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Polymerkondensatoren ersetzen MLCCs

Es ist nicht einfach, Technologien zu tauschen. Auch nicht, wenn man für MLCCs einen Ersatz sucht. Im

Prinzip muss man jeden Fall für sich betrachten und entscheiden, welche Alternative die beste ist. Es gibt

sicher viele Anwendungen, wo man Glück hat und ein Austausch problemlos ist. Andererseits gibt es aber

auch viele Applikationen, wo ein Austausch schwierig ist und man sich andere Herausforderungen auf die

Leiterplatte holt, wie z.B. EMV-Probleme.

Aufgrund der derzeit sehr weitreichenden Verknappung des Angebots an MLCCs, welche im Jahr 2016 begann und wahrscheinlich noch bis mindestens 2020 anhält, werden immer häufiger Alternativen dazu gesucht. In diesem Artikel werden die wichtigsten Faktoren beschrieben, die bei einem Ersatz durch Polymerkondensatoren zu beachten sind. Die Gründe für die Bauteilverknappung liegen in der Hauptsache an den teils extrem angestiegenen Bedarfen bei Handys, in der Automobilelektronik und im Bereich IoT.

 

Neue Fertigungslinien dauern noch

Es wird auch noch einige Zeit dauern, bis die Hersteller soweit sind und neue Fertigungslinien in Betrieb nehmen können. Einige Hersteller sind dabei, die Produktion zu erweitern, aber dieses benötigt Zeit. Auf der anderen Seite werden von den Herstellern teilweise Standard-MLCCs mit Kapazitäten <1 μF und Bauformen ≥0603 in 2020 nach und nach abgekündigt. Dieses wird die Situation gerade in Europa, wo noch viele grössere Bauformen ab 0603 eingesetzt werden, nicht vereinfachen.

 

Die Vorzüge von Multilayer Ceramic Chip Capacitors

MLCCs oder Multilayer Ceramic Chip Capacitors bestehen, wie der Name schon sagt, aus vielen Schichten von Metallelektroden, die wechselseitig mit den Anschlusselektroden verbunden und durch ein keramisches Dielektrikum voneinander getrennt sind. Dadurch erhält man eine grosse Elektrodenfläche und somit eine relativ grosse Kapazität bei gleichzeitig kleinem Volumen. Vorteile von MLCCs:

Vielfältigkeit: Keramische Kondensatoren sind in einer sehr breiten Palette verfügbar, was z.B. Kapazität, Spannung, Baugrösse usw. angeht. Diese können mit einer sehr guten thermischen Stabilität und einer hohen Genauigkeit (Class 1 Dielektrikum) oder mit grösseren Kapazitäten aber geringerer Genauigkeit und thermischer Stabilität (Class II) gefertigt werden.

Baugrösse: MLCCs sind SMD-Bauteile. Diese sind sehr kompakt, verglichen mit anderen Kondensatortechnologien und vergleichbaren C/V-Werten.

Wirtschaftlichkeit: In MLCCs werden keine teuren Materialien verbaut. Somit können sie zu einem niedrigen Preis in grossen Mengen hergestellt werden.

Haltbarkeit: Keramische Kondensatoren bieten eine sehr gute Langzeitstabilität. Die technischen Daten sind also für einen sehr grossen Zeitraum vorhanden.

Sicherheit: Durch die verwendeten Materialien und festen Elektrolyte gibt es keine Gefahr bezüglich des Auslaufens oder der Freisetzung von giftigen Materialien. Auch die Gefahr der Brennbarkeit ist ausgeschlossen.

Gute elektrische Eigenschaften: MLCCs haben sowohl einen niedrigen ESR, als auch ESL. Deshalb eignen sie sich für viele Anwendungen.

Zusammenfassend sind MLCCs, Multilayer Ceramic Chip Capacitors, in allen elektronischen Geräten zu finden. In etwa 70 % der Anwendungen sind MLCCs in Entkopplungsschaltungen von Netzteilen zu finden. Eine andere Anwendung ist die Entstörung von Eingangssignalen.

 

Es gibt vier Arten von Polymerkondensatoren

Polymerkondensatoren sind eine Art von Elektrolytkondensatoren. In «traditionellen» Elkos besteht eine Elektrode aus einem Metall. Die andere ist ein leitfähiges Material, dem Elektrolyten. Aufgrund dieses Aufbaus sind diese Kondensatortypen gepolt. Dabei ist die Metallelektrode die Anode.

Das Dielektrikum besteht aus einer Oxidschicht auf der Oberfläche des Metalls, welches sehr dünn ist und einen hohen Dielektrizitätswert besitzt. Dadurch erreicht man eine hohe Kapazität bei einem geringen Volumen.

