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Sieben Tipps für bessere Power-Integrity-Messungen

Moderne ASICs, FPGAs und handelsübliche ICs müssen zunehmend strengeren Anforderungen hinsichtlich ihrer Spannungsversorgung genügen. Folglich müssen Spannungsversorgungen mit immer niedrigeren Spannungen und engeren Toleranzen getestet werden. Diese Tests werden mit Oszilloskopen durchgeführt. Die Messung und Beurteilung der Einkopplung erfordert Oszilloskope mit GHz-Bandbreiten.

Die hohen Anforderungen führen dazu, dass der Messfehler von herkömmlichen Oszilloskopen in die Grössenordnung des Messwerts fällt und damit zum Problem wird. Bei der Messung einer 1,5-V-Spannungsversorgung mit einer Toleranz von 2 % beispielsweise kommt es auf jedes Millivolt an. Darüber hinaus können schnelle digitale Signale und andere Störquellen auf eine Spannungsversorgung eingekoppelt werden. Folgende sieben Tipps zeigen, wie sich das Rauschen auf Spannungsversorgungen schnell und präzise charakterisieren und eingekoppelte Signale identifizieren lassen.

 

Tipp 1: Ein rauscharmes Oszilloskop verwenden

Messungen können nur so gut sein wie das Rauschen des Messsystems. Jedes Oszillos-kop trägt mit seinem internen Breitbandrauschen zum Messergebnis bei. Je niedriger das Eigenrauschen des Oszilloskops, desto besser die Ergebnisse. Bei der Messung einer 1,8-V-Spannungsversorgung mit 2 % Toleranz beispielsweise erweist sich ein kombiniertes Rauschen von Oszilloskop und Tastkopf von 10 mV als problematisch, da sich dieses Rauschen zum Messsignal addiert. Oszilloskophersteller charakterisieren und spezifizieren den Effektivwert der Rauschspannung für jede Einstellung der vertikalen Eingangsempfindlichkeit. Diese Angaben sind bei der Suche nach einem rauscharmen Oszilloskop ein guter erster Anhaltspunkt. Hinsichtlich der Power Integrity sind jedoch die Spitze–Spitze-Spannung und insbesondere potenzielle Ausreisser auschlaggebend. Dieser Wert lässt sich problemlos für jedes Oszilloskop bestimmen.

 

Tipp 2: Den 50-Ω-Eingangspfad verwenden

Viele Oszilloskope verfügen über 50-Ω- und 1-MΩ-Eingangspfade. Der 50-Ω-Pfad ist generell rauschärmer. Aktive Tastköpfe verwenden ohnehin den 50-Ω-Pfad für Power-Integrity-Messungen. Die Messung des Spitze–Spitze-Rauschens des Oszilloskops zusammen mit dem verwendeten Tastkopf am 50-Ω-Pfad ergibt den zu erwartenden Messfehler.

 

Tipp 3: Höchste vertikale Eingangsempfindlichkeit wählen

Das Rauschen eines Oszilloskops hängt von der gewählten vertikalen Eingangsempfindlichkeit ab. Je höher die Eingangsempfindlichkeit, desto geringer das Rauschen. Bei den meisten Oszilloskopen nimmt jedoch der verfügbare Offsetbereich bei hohen vertikalen Eingangsempfindlichkeiten ab. Bei einer Einstellung von 10 mV/Div bietet das Oszilloskop beispielsweise nur noch einen internen Offset-Einstellbereich von 120 mV. Um das Signal am Bildschirm sichtbar zu machen, muss der Anwender eine niedrigere vertikale Empfindlichkeit wählen, womit sich die Messgenauigkeit verschlechtert. Ein begrenzter interner Offset lässt sich auch mit anderen Methoden kompensieren. Ein Trennkondensator beispielsweise eliminiert den DC-Offset. AC-Kopplung ist eine weitere Möglichkeit zur Gleichspannungsblockierung bei Oszilloskopen. Auch ist die AC-Kopplung bei vielen Oszilloskopen nur für den 1-MΩ-Pfad möglich.

 

Tipp 4: Breitbandiges Oszilloskop einsetzen und Bandbreite zur Reduktion des Messrauschens begrenzen

Oszilloskope mit grösseren Bandbreiten gewinnen an Bedeutung, da sie eingekoppelte Signale wie Hochgeschwindigkeits-Taktsignale auf der Versorgungsspannung sichtbar machen. Da das Rauschen von Oszilloskop und Tastkopf eine gleich verteilte Rauschdichte über die gesamte Bandbreite aufweist, erhält man bei Verwendung der maximalen Bandbreite erhöhte Rauschmesswerte auf der Versorgungsspannung. Sofern keine hochfrequenten Signale eingekoppelt sind, lässt sich die Oszilloskopbandbreite begrenzen, um Breitbandrauschen zu reduzieren, was die Messgenauigkeit erhöht. Doch wie sollte die Messbandbreite reduziert werden? Erfahrene Anwender ermitteln oft mit der FFT-Funktion die grösstmögliche Bandbreitenreduzierung, bei der sich periodische und zufällige Störsignale auf der Spannungsversorgung noch erfassen lassen. Basierend auf der FFT-Messung kann die Bandbreite reduziert werden, sofern es keine höherfrequenten Signale gibt.

