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Weltmeistertitel in Elektronik geht in die Schweiz

An den WorldSkills 2019, die vom 22. bis 27. August 2019 in Kazan, Russland, stattfanden, holte sich der HSR-Elektrotechnik-Student Florian Baumgartner die Goldmedaille in Elektronik. Er ist der einzige Europäer auf dem Podest in seiner Disziplin und ist Teil eines Teams, welches in der Nationenwertung nur von China und Korea geschlagen wurde.

Dass die Schweiz über eine ausgezeichnete Berufsbildung verfügt, ist weitherum bekannt. Oft genug wurde das System auch in andern Ländern kopiert bzw. die Schweiz leistete Entwicklungshilfe. So waren auch an den WorldSkills 2019 in Kazan, Russland, die Erwartungen an Schweizer Medaillenplätze hoch, landete sie doch schon beim letzten Wettbewerb vor zwei Jahren in Abu Dhabi auf dem zweiten Platz in der Nationenwertung.

 

Pompöse Eröffnungsfeier mit Ansprache des russischen Premierministers

Nach der ersten Austragung der Berufsweltmeisterschaften im Jahre 1950 in Spanien ist die diesjährige Austragung bereits die 45ste. Die Schweiz war selber dreimal Austragungsort. 41 junge Schweizer Berufsleute (12 Frauen und 29 Männer) nahmen an den WorldSkills 2019 vom 22. bis 27. August in 39 der 56 Disziplinen teil. Bemerkenswert ist auch das sechsköpfige Wettkampfteam aus dem Fürstentum Liechtenstein.

Die zweieinhalb Stunden dauernde Eröffnungsfeier war ähnlich pompös wie auch an Olympischen Spielen üblich. In der Kazan Arena, wo im letzten Jahr die Fussballweltmeisterschaften stattfanden, wurde bei über 35 000 Zuschauern ein Feuerwerk gezündet, das sich sehen lassen kann. Nach dem Einmarsch der 1600 Wettkämpfer 63 Nationen und Musikeinlagen hielt der Premierminister von Russland, Dmitri Medwedew, eine flammende Rede. Gerade in seinem Land sei Berufsbildung ein Schlüssel zur Entwicklung der Wirtschaft.

 

Bundesrat Guy Parmelin besuchte das Schweizer Team

Am nächsten Tag begann der Wettkampf für die maximal 22-jährigen Teilnehmenden auf einem riesigen Gelände weit ausserhalb der Stadt. Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) flog extra her und besuchte den Wettkampf und anschliessend die Athleten in der Mittagspause. Er war sehr beeindruckt von den Fähigkeiten des Schweizer Teams und schreibt das dem dualen Bildungssystem der Schweiz zu.

Der Schweizer Teilnehmer der Elektroniker, Florian Baumgartner, hat sich wie alle Schweizer Teilnehmenden über den Gewinn der SwissSkills für die Teilnahme qualifiziert. Nach seiner Lehre an der BBZ in Biel ist er unterdessen an der HSR Hochschule für Technik Rapperswil Student der Elektrotechnik und hat ein Team von wissenschaftlichen Mitarbeitern um sich, welches ihn in der Vorbereitungsphase unterstützte. Daneben organisierte Swissmem nationale und internationale Vorbereitungswettkämpfe, u.a. im Technorama und an Messen über die Schweiz verteilt. Ausserdem gab es Unterstützung durch Vorbereitungscamps und Sportpsychologen. Auch ehemalige Athleten wie der Vizeweltmeister von 2017 halfen mit ihren Erfahrungen aktiv mit.

 

Motivation und Beweggründe sind von Land zu Land verschieden

In Kazan selbst steht eine ausserordentlich grosse Infrastruktur zur Verfügung. Im Jahre 2013 wurde für die Universiade ein Dorf für 26 000 Studentinnen und Studenten errichtet. Die Motivation der Teilnehmer könnte nicht unterschiedlich sein. Während für Länder wie Namibia der olympische Gedanke zählt und es darum geht mit der Rest der Welt dabei zu sein, geht es bei den Vertretern aus China um nichts anderes als um eine lebenslange Rente, welche durch eine Goldmedaille gesichert ist. Beim Schweizer Team, welches durch diverse Camps einen beeindruckenden Teamspirit und eine unglaubliche Lockerheit an den Tag legte, ist wohl die vorherrschende Motivation der Berufsstolz.

