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Wie sich ein Thermal Runaway verhindern lässt

Batterien sind das neue Öl. Als Kernkomponente von Hybrid- und Elektrofahrzeugen bestimmen sie massgeblich deren Reichweite und Ladedauer, auch ihre Lebensdauer ist ein zentrales Verkaufs- argument. Doch die Batterien sind erheblich schwieriger zu handeln als Öl; die grösste Gefahr geht von einem Thermal Runaway aus. Der Beitrag zeigt auf, was es ist und wie er sich verhindern lässt.

Der im Industriemarkt und in Elektro- sowie Hybridfahrzeugen am häufigsten eingesetzte Batterietyp ist die Lithium-Ionen-Batterie. Er verfügt über eine erheblich höhere Energiedichte und Spannung als andere Energiespeicher bei kleineren Abmessungen, er erlaubt mehr Ladezyklen und hat eine längere Lebensdauer. Doch er hat einen engen Arbeitsbereich: Werden die vom Hersteller der Batteriezelle angegebenen Lade- und Entladeströme, Zellspannung und Temperatur überschritten, kann sich die Lebensdauer der Batterie deutlich verkürzen, sie kann nachhaltig geschädigt werden oder es entsteht gar ein Thermal Runaway, ein thermisches Durchgehen.

 

Beim Thermal Runaway kann die Batterie explodieren

Beim Thermal Runaway wird die Batterie mit Überschreiten einer Temperaturgrenze sehr schnell sehr warm. Die Hitze löst weitere Reaktion aus, so dass innerhalb von Millisekunden unaufhaltsam mehrere hundert Grad erreicht werden – die Batterie entzündet sich bzw. explodiert.

Ab welcher Temperatur ein Thermal Runaway tatsächlich entsteht, hängt von der Batteriezelle ab und von den Faktoren, die den Temperaturanstieg verursacht haben. Kritisch kann es bereits ab 60° C werden. Mögliche Ursachen sind ein interner oder externer Kurzschluss sowie zu hohe Ströme beim Laden oder Entladen. Da Hersteller von LiIon-Batteriezellen zunehmend auf thermisch instabilere Materialien setzen, um die Nachfrage nach grösseren Reichweiten zu erfüllen, steigt die Gefahr eines Thermal Runaways noch weiter an.

Unternehmen, die Li-Ion-Batteriezellen nutzen, müssen deshalb detailliert angeben, in welcher Applikation diese zum Einsatz kommen. Diese Angaben sind ebenso zu unterschreiben wie das Datenblatt der Batteriezelle und eine Erklärung zur Produktnutzung. Damit verpflichten sie sich, die Batterie ausschliesslich in ihrem spezifizierten Bereich zu nutzen. Um sicherzustellen, dass dieser nicht verlassen wird – und um einen Thermal Runaway auszuschliessen – ist eine Reihe von Massnahmen erforderlich.

 

Mechanische Stabilität spielt grosse Rolle

Bereits die mechanischen Eigenschaften der Batteriezelle spielen dabei eine Rolle. Denn ein Kurzschluss kann entstehen, indem Material in eine Batteriezelle eindringt oder sie verformt wird. Zylindrische Li-Ion-Batteriezellen sind durch ihre Metallhülle sehr stabil, zudem schützt die feste Hülle das Zellinnere. Auch elektrisch ist dieser Zelltyp relativ stabil, da Anode und Kathode durch den gewickelten Separator mehrfach getrennt sind.

Auch bei der Konstruktion der Batteriemodule und -Packs ist auf mechanische Stabilität zu achten. So kann es ratsam sein, dass diese eine gewisse Grösse bzw. Zellenanzahl nicht überschreiten.

 

Thermomanagement muss überwacht werden

Der entscheidende Faktor beim Thermal Runaway ist die Temperatur. Ihre exakte Überwachung sowie ein wirkungsvolles Thermomanagement sind deshalb essenziell. Die

Herausforderung besteht darin, dass man die Temperatur nur an der Oberfläche der Batterie- zelle messen kann, nicht in ihrem Inneren. Von der Aussentemperatur lässt sich jedoch nur mit einem thermischen Modell der Batteriezelle auf ihre Innentemperatur schliessen.

Hinzu kommt, dass auch das Zellinnere nicht überall gleich warm ist. Bei einem Experiment der National University Singapur zeigte sich beim Laden bzw. Entladen mit fünffachem Nominalstrom folgende Verteilung: An der Aussenhaut wurden 56° C erreicht. Von hier aus Richtung Zellkern stieg die Temperatur zuerst auf über 60° C um dann wieder etwas abzusinken. Am Pluspol entstand ein Hotspot mit ca. 65° C. Eine Überschreitung der kritischen Temperaturgrenze im Zellinne

ren kann von aussen also nur dann erkannt werden, wenn das thermische Modell der Zelle vorliegt.

Doch selbst dann ist Vorsicht geboten, das hat der Versuchsaufbau ebenfalls gezeigt: Die im Experiment gemessenen Temperaturen haben sich von denen der Simulation zum Teil deutlich unterschieden, meist lagen die tatsächlichen Werte über den simulierten. Dies ist besonders kritisch, da schon eine geringe Abweichung ausreichen kann, um plötzlich und unaufhaltsam einen Thermal Runaway auszulösen. Da dieser Prozess sehr schnell abläuft, empfehlen sich unbedingt Temperatursensoren mit kurzer Reaktionszeit von wenigen Sekunden. Derartige Modelle sind beispielsweise von Rohm, Sensirion oder STMicroelectronics verfügbar.

