 4.0 und der Digitalisierung die sich wandelnden Geschäftsprozesse betrachtet. Doch viel bedeutender ist die Frage, inwieweit durch die Möglichkeiten der Digitalisierung bereits Veränderungen in die Geschäftsmodelle eingezogen sind.

Häufig werden im Zuge der Industrie 4.0 und der Digitalisierung die sich wandelnden Geschäftsprozesse betrachtet. Doch viel bedeutender ist die Frage, inwieweit durch die Möglichkeiten der Digitalisierung bereits Veränderungen in die Geschäftsmodelle eingezogen sind. Dies beleuchten der Industrie 4.0-Verein «SEF Smart Electronic Factory e.V.» und sein Mitglied Technische Hochschule Mittelhessen (THM). Grundlage ist die auf einer aktuellen Online-Befragung basierende Studie «Stand der Digitalisierung von Geschäftsmodellen in der Industrie 4.0 im Mittelstand» der THM. Diese zeigt unter anderem, dass überwiegend das physische Produkt im Mittelpunkt des Geschäftsmodells steht und weniger die Service-Ausrichtung.

 

Mittelstand auf dem Prüfstand der Digitalisierung

Es wurden vorwiegend mittelhessische Unternehmen – mittels Online-Fragebogen – befragt. «Die Region Mittelhessen verfügt über eine ausgesprochen starke Industrielandschaft mittelständischer Unternehmen (vergleichbar mit der Schweiz, Anm. der Red.). Aufgrund der Vielfalt der Branchen, Grössenverteilung und Struktur entsteht hier ein repräsentatives Bild», erklärt Prof. Dr. Gerrit Sames, Fachbereich Wirtschaft an der Technischen Hochschule Mittelhessen. Der Fragebogen der THM enthielt insgesamt 73 Fragen und gliederte sich in die drei Bereiche «Allgemeine Angaben», «GeschäftsmodellErweiterungen» und «Hinderungsgründe». Es haben 107 Unternehmen an der Befragung teilgenommen. Der Maschinen- und Anlagenbau hat mit 37,4 Prozent der Teilnehmer den prozentual grössten Anteil.

 

Zwölf Kategorien abgefragt

Der Bereich «Geschäftsmodell-Erweiterungen» bildet den thematischen Schwerpunkt mit insgesamt zwölf Kategorien – wie zum Beispiel Serviceausrichtung im Geschäftsmodell, Produktindividualisierung, Bestands- und Ersatzteilmanagement, Datenaufbereitung/- auswertung und vieles mehr. Um den (durchschnittlichen) Digitalisierungsgrad der zwölf Kategorien berechnen zu können, wurde den erhobenen Daten ein entsprechender Zahlenwert zugeordnet. Die Befragungsdaten erhielten bei Fragestellungen mit vier möglichen Ausprägungsstufen einen Zahlenwert zwischen eins (Stufe 1) und vier (Stufe 4).

 

Produkte werden zunehmend digitalisiert

Die Ergebnisse zeigen, dass der Mittelstand nach wie vor das physische Produkt in den Mittelpunkt des Geschäftsmodells stellt. Die Monetarisierung liegt im Wesentlichen noch immer im Verkauf der Produkte. Vielfach sind die Produkte bereits konnektiv und auch mit Sensoren und Verarbeitungs- und Rechenleistung ausgestattet. Im Hinblick auf die Digitalisierung ihres Produktportfolios sind die Unternehmen weit fortgeschritten: 36 Prozent der Befragten haben ihre Produkte mit einer Industrial Ethernet-Schnittstelle oder einem Zugang zum Internet ausgerüstet.

Der Digitalisierungsgrad der Produkte übersteigt in den befragten Unternehmen bis auf eine Ausnahme den Wert 2,00. Smarte Produkte (Produkte mit Kommunikationsfähigkeit und Datenverarbeitungsmöglichkeit) scheinen eine entsprechende Bedeutung bei den Unternehmen erreicht zu haben.

 

Zu wenig digitaler Service

«Ein immenses Potenzial für digitale Wertschöpfung befi ndet sich auch in digitalen Services. Hier gibt es hohen Handlungsbedarf», erklärt Prof. Dr. Sames. Beispielsweise zu den Produkten korrespondierende IT-Services werden gemäss der Umfrage zu wenig angeboten. So gaben 57 Prozent der befragten Teilnehmer an, keine speziellen IT-Services zu ihren Produkten anzubieten. Lediglich bei 28 Prozent der Unternehmen gibt es in geringem Umfang produktbezogene IT-Services für die Kunden. Zudem bieten zwei Drittel der befragten Unternehmen ihrer Kundschaft keine Apps für mobile Geräte zu den Produkten. Auch digitale Schulungen/Webinare werden von 75 Prozent der teilnehmenden Unternehmen bisher nicht angeboten.

 

Handlungsbedarf bei Digitalisierung im Mittelstand

«Es lässt sich festhalten, dass der Digitalisierungsgrad in den Unternehmen unabhängig von der Grösse und Branche niedrig ist. Befragte Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern verzeichnen im Vergleich zu den restlichen Firmengrössen den höchsten Digitalisierungsgrad. Die Auswertungsergebnisse sind im Hinblick auf die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands nicht zufriedenstellend», erklärt Prof. Dr. Sames.