 

Vier Wettkampftage mit unterschiedlichen Aufgaben

Der erste Wettkampftag der 24 Elektroniker war dem Hardware-Design und Layout gewidmet. Die Aufgabenstellung, welche erst am Wettkampftag selbst bekannt gegeben wurde, war in diesem Jahr der Entwurf eines Pulsoximeters, also eines Pulsmessgeräts mittels Infrarotsensor am Finger. Die Bauteile sind jeweils vorgegeben. Die Teilnehmer dürfen wahlweise die Schaltung auf dem Steckbrett aufbauen oder mittels Schaltungssimulation vorgehen, die Methode der Wahl von Florian Baumgartner, dem Schweizer Elektroniker.

Sowohl die Simulations- als auch die Layout-Software waren vorgegeben. Überhaupt sind beim Elektroniker alle Werkzeuge und Messgeräte gestellt, d.h. mitbringen darf der Akteur nur einen drahtgebundenen Kopfhörer und eine länderspezifische Computertastatur. Der zweite Wettkampftag war dem Software- design gewidmet. Die Aufgabe bestand darin, in einer vorgegebenen Modellgarage mit Sensoren (Feuchtigkeitssensor, RFID) und Aktoren (vertikale und horizontale Lifte) die Autos zu rangieren. Es wurde

ein µC in C programmiert. Softwaredesign ist auch ein Studienfach von Florian Baumgartner, welches er im vergangenen Jahr an der HSR besucht hat. Er hat die Aufgabe daher auch in der Hälfte der vorgegebenen zwei Stunden erledigt und nutzte die verbleibende Zeit für Tests.

Am dritten Wettkampftag ging es um Fehlersuche in einer EKG-Schaltung. Fünf Fehler wurden in ein fertig fabriziertes PCB eingebaut, dazu gehörten Unterbrüche wie ein ausgebohrtes Via und Kurzschlüsse. Florian Baumgartner fand fünf Fehler, einer davon wurde nicht bewusst in die Aufgabenstellung eingebracht, wurde aber als richtig gezählt.

Am vierten und letzten Wettkampftag wurde das am ersten Tag entworfene und in der Zwischenzeit fabrizierte PCB bestückt. Hier ist mit dem Löten von SMD-Bauteilen solide Handwerksleistung gefordert. Zum Schluss sollte das Pulsmessgerät am eigenen Finger auf Funktion hin gemessen werden. Die Schaltung funktionierte und Florian Baumgartner gab seine Arbeit fristgerecht der Jury ab.

 

Bekanntgabe der Gewinner dauerte 24 Stunden

Das Ende des Wettkampfes wurde schon mal sehr emotional gefeiert, aller Druck fiel von den Jugendlichen ab. Die Berufsleute hatten immerhin etwa ein Jahr auf diesen Anlass trainiert. Viele haben die Lehre zwar beendet, arbeiten aber während der Vorbereitungsphase nur im Teilzeitpensum.

Bemerkenswert ist, dass Florian Baumgartner auch während dieser Phase noch Zeit fand für sein Studium und für die Teilnahme an der Endausscheidung von «Schweizer Jugend forscht», welche dieses Jahr an der HSR, Hochschule Rapperswil, stattfand.

 

Wladimir Putin sprach das Schlusswort

Es erstaunte nicht, dass er auch in Kazan für seine Arbeit ebenfalls ausgezeichnet wurde. Aber zuerst hiess es warten und bangen. Mehr als 24 Stunden später erst stand das sehnsüchtig erwartete Resultat fest. An der Schlussfeier machte Staatspräsident Wladimir Putin persönlich seine Aufwartung. Er dankte allen Teilnehmern für ihr Kommen und Mitmachen. Im Stadion war der rote Sektor derjenige der zahlreich mitgereisten Schweizer, welche jede Medaille für die Schweiz mit einem grossen Jubel kommentierten. Und es regnete Medaillen: 16 waren es am Schluss, davon fünf   goldene. Darunter diejenige von Florian Baumgartner, der alle Beteiligten unglaublich stolz machte. Und sogleich wurde allen Anwesenden klar: Es wird eine extreme Herausforderung, so ein Resultat an den WorldSkills 2021 in Shanghai zu toppen.

 

Infoservice

ICOM Institut für Kommunikationssysteme

Prof. Dr. Heinz Mathis, Institutsleiter ICOM

HSR Hochschule für Technik, Oberseestrasse 10

8640 Rapperswil, Tel. 055 222 45 95

heinz.mathis@hsr.ch, www.icom.hsr.ch