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MEM-Industrie: Befürchtungen bestätigen sich

Der Abwärtstrend in der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) setzte sich im dritten Quartal 2019 unvermindert fort. In den ersten neun Monaten reduzierten sich die Auftragseingänge um -13,2 Prozent, die Umsätze um -3,7 Prozent und die Exporte um -1,4 Prozent. Der Abschwung in der MEM-Industrie erfolgte schnell und massiv. Innerhalb von 15 Monaten kam es beim Bestellungseingang zu einem Volumenverlust von 27 Prozent. Eine Chance für eine Stabilisierung der Lage besteht nur, wenn sich die Konjunktur in den Hauptmärkten nicht weiter abkühlt und es weltweit zu keinen politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen kommt. Darüber hinaus darf es nicht zu einer raschen Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro kommen. Aus diesem Grund ist der von den Banken initiierte Druck auf die Negativzinsen kontraproduktiv.

Die Auftragseingänge in der MEM-Industrie sanken in den ersten neun Monaten 2019 gegenüber der Vorjahresperiode um -13,2 Prozent. Im dritten Quartal 2019 betrugen der Rückgang gegenüber dem Vorjahresquartal -14,7 Prozent. Damit verzeichnet die MEM-Branche nun bereits fünf Quartale in Folge sinkende Bestellungseingänge. Bemerkenswert ist, dass der Rückgang fast ausschliesslich auf das Konto der Auslandsaufträge geht, welche fast 80 Prozent des Volumens ausmachen. Der rückläufige Bestellungseingang wirkt sich immer mehr auf die Umsatzentwicklung aus. Im Zeitraum von Januar bis September 2019 sanken die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um -3,7 Prozent. Im dritten Quartal 2019 betrug der Rückgang -7,4 Prozent. Vom Umsatzrückgang sind vor allem Grossunternehmen betroffen. Eine Erklärungshypothese dafür ist, dass die Kunden der MEM-Industrie in einem unsicheren Umfeld weniger grössere Investitionen (wie z.B. Kauf von neuen Maschinen) tätigen und mehr auf die Aufrechterhaltung der vorhandenen Produktionsmittel fokussieren.

Die negative Entwicklung hat sich bisher noch nicht auf die Beschäftigung in der MEM-Industrie ausgewirkt. Diese stieg im ersten Halbjahr um 5'000 Stellen auf 325'500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Allerdings ist es im Verlauf des Jahres zu einer deutlichen Verringerung der Kapazitätsauslastung in den Betrieben gekommen. Nachdem diese im vierten Quartal 2018 noch den sehr hohen Wert von 91,6 Prozent erreicht hatte, sank sie innerhalb von neun Monaten auf 83,7 Prozent ab. Dieser Wert liegt deutlich unter dem langjährigen Mittelwert von 86,4 Prozent. Es überrascht deshalb nicht, dass die Anzahl Betriebe mit Kurzarbeit nun deutlich anzusteigen beginnt.

Deutlich tiefere Exporte in frühzyklischen Subbranchen

Die Güterexporte der MEM-Industrie reduzierte sich gemäss den Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung in den ersten neun Monaten 2019 im Vergleich zur Vorjahresperiode um -1,4 Prozent und erreichten einen Warenwert von 51 Milliarden Franken. Rückläufige Güterausfuhren verzeichnen die Absatzregionen Asien (-3,5%) und EU (-1,7%). Hingegen nahmen die Exporte in die USA weiterhin zu (+4,1%). Betrachtet man die einzelnen Produktbereiche, so verringerten sich die Ausfuhren bei den Metallen um -5,8 Prozent, im Maschinenbau um -4,7 Prozent und bei der Elektrotechnik/Elektronik um -1,9 Prozent. Einzig die Exporte bei den Präzisionsinstrumenten wuchsen noch um +2,7 Prozent. Besonders unter Druck befanden sich typisch frühzyklische Produktekategorien wie z.B. Textilmaschinen.

