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Immer schneller, immer weiter

Bei der Präsentation neuer Elektrofahrzeuge überbieten sich Automobilhersteller permanent mit immer kürzeren Ladezeiten für immer höhere Reichweiten. Dass diese Rechnung nur bedingt aufgeht, lässt sich leicht erkennen. Zudem ist dieses Vorgehen der Lebensdauer eines Fahrzeugs alles andere als zuträglich.

Immer mehr Städte wollen insbesondere Dieselfahrzeuge aufgrund verschärfter Luftreinhalteverordnungen mit einem Fahrverbot belegen. Der Druck auf die Automobilindustrie, möglichst emissionsarme Gefährte anzubieten, wächst zusehends. Denn wer kauft sich schon ein Fahrzeug, mit welchem er womöglich morgen schon nicht mehr in die Stadt fahren darf?

Also muss die potentielle Käuferschaft mit markigen Sprüchen davon überzeugt wer den, dass sich das neueste Elektro-Modell innert ganz weniger Minuten von Null auf 100 Prozent laden lässt und damit viele hundert Kilometer schafft. Leider ist das nicht ganz so einfach. Die Physik lässt sich mit solchen Sprüchen nicht überlisten.  Nachstehend ein paar simple Fakten.

 

Wie lange dauert das Laden?

Die Rechnung ist überschlagsmässig schnell gemacht. Man nehme die Batteriekapazität eines Fahrzeugs in kWh und teile diese durch die Leistung (kW) der Ladestation. So erhält man die Anzahl Stunden für eine Vollladung (0 bis 100 %).

 

Das schwächste Glied bestimmt

Man beachte beim Ladevorgang stets, dass dieser wie eine Kette aus dem Stromnetz, der Ladestation, dem Ladekabel und dem Ladegerät besteht. Das schwächste Glied einer solchen Kette gibt immer die maximale Ladeleistung vor. Verkraftet das Ladegerät etwa nur 6.6 kW, so hilft es nichts, wenn man mit einer 22-kW-Ladestation Strom in die Akkus «pumpt».

An dieser Stelle sollte man sich also gleich von den Angaben so mancher Hersteller verabschieden, die ihren Fahrzeugen besonders kurze Ladezeiten zusprechen. Man lese hierfür das Kleingedruckte! Unter welchen Bedingungen sind diese Ladezeiten realistisch? An einer externen Dreiphasen-HochleistungsLadestation oder am heimischen Netz?

 

Laden zu Hause

Ganz praktisch ergibt dies beim lange Zeit meistverkauften Elektrofahrzeug, dem Nissan LEAF mit der 40 kWh-Batterie, folgende Ladezeiten zu Hause: An einer üblichen 230-VSteckdose (mit 10 A / 1.8 kW) über ein zum Fahrzeug gehörendes Ladegerät werden 22 Stunden benötigt, was nur für echte Notfälle einen praktikablen Wert darstellen dürfte. Überdies sollte man bedenken, dass die heimische Stromversorgung nicht für solche Dauerbelastungen geschaffen ist.   

Sinnvoller und vom Hersteller auch empfohlen ist die Verwendung einer eigenen Wallbox, einer separaten Ladestation. Die Installation eines solchen Terminals gehört aber in die Hände eines Elektrikers. In einem 1-phasigen Netz kann der Lithium-IonenAkku damit mit 3.7 kW Leistung geladen werden, was noch immer zu Ladezeiten von 11 Stunden führt – machbar, aber nicht berauschend. Ein Wechsel ins 3-Phasen-Netz ist angezeigt, um an mehr Leistung zu kommen. Der erneute Anruf beim Elektriker ist vorgeplant.

 

Benötigte Ladeleistung

Wer in der privilegierten Lage ist, ein freistehendes Haus sein eigen zu nennen, der kommt recht einfach an eine leistungsstarke Heimladestation. Der Fachmann wird’s gegen das entsprechende Entgelt richten. Anders hingegen sieht die Geschichte für Stockwerkeigentümer und Mieter aus, die ihr Fahrzeug in einer von mehreren Parteien genutzten Tiefgarage parken. Der Stockwerkeigentümer muss das Einverständnis der Eigentümerversammlung einholen. Und der Mieter braucht die Erlaubnis des Vermieters.  

 

Nicht für solche Belastungen ausgelegt

Damit zu einem weiteren Beispiel, zum einfacheren Verständnis: In einer herkömmlichen Tiefgarage ist Platz für 30 Autos. Wenn nun ein Verbrennerfahrzeug durch ein elektrisch betriebenes mit Dreiphasen-Ladestation ersetzt wird, dürfte das noch keine Probleme verursachen. Bei drei, fünf oder gar zehn EFahrzeugen sieht die Sache schon anders aus. Die Stromversorgung für die angesprochene Tiefgarage wurde schlicht nicht für solche Belastungen ausgelegt.

