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Exakte Digitalisierung (3/4)

Die Digitalisierung ist dann erfolgreich, wenn Auflösung und Genauigkeit im digitalen Raum unseren Anforderungen entsprechen. Mit dem Kauf eines entsprechenden Analog/Digital-Wandlers (ADC) ist das Ziel noch nicht erreicht. Der Artikel stellt entscheidende Teile der Signalverarbeitung vor und beschreibt deren Einfluss auf die Komponentenwahl und Topologie.

 

Spannungsreferenz und Triggersignal wurden in den letzten beiden Artikeln beleuchtet. In der aktuellen Ausgabe stehen Auflösung und Genauigkeit im Fokus. Mit Auflösung beschreibt man den kleinsten, sicher unterscheidbaren Wert am Signaleingang. Die Genauigkeit steht für die «Richtigkeit» eines Messwertes. Hohe Richtigkeit ist dann erreicht, wenn der Abstand des gemessenen Wertes zum wahren Wert gering ist. Dabei gilt: je kleiner die Streuung der Messwerte, desto schneller gelingt die Ermittlung des richtigen Wertes.

 

Können wir bei einem schnellen «16 Bit ADC Device» automatisch 16 Bit Auflösung oder gar 16 Bit Genauigkeit erwarten? Die Antwort ist nein. Ohne spezielle Massnahmen liegt die Auflösung bei ca. 14 Bit und die Genauigkeit bestenfalls bei 12 Bit, und das ohne Berücksichtigung eines (störenden) Umfelds.

 

Erwartungen an Auflösung und Genauigkeit

 

Auflösung: Aus «Hardware-Sicht» heisst 16 Bit Auflösung, dass der Messbereich in 216 bzw. 65 536 Punkte unterteilt wird. Als Messbereich gilt in der Regel die Spanne zwischen Analog-Masse und Referenzspannung (Uref). Uref kann auch als bipolare Referenzspannung vorliegen. Auf welche Weise die analoge Eingangsspannung in den entsprechenden Zahlenwert kodiert wird, hängt vom Wandler ab. Bild 1 bezieht 16 Bit Auflösung auf häufig verwendeten Grössen in der Messtechnik.

 

Für einen Messbereich von 5 V beträgt somit ein LSB = 76 μV (Least significant Bit). Als anschauliches Beispiel können wir uns eine 5-stellige Anzeige vorstellen, welche die Zahl PI mit 3,1416 angibt, wobei die letzte Ziffer nicht springt und deren Wert korrekt gerundet ist. In der Realität sind jedoch Auflösung sowie Genauigkeit des Wandlers begrenzt. Bild 2 zeigt die Situation betreffend der Auflösung bei einem idealen und realen Wandler.

 

Theoretisch resultiert bei konstanter Eingangsspannung (Uin) ein konstanter Zahlenwert (Dout) am Wandlerausgang. Im realen System variirt allerdings der Zahlenwert (Dout) bei jeder Abtastung um den Mittelwert, selbst wenn Signal- und Referenzspannung als absolut rauschfrei angenommen werden. Interne Rauschquellen des ADCs verursachen dieses Phänomen (nicht zu verwechseln mit dem Quantisierungsrauschen, welches erst bei variablen Signalen auftaucht). Im Histogramm eines Wandlers zeigt sich dies auf anschauliche Weise, siehe Bild 3. Im gezeigten Beispiel entsprechen rund 40 % aller Abtastungen nicht dem rauschfreien Eingangssignal. Das heisst, sehr kleine Signale werden vom ADC-Rauschen nahezu vollständig überdeckt.

 

Genauigkeit: Ein Wandler lässt sich zur Veranschaulichung auf einen Funktionsblock mit drei Schnittstellen reduzieren: Eingang Uin, Referenz Uref und digitaler Ausgang Dout, siehe Bild 4. Uref definiert den Eingangsbereich und ist somit als Teil des Wandlers zu betrachten. Die Aufgabe des Wandlers ist es, das Verhältnis Uin/Uref als diskreten Zahlenwert zu bilden und an Dout zu liefern. Die Codierung erfolgt anhand der idealen Kennlinie (grün), welche durch Null geht und bei Uin=Uref den Wert 65 535 erreicht.