 

Entwärmungsmethoden für  Batteriemodul und -Pack

Zusätzlich gilt es, auf der Ebene des Batteriemoduls und -Packs Hotspots zu vermeiden. Dies beginnt bei der Anzahl und Anordnung der Zellen. Für das Batteriemodul hat die National University Singapur ebenfalls Versuche durchgeführt – jeweils beim Laden mit dreifachem Nominalstrom. Dabei war die Temperaturverteilung bei einem Aufbau mit 24 Batterie- zellen in einer Reihe relativ gleichmässig. Durch den Einsatz eines Lüfters stiegen die Temperaturunterschiede jedoch deutlich an. Das heisst: Wird nur ein Temperatursensor pro Modul genutzt, besteht die Gefahr, einen kritischen Hotspot nicht zu detektieren. Trotzdem empfiehlt es sich, Batteriemodule mit einem Lüfter auszustatten. So erreichte die Temperatur im Experiment bei einem Modul aus 3 × 8 Zellen im Inneren über 60° C, mit Lüfter konnte sie auf ca. 38° C reduziert werden. Bei einem Modul mit 5 × 5 Zellen wurde der Hotspot sogar über 63° C warm, mit Lüfter waren es nur noch rund 33° C.

 

Dimensionierung und Platzierung des Lüfters ist sehr wichtig

Weitere Versuche mit verschiedenen Zellanordnungen und Lüfterpositionen wiesen teils überraschende Temperaturverteilungen auf. Die Anordnung der Zellen wie auch die Platzierung des Lüfters sollten deshalb auf exakten Messungen durch mehrere Temperatursensoren und Berechnungen beruhen. Geeignete Lüfter bieten z.B. Jamicon und Delta. Sie sind mit Abmessungen zwischen 2 bis 14 cm bei einer Höhe von 10 bis 38 mm klein genug, einige werden zudem mit Pulsweitenmodulation (PWM), Drehzahlmessung, Tachosignal, automatischem Wideranlauf oder kundenspezifischem Stecker angeboten.

Eine Alternative zu Lüftern sind Thermoleitfolien. Beispielsweise das PGS (Pyrolytic Graphite Sheet) von Panasonic ist mit bis zu 1950 W/mK fünfmal so leitfähig wie Kupfer. Durch seine geringe Dicke von bis zu 100 µm lässt es sich auch in kleinen Zwischenräumen anbringen. In einem Versuchsaufbau, in dem die Batteriezellen auf einem Kühlblech montiert und jeweils durch ein PGS getrennt waren, liess sich die Temperatur so von 61 auf 45° C reduzieren.

Darüber hinaus hat Panasonic eine Isolierfolie entwickelt, die verhindert, dass ein Thermal Runaway von einer Batteriezelle auf die Nachbarzellen übergreift. Durch ihre extrem geringe thermische Leitfähigkeit von 0,02 W/ mK fungiert diese NASBIS-Folie als Isolierung.

 

Thermomanagement auf Ebene des Batteriepacks

Das Thermomanagement für das Batteriepack ist noch komplexer – eine Simulation des Guangzhou Institute of Energy Conversion der Chinese Academy of Sciences (CAS) macht das deutlich. Hierbei wurde das thermische Verhalten eines Batteriepacks bei Ladezuständen (State of Charge, SoC) zwischen 0,1 und 0,9 sowie Ladeströmen von 0,5C bis 5C (C = Nominalstrom/Entladerate) simuliert. Das Batteriepack bestand aus 7104 zylindrischen 18650-Li-Ion-Zellen und war mit einer Flüssigkühlung versehen.

Die Simulationen haben überraschende Erkenntnisse geliefert. So wurde das Batteriepack während des Ladens bei geringen Ladeströmen am heissesten, nicht bei hohen. Zudem ändert sich die Temperatur mit dem Ladezustand. So erwärmte sich das Batteriepack am meisten bei SoCs von 0,3 und 0,9 und einem Ladestrom von 0,5C. Bei gleichem Ladestrom und einem SoC von 0,6 hingegen blieb die Temperatur gering. Bei dem höchsten simulierten Ladestrom von 5C blieb das Batteriepack in jedem Ladezustand relativ kühl.

Während des Entladens hingegen zeigt das Batteriepack ein anderes Verhalten: Bei einem DOD von 0,1 (Depth of Discharge) bleibt die Temperatur niedrig, auch bei hohen Strömen. Mit zunehmendem Ladezustand (DOD 0,3 bis 0,8) stieg die Temperatur, um bei einem DOD von 0,9 wieder zu sinken.

 

Fazit

Das heisst: Entscheidende Faktoren für die Erwärmung des Batteriepacks sind Ladezustand (SOC) bzw. Tiefentladung (DOD) sowie Lade- bzw. Entladeströme. Dabei unterscheidet sich das thermische Verhalten des Batteriepacks beim Laden von dem beim Entladen. Es zeigt also ein mehrfach nichtlineares Verhalten, auf das das Thermomanagement und der Ladevorgang abgestimmt sein muss, um kritische Temperaturen – und damit einen Thermal Run- away – auszuschliessen.

 

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