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IoT und frische Kräuter

Wer denkt schon beim Anblick von Gewürzkräutern oder Sojasprossen an IoT. Soviel mir bekannt ist, haben weder Petersilie noch Basilikum eine Internetadresse. Bei der Produktion, Verarbeitung und Lagerung kommen wir der Sache schon näher. Die «Egli`s frische Küchenkräuter AG» in Riedbach, Kanton Bern, verfügt über eine IT-Infrastruktur, welche einer Hightech-Firma in nichts nachsteht. Nicht verwunderlich, dass IoT dort anzutreffen ist.

Überwachen, Aufzeichnen und Alarmieren – diese Funktionalitäten sind in der modernen Lebensmittelherstellung und Verarbeitung ein Muss. Das Überwachen von Umgebungsparametern wie z.B. Temperatur, relative Feuchte sichert die Qualität der Produkte. Das Aufzeichnen von Messwerten ist Bestandteil einer rückverfolgbaren Qualitätssicherung. Darauf basierend lassen sich Fabrikationsprozesse optimieren. Die beste Überwachung nützt nichts, wenn bei Problemen niemand davon Kenntnis nimmt. Bei dem 365/24-Betrieb ist eine konfigurierbare, gezielte und situationsabhängige Alarmierung zwingend.

 

Gibt es die Out-of-the-Box-Lösung?

Wie war das schon wieder mit der Aussage einer bekannten Unternehmerin «You dreamer, you!» Einfache, aufgabenorientierte Lösungen gibt es einige. Für einen Betrieb, wie die Egli›s frische Küchenkräuter AG ist uns jedoch kein fertiges Produkt bekannt, das alle Bedürfnisse abdeckt. Somit alles von Grund auf neu programmieren? Nein, es gilt die richtigen Techniken, Werkzeuge und Produkte einzusetzen.

 

Cloud- versus lokale Lösung

Cloud-basierte Lösungen sind der aktuelle Trend. Für die konzipierte 365/24-Lösung ist dies aber die falsche Basis. Externe Netzstrukturen und Serverstandorte tragen kaum dazu bei, einen möglichst unterbrechungsfreien Betrieb zu gewährleisten.

 

LabVIEW als Basis

Unter dem Kürzel SCADA (Supervisory Control And Data Acquisition) gibt es fertige Lösungen auf dem Markt. Die Funktionalität; Visualisierung, Steuerung, Datenablage und Alarmierung, wird im Idealfall durch einfaches Konfigurieren realisiert. Programmierkenntnisse sind meist nicht nötig. Lassen sich aber die Bedürfnisse nicht mit einem fertigen Produkt befriedigend lösen, braucht es massgeschneiderte Lösungen. Der Kunde bekommt genau den gewünschten Funktionsumfang. Erweiterungen lassen sich später jederzeit ohne Produktbeschränkungen oder Abhängigkeiten realisieren. Für die Umsetzung wurde LabVIEW genutzt. Diese spezielle Art der grafischen Programmierung wird meist bei der Entwicklung von Prüf-, Mess-, Steuer- und Regelsystemen eingesetzt.

 

Einsatz von Open Source

Open Source Software (OSS) ist längst nicht nur das Resultat einiger Idealisten oder LinuxGurus. OSS wird vermehrt durch grosse Konzerne unterstützt, gerade im Bereich IoT. Wir nutzen u.a. MQTT, mariaDB, LoRaWAN und Node-Red, alle basierend auf OSS.

 

MQTT-Protokoll

Ein typischer Vertreter von OSS ist MQTT (Message Queuing Telemetry Transport). Das ursprünglich von IBM/Arcom Control Systems entwickelte Protokoll zur Überwachung von Öl-Pipelines, ist heute ein offener Standard, der zur Kommunikation bei IoT-Projekten genutzt wird. Bei LabGUARD wird mit MQTT eine Abstraktion zwischen der Hardware (Sensoren/Aktoren) und der Kontrollsoftware erzielt. Ein Messwert gelangt von der Messstelle als sogenanntes Topic mit dem dazugehörigen Wert zum Broker. Die Applikation «abonniert» dieses Topic und erhält bei jeder Änderung den neuen Wert.

Konzeptionell wichtig ist dabei die Abstraktion. Wird eine Messstelle durch andere Hardware ersetzt, sind in der Hauptapplikation keine Anpassungen nötig. In der Entwicklungsphase kann die Funktionalität ohne Sensoren getestet werden. Dazu dient MQTT. fx (OSS Tool) als «externe Testhardware» zum Lesen/Schreiben der Topics.

