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Familienzusammenhalt als Erfolgsbasis

Heiner Erne gründete 1989 eine der ersten Leiterplatten-Handelsfirmen in der Schweiz. Schon bald verlegte er den Sitz von Zürich-Oerlikon nach Höri. Was sein plötzlicher Tod im Mai 2016 für die Firma bedeutete und wie es weiterging, konnte ich bei einem Besuch in Höri in Erfahrung bringen. Andrea Erne, die ältere Tochter, übernahm die Geschäftsleitung. Sie führt das Lebenswerk ihres Vaters in seinem Sinne weiter – mit Engagement, neuen Ideen und Visionen sowie tatkräftig unterstützt vom ganzen Team.

Seit der Kindheit prägt die ICOM Ihr Leben. Dann der plötzliche Tod Ihres Vaters im Mai 2016. Wie hat die Familie das verarbeitet?

Andrea Erne: Es war für meine Mutter, meine Schwester und mich ein Schock. Wir waren auf diese Situation überhaupt nicht vorbereitet, weder mental noch was die Firma betrifft. Doch wir entschieden uns sehr schnell – auch aus Verantwortungsbewusstsein für die langjährigen Mitarbeiter und die treuen Kunden, dass wir weitermachen. Der Verwaltungsrat besteht heute aus unserer Mutter Eveline Erne, meiner Schwester Laura und mir.

 

Wenn Sie die 30 Jahre Revue passieren lassen, was waren die Highlights, was bereitete Ihnen Sorgen?

Erne: Wir waren als Kinder sehr stolz darauf, dass unser Vater eigene Messestände hatte. Wir durften oft einen Nachmittag lang mit dabei sein und sassen am Tisch und malten Bilder. Ich denke für meinen Vater gab es während der 30 Jahre unzählige Highlights. Wenn man eine Firma von Grund auf aufbaut, muss es ein unglaubliches Gefühl sein, wenn man merkt, «man hat es geschafft». Die Chinareisen waren für ihn immer wieder ein tolles Erlebnis. Als Tochter habe ich oft gespürt, dass seine grösste Sorge dem Personal galt. Es fiel ihm nicht leicht, Mitarbeiter zu führen und er wurde einige Male bitter enttäuscht. Ich glaube meinem Vater erging es nicht anders als anderen Unternehmern, es gab Höhenflüge und Tiefschläge. Mit den Jahren änderte sich sowohl seine Sicht- als auch seine Herangehensweise. Das merke ich auch bei mir selber, auch wenn ich noch nicht lange dabei bin. Man lernt, mit Tiefschlägen umzugehen.

 

Was hat sich verändert, seit Sie das Unternehmen leiten?

Erne: Seit ich nun hier bin, haben wir die ICOM modernisiert. Wir haben viele Prozesse modernisiert. Unter anderem haben wir unser ERP erneuert, was uns sehr viel schneller und flexibler macht. Heute gibt es bei uns auch nicht mehr den typischen «Aussen-» und «Innendienst» im Verkauf. Mein Stellvertreter und Verkaufsleiter Bojan Zmijanjac und ich bearbeiten sowohl Anfragen und besuchen auch unsere Kunden. Nur so ist gewährt, dass die Informationen, welche wir von unseren Kunden bei Gesprächen erhalten, auch in die Angebote und Produkte miteinfliessen.

 

Nochmals zurück zum 7. Mai 2016. Wie reagierten Sie auf den überraschenden Tod Ihres Vaters und Firmengründers?

Erne: Es gab und gibt keinen Menschen auf der Erde, den ich mehr respektiere und bewundere als meinen Vater. Vom einen auf den anderen Tag wurde er uns weggenommen. Es war ein Schock, ich wusste bis anhin gar nicht, dass solche Gefühle überhaupt existierten. Der Schmerz ist unbeschreiblich und kann nicht in Worte gefasst werden. Bereits einige Tage nach seinem Tod mussten wir uns mit der Zukunft auseinandersetzen, das war unumgänglich, da die ICOM Mitarbeiter beschäftigte, welche auch wissen mussten, wie es weitergeht. Mein Vater war das Herz der ICOM, er war es, der alles zusammenhielt und den Überblick hatte. Unser Vater hatte sich nie richtig mit der Nachfolge auseinandergesetzt und auch keinen Nachfolger aufgebaut. Wir hatten also niemanden, dem wir die Leitung übergeben konnten. Ich entschied mich dazu, seinen Platz einzunehmen, ob ich damals überhaupt klar denken konnte, weiss ich bis heute nicht.

 

Ein mutiger, bewundernswerter Entscheid.