 

Tipp 5: Power-Rail-Tastkopf verwenden

Die meisten Oszilloskophersteller bieten Tastköpfe speziell für Messungen an Versorgungsspannungen an, sogenannte Power-Rail- Tastköpfe. Diese weisen Eigenschaften auf, die andere Tastköpfe nicht besitzen. Ein grosser integrierter DC-Offset gleicht beispielsweise den zu geringen internen Offset eines Oszilloskops aus. Damit können Anwender die kleinste vertikale Eingangsempfindlichkeit für minimales Rauschen wählen. Power-Rail-Tastköpfe haben in der Regel ein Tastverhältnis von 1:1 und führen damit zu einer wesentlich niedrigeren Rauschanzeige als Tastköpfe mit einem Tastverhältnis von 10:1. Auch weisen Power-Rail-Tastköpfe eine hohe Eingangsimpedanz von typisch 50 kΩ aus. Der Impedanzwert einer Spannungsversorgung liegt demgegenüber typischerweise im mΩ-Bereich.

Power-Rail-Tastköpfe bieten unterschiedlichste Anschlussmöglichkeiten zur Testpunktkontaktierung, beispielsweise ein koaxiales 50-Ω-Anschlusskabel für höchste Messqualität oder einen Browser für maximale Flexibilität. Die Verwendung eines SMA-Anschlusses plant man idealerweise von Anfang an ein, da dieser als integrierte Komponente am besten funktioniert. Browser sind flexibler, erreichen aber nicht die Genauigkeit von SMA-Pigtail- Anschlüssen. Power-Rail-Tastköpfe sollten über ausreichende Bandbreite zur Erfassung eingekoppelter Signale verfügen. Um niedriges Rauschen zu erzielen, können auch passive Tastköpfe mit einem Tastverhältnis von 1:1 eingesetzt werden. Jedoch ist die Bandbreite dieser Tastköpfe auf unter 40 MHz begrenzt. Dieser Ansatz ist einerseits vorteilhaft, da der höherohmige 1-MΩ-Pfad verwendet wird, andererseits sind durch die immanente Bandbreitenbegrenzung dieser Tastköpfe kritische Signalinhalte nicht mehr sichtbar – mit der Folge, dass zu niedrige Spitze–Spitze-Spannungswerte gemessen werden. Einige Hersteller spezifizieren garantierte Bandbreiten für ihre Power-Rail-Tastköpfe, andere geben typische Werte an. Für den R&S-RT-ZPR40- Power-Rail-Tastkopf beispielsweise ist eine 3-dB- Bandbreite von typisch 4 GHz angegeben. Man sollte sich beim Oszilloskopanbieter erkundigen, welche Oszilloskopmodelle für die vorhandenen Power-Integrity-Tastköpfe geeignet sind. Bei einigen Herstellern lassen sich die Tastköpfe mit Hilfe einer Tastkopfschnittstelle mit allen Oszilloskopmodellen einsetzen, bei anderen sind nur bestimmte Modelle kompatibel. Auch ist zu bedenken, dass der Anschluss eines Tastkopfs an ein nicht kompatibles Modell zu einer Beschädigung der Oszilloskopeingänge führen kann.

 

Tipp 6: Hohe Eingangsimpedanz verwenden

Um genaue DC-Werte zu erhalten, darf die Messlast nur gering sein. Schliesst man den 50-Ω-Pfad des Oszilloskops direkt an eine Spannungsversorgung an, so verändert die 50-Ω-Last den DC-Pegel der Spannungsversorgung. Um diesen Effekt abzumildern, ist eine höhere Eingangsimpedanz erforderlich. Der 1-MΩ-Oszilloskop-Pfad verfügt über eine ausreichend hohe Eingangsimpedanz, besitzt jedoch höheres Rauschen und wird von Power-Rail-Tastköpfen nicht unterstützt. Power-Rail-Tastköpfe haben typischerweise eine Eingangsimpedanz von 50 kΩ.

 

Tipp 7: Oszilloskop mit einer hohen Aktualisierungsrate auswählen

Selbst die schnellsten digitalen Oszilloskope sind mehr als 90 % der Zeit blind. Nach jeder Erfassung einer Messkurve muss das Oszilloskop diese erst verarbeiten, bevor die nächste erfasst wird. Seltene Ereignisse – im Fall von Spannungsversorgungen also potenzielle Ausreisser der Spitze–Spitze-Spannung – können vom Oszilloskop «übersehen» werden. Zum Ausgleich kann der Anwender automatische Messungen mit unendlicher Nachleuchtdauer einschalten und so lange warten, bis die höchsten Amplitudenspitzen gefunden werden. Wie lange aber sollte man warten?

Das hängt vom Messsystem ab. Oszilloskope mit einer hohen Aktualisierungsrate zeigen die resultierende Rausch-Hüllkurve schneller an, und Anwender erhalten eine bessere grafische Darstellung des Geschehens auf der Versorgungsspannung. Oszilloskope mit einer Aktualisierungsrate von 1000 Messkurven pro Sekunde liefern bei automatischer Messung Messergebnisse 20 Mal schneller als Oszilloskope mit einer Aktualisierungsrate von nur 50 Messkurven pro Sekunde. Da elektronische Systeme mehrere Spannungsversorgungen enthalten, die alle getestet und verifiziert werden müssen, fällt die Aktualisierungsrate eines Oszilloskops umso stärker ins Gewicht.

 

Fazit

 

Mit fortschreitender Miniaturisierung von Spannungsversorgungen für FPGAs, ASICs und kommerzielle Geräte und Komponenten und den damit einhergehenden immer engeren Toleranzen gewinnt die Messung der Qualität von Spannungsversorgungen an Bedeutung. Die Wahl der passenden Messtechnik ermöglicht eine schnelle und genaue Charakterisierung jeder Versorgungsspannung.

 

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