 

Open-Source-Lösung SQL/mariaDB

Mit LabVIEW und MQTT lassen sich Daten übermitteln, überwachen, verarbeiten und auch alarmieren. Zusätzlich braucht man einen Datenspeicher für Messwerte, Ereignisse und Konfigurationsparameter. Auch hier gibt es mit mariaDB eine Open-Source-Lösung, die breit abgestützt und erprobt ist. Beim Einsatz von relationalen Datenbanken ist die Designphase entscheidend. Welche Daten sollen in welcher Form abgelegt werden? Speziell zu beachten ist dabei, dass Messwerte beachtliche Datenmengen produzieren können. Um dies zu limitieren, werden vorteilhaft RoundRobin-Tabellen genutzt.

 

Grafisches Entwicklungs-Tool Node-Red

Node-Red ist ein von IBM entwickeltes, grafisches Entwicklungswerkzeug, basierend auf Node.js/JavaScript. Gerade im IoT-Bereich erlaubt das Web-basierte Tool einfach und schnell «Werkzeuge zu programmieren». Node-Red wurde in der Testphase zum Abbilden des Datenverkehrs im LoRaWAN-Funknetz eingesetzt. Das Tool konnte später einfach in die LabVIEW-Applikation LabGUARD eingebunden werden. Dazu genügt der Aufruf eines Browsers mit entsprechender URL (Uniform Resource Locator). Die Möglichkeiten von Node-Red sind vielfältig. Die Anzahl frei verfügbarer Beispiele und «Nodes» – grafische Objekte mit definierten Funktionalitäten – nimmt stetig zu.

 

IoT-Sensoren und -Aktoren

Auf dem Markt erhältliche Sensoren und Aktoren verfügen bereits über Schnittstellen, wie das erwähnte MQTT-Verfahren. Ist dies nicht der Fall, werden die Signale bzw. Daten mit kleinen Applikationen in das gewünschte Format überführt. Im hier beschriebenen Beispiel wurden dazu die Applikationen adam2mqtt und lora2mqtt erstellt. adam2mqtt ist der Konverter MODBUS/RTU zu MQTT der im Betrieb verteilten analogen/digitalen I/O-Komponenten. lora2mqtt konvertiert zwischen dem LPN und dem MQTT Broker.

LPN (Low Power Network) ist ein Begriff für Funknetze mit geringer Sendeleistung. Wir nutzen das LoRa-Modulationsverfahren, das im lizenzfreien ISM (Industrial, Scientific and Medical)-Frequenzband bei 868 MHz arbeitet. Wie der Name (LongRange) andeutet, können mit geringer Leistung relativ grosse Distanzen überwunden werden.

 

LoRaWAN ist ein oft genutztes Low Power Network

Neben Sigfox ist LoRaWAN eines der oft genutzten LPN. Über Smart Citys (Parkplatz und Abfallkübelbewirtschaftung) oder Smart Farming (Traking von Schafherden) wurde bereits in verschiedenen Tagesmedien berichtet. Typisch für LPN; batterie- oder akkubasierte Sensoren lassen sich autonom über Monate oder Jahre betreiben. Damit einhergehend aber auch sehr kleine Datenmengen (einige Byte) in grösseren Intervallen (Minuten, Stunden, Tagen, Wochen). Ein LPN ist definitiv nicht geeignet für die Videoüberwachung oder Steuerungsaufgaben in Echtzeit.

Da wir unseren Kunden die gesamte IOTTechnologie vom Knoten über den LoRaWAN Gateway bis zur Applikation mit gutem Gewissen anbieten wollen, haben wir mit unserer Partnerfirma Inetronic AG in die ganze Kette investiert. So können wir bei Bedarf Korrekturen vornehmen oder die Technik den Anforderungen des Kunden anpassen um eine optimale Qualität zu garantieren.

Mit LabGUARD überwacht die Egli`s frische Küchenkräuter AG Temperaturen von Lagerkühlräumen und den Ladeflächen der Lkw, wenn diese über das Wochenende auf dem Firmengelände als zusätzlicher Lagerplatz genutzt werden. Der Vorteil in beiden Fällen: Es benötigt keine Verdrahtungsarbeiten mit Speisung. LoRaWAN-Messknoten werden auch genutzt, um temporär Kontrollmessungen von Feuchtigkeit und Temperatur an beliebigen Orten innerhalb des Betriebs durchzuführen.

 

Zusammenfassung

IoT ist Realität, nicht selten an Orten wo es nicht vermutet wird. Open Source spielt dabei zunehmend eine wichtige Rolle. Unsere langjährige Erfahrung hilft uns, aus der stetig wachsenden Zahl an Hard- und Software, die geeigneten Komponenten zu kundenorientierten Lösungen zusammenzuführen. Und nicht zuletzt, wie eingangs erwähnt: Die beste Überwachung nützt nichts, wenn bei Problemen niemand davon Kenntnis nimmt. Bis ein Alarm bei der richtigen Person eintrifft, beinhaltet das IoT doch einiges mehr als nur «ein Ding» auf dem Internet.

 

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