 

In der Realität (Bild 5, rote Kennlinie) werden Steigung und Offset von der idealen Kennlinie abweichen. Auch wird die reale Kennlinie keine ideale Gerade darstellen, was nebst falschen DC-Messwerten zu Verzerrungen von AC-Signalen führt. In Bild 6 sind am Beispiel eines USB Wandler-Moduls die für die Genauigkeit relevanten Parameter grün hervorgehoben. Die ersten drei markierten Felder betreffen Gain-Fehler, die folgenden zwei betreffen Offset-Fehler. Die Spalte ganz rechts beziffert die Abweichung der (gebogenen) Kennlinie von einer Geraden. Angenommen, das Modul wird im Werk bei 22 °C kalibriert und bei 20 °C betrieben, dann addieren sich die Gain-Fehler zu 100 ppm of reading (75 ppm + 2 × 7,3 ppm + 2 × 5 ppm = 100ppm) und die Offset-Fehler zu 88 ppm of range (20 ppm + 2 × 34 ppm = 88 ppm). Hinzu kommen noch 76 ppm of range durch die integrale Nichtlinearität (INL). Total müssten wir demnach mit 264 ppm Abweichung bei Vollausschlag rechnen. Das 16-Bit-System hätte unter diesen Voraussetzungen lediglich ca. 12 Bit Genauigkeit.

 

Zusammenfassend stellen wir fest, dass ~40 % der Messungen ausserhalb des mittleren Wertes liegen und die Genauigkeit des mittleren Wertes auf ca. 12 Bit begrenzt ist. Welche Massnahmen führen nun zu besseren Resultaten?

 

16 Bit Auflösung

 

Erst wenn die Abtastungen über mehrere Messwerte gemittelt werden, verschiebt sich dieser in Richtung zentralen Wert bzw. werden die 16-Bit-Auflösung wirklich erreicht. Um genügend Werte für die Mittelwertbildung zu erhalten, muss die Abtastrate viel höher liegen, als dies gemäss dem Abtasttheorem nötig wäre (Oversampling). Diese höhere Abtastrate muss schon im Systementwurf berücksichtigt werden. Theoretisch wäre mit extensiver Mittelung eine höhere Auflösung möglich, als die im Datenblatt angegebene. Wieweit dies sinnvoll ist, bestimmt die Wandler-INL.

 

16 Bit Genauigkeit

 

Um bessere Resultate in der Genauigkeit zu erzielen, ist der periodische Gain- und Offset-Abgleich anzuwenden. Werden neben Null und Vollausschlag auch Zwischenwerte abgeglichen, lässt sich unter Umständen die Linearität durch Verwendung eines Korrektur-polynoms verbessern.

 

Der Abgleich erfolgt dadurch, dass ein konstantes Eingangssignal zusätzlich mit einem genaueren Messinstrument erfasst wird (alternativ wäre auch das Einspeisen eines Signals ab einer genaueren Referenz denkbar). Aus dem Vergleich von Soll- und Istwert kann anschliessend die Korrektur errechnet und im System abgelegt werden (Bild 7). Im abgebildeten Mehrkanalsystem geschieht dies automatisiert, indem der Multiplexer periodisch ein Testsignal zum Wandler leitet (Settling time beachten). Ein Digitalmultimeter (DMM) mit höherer Auflösung und Genauigkeit erfasst parallel dazu das Testsignal und liefert den Referenzwert für den Abgleich. Diese Topologie lässt sich sowohl auf Schaltkreis- wie auch auf Systemebene anwenden. Bei Letzterer kann mit geschickter Kombination aus Einschubmodulen und entsprechender Programmierung ein Messsystem zusammengestellt werden, wie es etwa für genaue Temperaturmessungen eingesetzt wird. Ein Abgleich über die ganze Signalkette ermöglicht im übrigen die Korrektur der anderen Komponenten.

 

Hohe Präzision ...

 

... beginnt im Detail. Das Entwerfen einer gesamten Signalkette hinsichtlich Präzision erfordert einiges an Erfahrung und Wissen. Die hier vorgestellten Methoden beschreiben ein Detail der Signalkette, mit dem Ziel, die Datenblattwerte zu erreichen. In der nächsten Folge werden wir weitere Massnahmen vorstellen, die notwendig sind, um Präzision zu erreichen. 

 

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