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Leistungsüberwachung und Echtzeit-Diagnoseanwendungen

Künstliche Intelligenz (KI) ist eines der beherrschenden Themen der Medien in den letzten Jahren. Viele denken bei dem Begriff sofort an Sprachassistenten und Gadgets für den Endverbraucher und haben dabei den IT-Bereich im Fokus, aber auch in der Produktion wird KI immer prominenter. KI bietet viele Vorteile in der industriellen Produktion und hat positiven Einfluss auf die Unternehmensergebnisse.

Grundlage für Advanced Analytics sind die gewonnen Daten, die in einem Connected Enterprise produziert und gesammelt werden. Der erste Schritt auf dem Weg zur Industrie 4.0 ist es, diese einzelnen Daten in Verbindung zu bringen. Dafür reichen aber grosse Datenmengen alleine nicht aus. Was benötigt wird, ist ein klar aufgezeigter Weg und eine Strategie, sinnvolle Informationen daraus zu ziehen und  daraus relevante Handlungsoptionen für die Anwender und das Unternehmen abzuleiten. Genau an dieser Stelle kommen Advanced Analytics ins Spiel.

 

Autonome Analysen von Echtzeitdaten und Vergleich mit älteren Daten

Analysen, die dem Anwender Informationen über die Art der Vorfälle liefern, helfen bei der Vermeidung gleichartiger Störungen. Advanced Analytics geht allerdings noch darüber hinaus. Es umfasst autonome Analysen von Echtzeitdaten, den Vergleich mit historischen Informationen, Vorhersagen oder Vorschläge zum aktiven Handeln. In Predictive-Maintenance-Applikationen finden diese Techniken bereits ihre Anwendung. Sie bieten Fertigungsunternehmen direkte Vorteile, da sie unnötige Ausfallzeiten verhindern, indem sich Unterbrechungen vermeiden und nötige Wartungs- und Reparaturarbeiten innerhalb eines geplanten Ausfallzeitfensters durchführen lassen. Bei mehreren miteinander verbundenen Maschinen und Geräten besteht die Herausforderung ganz klar darin, den schnell anwachsenden Datenstrom zu analysieren, die Daten zu interpretieren und Berichte oder Massnahmen anzustossen. Bei Rockwell Automation werden Advanced Analytics, die in die Bereiche KI und maschinelles Lernen fallen, unter dem Dach von LogixAI zusammengefasst. Der Begriff geht auf die Logix-Reihe programmierbarer Automationssteuerungen und die für deren Programmierung verwendete RSLogix-Software zurück.

Die übergeordnete LogixAI-Technologieplattform kann in vier Bereiche eingeteilt werden, auf die sich die F&E-Spezialisten von Rockwell Automation konzentrieren:

■ ein Stream-Clustering-Modul

■ ein automatisiertes Modellierungsmodul, das aktuell den Codenamen Sherlock trägt

■ ein nichtlineares, solides und rechnerisch effizientes «mixed-integer Optimization Module»

■ ein Selbstlernmodul für die Selbstoptimierung der miteinander gekoppelten PIDRegler

 

Clustering anhand von Echtzeit-Datenströmen

In diesem Artikel liegt der Fokus auf den ersten beiden Modulen, da diese sich auf die Leistungsüberwachung und auf Echtzeit-Diagnoseanwendungen beziehen. Beim Clustering werden Datensätze anhand ihrer Gemeinsamkeiten gebündelt. Sie stellen die Grundlage für die in der Fertigungsindustrie am häufigsten genutzten Lösungen für Leistungsüberwachung und Predictive Maintenance dar. Clustering bietet den Vorteil, dass Mitarbeiter auch mit geringeren datenwissenschaftlichen Kenntnissen komplexe Analysen durchführen können. Solche Analysen haben sich bis dato auf relativ kleine statische Datenvolumen gestützt, Unternehmen müssen heute jedoch Betriebsdaten systematisch aufzeichnen – und zwar kontinuierlich, diskret und in immer höheren Datenraten. Dies führt zu enormen Datenmengen, die mit der Zeit potenziell ins Unermessliche anwachsen könnten.

Anders als statische Daten können diese Streaming-Daten «unbekannte» Elemente enthalten, die noch keinem bestimmten Cluster

zugewiesen wurden. Daher entwickelt das Data-Science-Team von Rockwell Automation eine Stream Clustering Engine für die Leistungsüberwachung und -diagnose in Echtzeit. Diese Engine – die nicht als eigentliches Produkt, sondern vielmehr als Teil des Service- und Lösungsangebots des Unternehmens zur Verfügung gestellt wird – wurde bereits im Rahmen einer Anwendung zur Öl- und Gasgewinnung getestet.