Erne: Ja. Ich hatte zwar Betriebswirtschaftslehre studiert, hatte jedoch überhaupt kein technisches Wissen. Ich stürzte mich da einfach rein, weil ich das Lebenswerk meines Vaters unbedingt beschützen wollte. Wie mein Vater, so bin auch ich ein sehr grosser Optimist, geht nicht gibt’s nicht. Das schaffst du schon irgendwie, dachte ich mir. Das erste Jahr war grausam, das ist wirklich das passendste Wort. Ich glaube es verging kaum ein Tag, an dem ich nicht weinte. Zum Glück hatte ich ein Einzelbüro… Ich sollte so vieles wissen, was ich nicht wusste, ich sollte so vieles lernen, von dem ich noch nie gehört hatte, ich hatte vom einen auf den anderen Tag so viel Verantwortung. Dazu kam noch die Trauer, man versucht irgendwie damit umzugehen, auch wenn einen das Leben nicht annähernd auf so etwas vorbereitet hat. Mein Vater wollte nie, dass ich die Firma übernehme, er wollte nicht, dass ich mit einem solchen Druck leben musste. Ich merkte immer mehr, was er damit meinte. Nun bin ich seit drei Jahren hier und habe meinen Platz gefunden.

 

Wie sieht Ihr Dienstleistungsangebot aus?

Erne: Die Kostenvorteile bei der Beschaffung von Leiterplatten auf internationalen Märkten sind bekannt. Die Fernost-Mentalität unterscheidet sich jedoch wesentlich von

der europäischen, nicht selten kommt es zu Missverständnissen. Ein leistungsstarkes Unternehmen braucht leistungsfähige Partner, auf die es sich verlassen kann. ICOM baut seit Jahren auf ein stabiles Netzwerk zuverlässiger Lieferanten. Wir arbeiten eng mit unseren chinesischen Partnern zusammen und bieten ihnen einen umfangreichen Service für die Asienproduktion. Wir besuchen die Fertigungsstandorte regelmässig und auditieren sie, Jerry Wong, unser chinesischer Mitarbeiter vor Ort, kümmert sich um das «daily business». So stellen wir eine hohe Leiterplattenqualität und verlässliche Liefertermine sicher.

 

Bojan Zmijanjac, Sie sind seit August 2018 bei ICOM und arbeiten intensiv bei der Neuausrichtung des Dienstleitungsangebots mit. Nennen Sie uns ein Beispiel.

Zmijanjac: Neben unserem «Standardprogramm», angefangen bei der einlagigen Leiterplatte, über Multilayer bis hin zum 1,50 m überlangen Board, gehen wir auch sehr offen auf die Sonderwünsche unserer Kunden ein. Dank unserer Kompetenz, unserem Knowhow und der Markt- und Lieferantennähe können die Kunden aus einer breiten Material- und Oberflächenpalette wählen. So finden sie die bestmögliche Kombination aus Material, Ausführung und Technologie. Natürlich werden wir sie auf Wunsch bei diesem Auswahlprozess aktiv unterstützen. Sehr erfolgreich hat sich unser Protoypenservice entwickelt, den wir seit Herbst 2018 anbieten. Ich sehe darin die logische Abrundung unseres Portfolios rund um die Leiterplatte.

 

Auf was sollten Kunden bei der Auftragsvergabe speziell achten?

Zmijanjac: Kunden sollten nur bei Partnern bestellen, denen sie vertrauen können. Hersteller müssen unbedingt qualifiziert und geprüft sein. Hierbei reicht es nicht aus, wenn der «Chinese» ein Zertifikat per Mail sendet. Wir haben es nicht selten erlebt, dass Zertifikate gefälscht werden. Die Hersteller muss man auditieren und regelmässig besuchen. Andrea Erne ist mindestens zweimal im Jahr in China, ausserdem haben wir unseren Mann vor Ort. Wenn während der Produktion Probleme auftreten, können wir ihn zum Hersteller schicken. Wir sehen immer wieder bei Neukunden, dass diese Prototypen bei einem Prototypenservice bestellen und dann, wenn es in die Serie geht, brauchen sie einen neuen Lieferanten. Aus Qualitätsgründen müssen Prototyp und die Serie vom gleichen Hersteller kommen. Und das bieten wir auf Top-Niveau.

 

Andrea Erne, noch eine Frage zum Schluss: Auf was sind Sie besonders stolz?

Erne: Ich bin sehr stolz auf unseren leider viel zu früh verstorbenen Vater, der es geschafft hat, mit fast nichts eine Firma aufzubauen, die nun ihr 30-jähriges Jubiläum feiert. Ich hoffe, dass er von oben herabschaut und sich darüber freut, wie sein Lebenswerk mit Erfolg weitergeführt wird.

 

Infoservice

ICOM Industrial Components AG

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