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Ein Kunstwort eröffnet ganz neue Perspektiven

Ein neues Verfahren, Memristoren auf einem Chip zu integrieren, könnte es möglich machen, dieses interessante Bauelement erstmals in generellen Computersystemen einzusetzen. Man verspricht sich davon eine Reduktion des Energieverbrauchs um den Faktor 100.

Dieses enorme Energiesparpotenzial würde die Performance in «Low-Power»-Umgebungen wie Smartphones, verbessern oder zu effizienteren Supercomputern führen, sagte ein Forscher der University of Michigan. «In der Vergangenheit hat die Halbleiterindustrie die Leistungen erhöht, indem sie Geräte schneller gemacht hat. Aber obwohl die Prozessoren und Speicher sehr schnell sind, können sie doch nicht optimal effizient sein, weil sie darauf warten müssen, dass Daten ein- und ausgegeben werden», betont Professor Wei Lu, Mitbegründer des Memristor-Startups Crossbar Inc.

 

Informationen als Widerstandswerte speichern

Memristoren könnten die Lösung sein. Als Kunstwort von Speicher und Widerstand können die Memristoren so programmiert werden, dass sie verschiedene Widerstandszustände aufweisen – das heisst, sie speichern Informationen als Widerstandswerte. Diese Schaltungselemente ermöglichen Speicher- und Verarbeitungsfunktionen im gleichen Element, wodurch der Engpass der Datenübertragung bei herkömmlichen Computern, bei denen die Speicher von den Prozessoren getrennt sind, beseitigt wird.

Im Gegensatz zu gewöhnlichen Bit, die eine Eins oder eine Null darstellen, können Memristoren jedoch Widerstandswerte aufweisen, die kontinuierlich sind. Einige Anwendungen, wie z.B. Computer, die das Gehirn nachahmen (neuromorph), nutzen die analoge Natur von Memristoren. Aber für gewöhnliche Berechnungen ist der Versuch, zwischen kleinen Stromschwankungen im Memristor zu unterscheiden, für numerische Berechnungen nicht präzise genug.

 

Effizienzverbesserung des Systems dank kleinerer Blöcke

Lu und seine Kollegen konnten dieses Problem umgehen, indem sie die Stromausgänge digitalisierten und Strombereiche als spezifische Bitwerte (z.B. 0 oder 1) definierten. Das Team war auch in der Lage, grosse mathematische Probleme in kleinere Blöcke innerhalb des Arrays abzubilden und so die Effizienz und Flexibilität des Systems zu verbessern.

Computer mit diesen Komponenten, die die Forscher «Memory-Processing Units» nennen, könnten besonders nützlich sein, um maschinelles Lernen und Algorithmen der künstlichen Intelligenz zu implementieren. Sie eignen sich auch gut für Aufgaben, die auf Matrixoperationen basieren, wie zum Beispiel Simulationen für die Wettervorhersage. Die einfachsten mathematischen Matrizen, ähnlich Zahlentabellen mit Zeilen und Spalten, lassen sich dann direkt auf das Raster von Memristoren abbilden.

 

Der gemessene Strom entspricht dem Ergebnis

Sobald die Memristoren so eingestellt sind, dass sie die gewünschten Zahlen darstellen, können Operationen, die die Zeilen und Spalten multiplizieren und summieren, gleichzeitig mit einem Satz von Spannungsimpulsen entlang der Zeilen durchgeführt werden. Der am Ende jeder Spalte gemessene Strom repräsentiert die Ergebnisse. Ein typischer Prozessor müsste dagegen den Wert aus jeder Matrixzelle lesen, multiplizieren und dann jede Spalte in Serie aufaddieren. «Wir erhalten die Multiplikation und Addition in einem Schritt. Sie wird durch physikalische Gesetze geregelt. Wir müssen nicht manuell multiplizieren und in einem Prozessor summieren», erklärt Professor Lu.

Sein Team entschied sich, als Test partielle Differenzialgleichungen für ein 32×32-Memristorarray zu lösen – was sich Lu nur als einen Block eines zukünftigen Systems vorstellt. Diese Gleichungen, einschliesslich derartiger für eine Wettervorhersage, untermauern viele Probleme in Wissenschaft und Technik, sind aber sehr schwierig zu lösen. Die Schwierigkeit ergibt sich aus den komplizierten Formen und den vielfältigen Variablen, die zur Modellierung physikalischer Phänomene benötigt werden.

 

Kommunikationsengpass lässt sich elegant umgehen

Wenn es nicht möglich ist, partielle Differenzialgleichungen exakt zu lösen, kann es notwendig sein, diese mit Supercomputern zumindest annähernd zu lösen. Bei diesen Problemen handelt es sich oft um sehr grosse Datenmatrizen. Damit lässt sich der Kommunikationsengpass des Speicherprozessors mit einem Memristor-Array elegant umgehen.

Die Gleichungen, die Lus Team in seiner Demonstration verwendete, simulierten einen Plasmareaktor, den man zum Beispiel bei der Herstellung integrierter Schaltungen verwendet. Der Forschungsbericht wurde unter dem Titel «A general memristor-based partial differential equation solver» in Nature Electronics veröffentlicht. Finanziell unterstützt wurde das Projekt von der «Defense Advanced Research Projects Agency» (DARPA) und der National Science Foundation (NSF).

 

Infoservice

The University of Michigan

 

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kmca@umich.edu, www.umich.edu