Wenig Hinweise auf baldige Trendwende

Der Abschwung in der MEM-Industrie erfolgte schnell und massiv. Noch Mitte 2018 befanden sich die Auftragseingänge auf einem vergleichsweise sehr hohen Niveau. Innerhalb von 15 Monaten erfuhren sie einen Volumenverlust von 27 Prozent. Es bleibt jedoch die Hoffnung, dass sich die Lage im Laufe der nächsten zwölf Monate auf tieferem Niveau stabilisieren wird. Genährt wird diese Hoffnung durch die Tatsache, dass sich die Talfahrt des PMI (Purchasing Manager Index, erhoben von procure.ch und der Credit Suisse) jüngst nicht mehr fortgesetzt hat. Voraussetzung für eine positivere Entwicklung ist, dass sich die Konjunktur in den Hauptmärkten nicht weiter abkühlt. Zudem darf es zu keinen politischen oder wirtschaftlichen Verwerfungen kommt, wonach es zurzeit nicht aussieht. Entscheidend ist im Weiteren, dass sich der Schweizer Franken gegenüber dem Euro nicht wieder aufwertet.

Die Unabhängigkeit der SNB ist unantastbar

In diesem Zusammenhang ist es wenig hilfreich, dass vonseiten der Banken Druck auf die Schweizer Nationalbank (SNB) ausgeübt wird, die Negativzinsen aufzuheben. In einer jüngst publizierten Studie kommen diese zum Schluss, dass der Schweizer Franken nicht mehr überbewertet sei. Die Studie schweigt sich jedoch über die möglichen Folgen einer Aufhebung der Negativzinsen völlig aus. Tatsächlich ist der Schweizer Frankens gegenüber dem Euro nach wie vor überbewertet und zwar in einem Ausmass von über 8 Prozent, wenn man die von der UBS berechnete Kaufkraftparität von 1.19 pro Euro zu Grunde legt. Zudem ist es plausibel anzunehmen, dass ein Wegfall der Negativzinsen zu einer weiteren Aufwertung des Frankens führen würde. Die Erfahrungen von 2011 und 2015 zeigen, dass dies schmerzhafte realwirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen würde.

Noch viel gewichtiger ist, dass die von den Banken losgetretene Diskussion über die Negativzinsen letztlich die Unabhängigkeit der SNB untergräbt. Diese Unabhängigkeit ist jedoch politisch gewollt und ökonomisch sinnvoll. Alle historischen Erfahrungen zeigen, dass Volkswirtschaften mit unabhängigen Zentralbanken wirtschaftlich besser fahren. Mit der öffentlichen Kritik an den Negativzinsen machen die Banken die Währungspolitik zum Gegenstand eines politischen Diskurses und leisten damit der schleichenden Verpolitisierung der Notenbank Vorschub. Dies stärkt politische Kräfte, welche die SNB als «Selbstbedienungsladen» betrachten. Das ist nicht im Interesse des Wohlstands und der Arbeitsplätze in diesem Land.

Bessere Rahmenbedingungen notwendig

In dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation sind die Industriefirmen stark gefordert. Aber auch die Politik und die Verwaltung müssen ihren Beitrag leisten. Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem, betont: «Wir wollen keine Subventionen. Aber wir brauchen bessere Rahmenbedingungen.» Sorgen bereitet aktuell die teilweise sehr restriktive Praxis einiger Kantone bei der Bewilligung von Kurzarbeit. Zudem muss die Karenzzeit für Kurzarbeit auf einen Tag reduziert sowie die Bezugsdauer von 12 auf 18 Monate erhöht werden. «Bund und Kantone haben es hier in der Hand, mit kurzfristig wirksamen Massnahmen die Betriebe zu unterstützen und Arbeitsplätze zu sichern», sagt Stefan Brupbacher. Im Weiteren dürfen die Unternehmen nicht durch einen Sozialausbau zusätzlich belastet werden.

Ergänzend dazu müssen die fertig ausgehandelten Freihandelsabkommen mit Indonesien und dem Mercosur rasch ratifiziert und der Rahmenvertrag mit der EU endlich unter Dach und Fach gebracht werden. «Diese Massnahmen wären zwar erst mittelfristig wirksam, brächten aber eine echte Verbesserung der Rahmenbedingungen für die MEM-Industrie», ergänzt Stefan Brupbacher.

 

www.swissmem.ch