 

Clustering-Engine: Beispiel aus der Öl- und Gasindustrie

Zur Ölförderung werden meist Gestängetiefpumpen eingesetzt. Ölkonzerne müssen deren Betrieb überwachen und sämtliche bevorstehenden Probleme diagnostizieren können. Die wichtigste Informationsquelle sind BohrlochDynamometer-Karten, die in der Industrie weitverbreitet sind. Daher haben die Forscher von Rockwell Automation Stream-ClusteringAlgorithmen entwickelt, die kontinuierliche Bohrlochdaten automatisch in verschiedene Cluster einteilen. Diese Cluster entsprechen den verschiedenen Betriebsbedingungen der Gestängetiefpumpe und der Ölbohrung. Wie bereits erwähnt, können Datenströme «unbekannte» Elemente enthalten, weshalb der hier verwendete Stream-Clustering-Algorithmus die Dynamometer-Daten als ungekennzeichnete Daten verarbeitet.

Die Lösung umfasst einen Workflow, anhand dessen ein Spezialist diese mit einem vorhandenen Cluster verknüpfen oder für ein neues Cluster markieren kann, das aktuell noch unbekannt ist. Mit bestehenden Clustern können bereits eine Reihe von Aktionen (z.B. Senden einer Warnmeldung, Anhalten der Pumpe usw.) verknüpft sein, während bei neuen Clustern eine Aufforderung an den zuständigen Experten versendet wird, den neuen Cluster zu benennen und die entsprechenden Aktionen für diesen Cluster festzulegen.

 

Datenbasierter und fachkundig durchgeführter Hybridansatz

Hierbei handelt es sich um einen Hybridansatz für Leistungsüberwachungs- und Echtzeitdiagnoseanwendungen, der gleichzeitig datenbasiert ist und fachkundig durchgeführt wird. Das Hauptziel ist hierbei, die Erkennung von Betriebsanomalien anhand historischer Daten zu ermöglichen und gleichzeitig die einzigartigen Merkmale einer Bohrloch-/ Gestängetiefpumpen-Einheit ausschliesslich auf Grundlage von Live-Betriebsdaten zu erfassen. Dieser Ansatz lässt sich selbstverständlich auf jede Anwendung übertragen, die eine ständige Überwachung erfordert.

 

Projekt «Sherlock»: Bereitstellung von Advanced Analytics für mehr Anwender

Ein weiterer KI-Ansatz der F&E-Abteilung von Rockwell Automation ist der Einsatz von Modellierungsalgorithmen, die auf physikalischen Regeln basieren und das maschinelle Lernen unterstützen. Bei «Sherlock» handelt es sich um ein direkt am Chassis der Steuerung angebrachtes Plug-in-Modul. SherlockDatenmodelle erkennen die Applikationen der Steuerung und prüfen diese auf Anomalien. Dabei werden die zuvor vergebenen Steuerungs-Tags überprüft, um erkennen zu können, um welche Anwendung es sich handelt oder Benutzer durch die intuitive Auswahl der Eingaben und Ausgaben bestimmen zu lassen, was modelliert werden soll.

Anschliessend werden die durch die Steuerung laufenden Datenströme zur Erstellung eines Modells analysiert. Was von Menschenhand Wochen oder Monate dauern würde, erledigt Sherlock in wenigen Minuten. Dabei benötigt das Modul keine grosse Menge an historischen Daten, und die Daten müssen nicht ausserhalb der Automatisierungsebene übertragen werden. Sobald das Modell fertiggestellt ist, überwacht das Sherlock-Modul kontinuierlich den Realbetrieb und vergleicht diesen mit dem erstellten Modell des Normalbetriebs. Entdeckt das Modul Anomalien, wird auf dem HMI-Bildschirm oder -Dashboard des Bedieners ein Alarm ausgelöst.

 

Sherlock ist von Grund auf für industrielle Anwendungen entwickelt

Wiederholen sich die Vorfälle, geht das Modell über die reine Diagnose hinaus und leitet den Anwender bei der Behebung des Problems an – oder es passt die Systemparameter automatisch entsprechend an, um das Problem auch ohne menschliches Eingreifen zu beheben. Der physikalisch basierte Ansatz von Sherlock wurde von Grund auf für industrielle Anwendungen entwickelt und ist von Anfang an auf die Minimierung von Fehlalarmen ausgelegt, die bei solchen Anwendungen ansonsten häufig vorkommen. Beispielsweise erkennt das Modul, ob eine Veränderung der Kesseltemperatur auf einer harmlosen Veränderung vorgelagerter Prozessabschnitte basiert – oder ob es sich um eine Störung handelt, die korrigiert werden muss.

 

Fazit

Miteinander kommunizierende und verbundene Geräte sind der wichtigste erste Schritt auf dem Weg zu einem Connected Enterprise – und die Kombination aus Daten und verknüpfter Analyse nutzt diese Konnektivität als Grundlage für eine schnellere faktenbasierte Entscheidungsfindung. KI geht einen Schritt weiter und nutzt Algorithmen für das Abstellen oder Verhindern von Problemen, die zu unerwarteten Ausfällen und Produktionsverlusten führen können. Und das kann für jeden Hersteller nur von Vorteil sein. «

 

Infoservice

Rockwell Automation Switzerland GmbH

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Tel. 062 889 77 77, Fax 062 889 77 11

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