 

Rechtzeitig Abklärungen treffen

Es ist somit nicht nur empfehlenswert, sondern geradezu zwingend, von Anfang an zu klären, für wie viele Ladestationen die Reserven der Hausanschlussleistung ausreichen und ob später allenfalls eine Verstärkung derselben überhaupt möglich ist. Wenn mehrere Elektroautos gleichzeitig angehängt sind, wählt man am besten intelligente Ladestationen, welche die Belastung des Stromnetzes messen und in die jeweilige Ladeleistung miteinbeziehen.

 

Schnelles Laden ist «ungesund»

Egal, was die Marketingstrategen der Automobilhersteller erzählen: Schnelles Laden schadet einem Akku. Das sogenannte IU-Ladeverfahren, das etwa bei LithiumIonen-Zellen angewandt wird, arbeitet mit Konstantstrom und Konstantspannung (Constant Current = CC, Constant Voltage = CV). Wie die Lebensdauer hängt auch die Ladezeit von diversen Faktoren ab, bei höheren Ladeleistungen insbesondere von der Temperatur. Kurze Ladezeiten respektive hohe Ladeströme wirken sich belastend auf das Elektrodenmaterial aus, so dass die Lebensdauer und die Zyklenzahl verkürzt werden. Schonendes Laden/Entladen erhöht die Lebensdauer massiv!

 

Lithium-Plating

Das Laden und Entladen von Lithium-IonenZellen bei hohen Strömen oder tiefen Temperaturen kann zu Lithium-Plating führen. Dabei lagern sich Lithium-Ionen bevorzugt auf der Anodenoberfläche ab, anstatt sich zwischen die Schichten des Graphits einzulagern. Dieser Effekt führt zu signifikanten Einbussen an Leistung, Lebensdauer und Sicherheit. In extremen Fällen kann das Lithium-Plating sogar zu einem Kurzschluss oder, da metallisches Lithium leicht entflammbar ist, auch zu einem Brand führen.

 

Kommunikation / BMS

BMS (Battery-Management-Systeme) sind verantwortlich für die Steuerung und Kontrolle des Lade- und Entladevorgangs von Hochleistungs-Akkupacks. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass jede einzelne Zelle sowohl beim Laden als auch beim Entladen einen für die Anwendung definierten Grenzwert bezüglich Ladezustand (SoC = State of Charge) weder unter- noch überschreitet. Der SoC-Wert bezeichnet die noch verfügbare Kapazität eines Akkus im Verhältnis zum Nominalwert. Der Wert wird in Prozent vom vollgeladenen Zustand angegeben. Beispiel: 30 Prozent bedeuten, dass der Akku noch über eine Restladung von 30 Prozent bezogen auf die Vollladung verfügt. Je nach Anwendung liegen die oberen und unteren Grenzwerte für den SoC bei 20 % bis 100% (für maximale Leistung) respektive 30 % bis 70 % (für maximale Lebensdauer).

 

Ladesysteme im Überblick

Unglücklicherweise gibt es nicht ein standardisiertes Verfahren, wie man Elektrofahrzeuge zu laden hat. Es gibt sowohl länder- als auch herstellerspezifische Verfahren und Stecker-/ Dosen-Kombinationen. Nachfolgend ein Überblick der aktuell gebräuchlichsten Systeme mit ihren wichtigsten Spezifikationen.

Die grosse Anzahl verschiedener Anschlüsse und Ladestandards mag aus Sicht eines potentiellen Konsumenten verwirrend erscheinen. Im Alltag ist es aber weniger problematisch, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Was allerdings insbesondere bei den öffentlichen Ladesäulen noch vereinfacht werden muss, ist die Zugangsberechtigung beziehungsweise die Bezahlmöglichkeiten. Der Einfachheit halber sollte es möglich sein, wie an einer Tankstelle mit Maestro- oder Kreditkarte bezahlen zu können. Dies wird wohl noch eine Weile dauern, aber daran führt eigentlich kein Weg vorbei.  

 

IATF 16949: erfahrener Partner

Schurter ist zertifiziert nach IATF16949 und bedient eine Vielzahl von Kunden mit Sicherungen, die nach AEC-Q200 für verschiedenste Applikationen (Battery Management, Klimaregelung, motornahe Elektronik für Diesel/ Benziner umd vieles mehr) geprüft wurden – in Summe: Abermillionen von Sicherungen zum Schutz vor Überstrom und Übertemperatur. Darüber hinaus verfügt Schurter über ein Kompetenzzentrum für EMV-Lösungen, welche für industrielle und medizinische Anwendungen seit Jahrzehnten massgeschneiderte Lösungen entwickelt.

 

Fazit

Das Thema «Laden von Elektrofahrzeugen» ist von einer unheimlichen Dynamik geprägt. Alle Facetten dieses Themas in einem kompakten White Paper abzubilden, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Es gilt dieses also fortzusetzen. Es geht um einen zukünftigen Milliarden-Markt, um die Mobilität aller. Allein in Deutschland hängen mehr als 800'000 Arbeitsplätze am klassischen Automobilsektor. Mit der Einführung der Elektromobilität wird sich hier vieles verändern. Entsprechend kämpfen die Hersteller von Elektromobilen mit harten Bandagen und markigen Sprüchen. Man sollte hierbei nicht immer alles glauben, was einem vorgesetzt wird. Vieles ist simple Physik.

 

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