In einem Polymerkondensator besteht die Anode ebenfalls aus einem Metall. Dieses ist normalerweise Aluminium, Tantal oder Niob. Der Elektrolyt wird aber durch ein sehr leitfähiges Polymer ersetzt, welches auf der Oxidschicht liegt und somit die Kathode darstellt. Dieses Polymer ist entweder Polypyrrol (PPy) oder Polythiophen (PEDOT oder PEDT). Wenn man von Polymerkondensatoren spricht, sollte man grundsätzlich folgende Typen unterscheiden:

■ Tantal Polymer

■ Aluminium Polymer

■ Aluminium-Hybrid-Kondensatoren

■ Special-Polymerkondensatoren

Polymerkondensatoren verbessern einige der Herausforderungen, die bei Elkos auftauchen. Weiterhin besitzen sie einige Eigenschaften, die in ähnlicher Form auch bei den MLCCs zu finden sind:

■ Polymerkondensatoren sind wesentlich kompakter als Elkos

■ es gibt sie in vielen SMD-Bauformen

■ es gibt kein flüssiges Elektrolyt, welches auslaufen könnte

■ bei wechselnden Spannungswerten und Temperaturen sind die Kapazitätswerte wesentlich stabiler

■ der ESR ist verglichen mit Elkos wesentlich niedriger. Somit steigen die möglichen Rippleströme drastisch an

■ Tantal-Polymerkondensatoren haben kein/ ein kleines Spannungsderating

■ Tantal-Polymerkondensatoren brennen nicht, bieten also eine wesentlich höhere Sicherheit

Ein grosser Vorteil von Polymerkondensatoren liegt darin, dass es keinen piezoelektrischen Effekt gibt. Man hat also auf der einen Seite keine akustischen Störungen («Pfeifen») die auftreten können, als auch keine Störungen, die durch akustische Signale von aussen kommen und in elektrische Spannung umgewandelt werden. Meistens finden Elkos in Netzteilen als Glättungs- oder Entkopplungskondensator Anwendung. Dieses ist auch der wichtigste Bereich, wo diese Kondensatoren als Ersatz für MLCCs eingesetzt werden.

 

Parameter beachten bei der Umstellung auf Polymerkondensatoren

Wenn man überlegt, MLCCs durch Polymerkondensatoren zu ersetzen, sollte man einige Parameter beachten, in denen sich die Technologien unterscheiden. Nicht jeder MLCC kann einfach ausgetauscht werden. Es gibt zwar sich überlappende Spannungs- und Kapazitätswerte, aber diese sind eindeutig in der Unterzahl. Man muss sich also darauf einstellen, ein Re-Design durchzuführen. Ein erster Ansatz gibt uns folgendes Bild der Firma Kemet (KO-Cap ist die Abkürzung für Kemet Organic Capacitor und bedeutet, dass es sich hier um einen Polymerkondensator von Kemet handelt):

Wie man im Bild auf Seite 23 oben sieht, kann man MLCCs ab 680 nF (andere Hersteller sprechen auch von Kapazitätswerten ab 47 μF) ersetzen. Die Kapazität ist aber nur ein Faktor. Genauso wichtig ist die Spannung (Müssen es wirklich 50 V sein, oder reichen vielleicht auch 10 V), oder der ESR, die Frequenz, die Bauform oder sonstige Parameter. Vorsichtig muss man auch sein, wenn eine Verpolung des Polymerkondensators erfolgt. Dies führt unweigerlich und schnell zur Zerstörung des Kondensators. Einige Parameter sollte man spezieller betrachten:

Kapazität: Wenn man sich die Kapazitätswerte ansieht, stellt man schnell fest, dass es MLCCs ab 1 pF gibt. Dieses ist natürlich für einen Polymerkondensator wesentlich zu niedrig. Interessant wird es ab 680 nF. Die Kapazität ist auch wichtig, da durch DC-Bias-Effekte (gilt für Class II-Kondensatoren) die Kapazität um bis zu 80% absinkt. Somit ist die effektive Kapazität wesentlich niedriger, als der Nennwert. Bei Polymerkondensatoren hat man diesen Effekt nicht.

Kapazität: MLCCs werden häufig zur Erhöhung der Kapazität parallel geschaltet. Dies ist das ideale Einsatzgebiet für Polymerkondensatoren. Während man mehrere MLCCs einsetzt, kann man die gleiche Kapazität und Funktionalität oftmals mit wenigen Polymerkondensatoren erreichen. Das spart Platz auf der Leiterplatte und ist in den meisten Fällen auch günstiger. Obendrein wird die Ausfallsicherheit durch die geringere Anzahl an Bauelementen erhöht.

Spannung: Polymerkondensatoren liegen normalerweise im Spannungsbereich bis 50 V. Panasonic bietet auch einige Serien an, die bis 80 oder 100 V gehen. Im Gegen - satz dazu sind MLCCs wesentlich breiter aufgestellt. Diese reich bis in den Bereich von mehreren 1000 V.

■ ESR: MLCCs haben einen sehr niedrigen ESR. Auch Polymerkondensatoren haben einen sehr niedrigen ESR. Wenn der für die Applikation geforderte ESR allerdings unter 10 mΩ geht, wird es schwierig und man muss sehr genau prüfen.

Frequenzabhängigkeit: Polymerkondensatoren haben gegenüber MLCCs ein ähnliches Frequenzverhalten. Das bedeutet, dass die Frequenz–Kapazitäts-Kurve sehr konstant über den gesamten Frequenzbereich ist.

Impedanz: Auch das Impedanzverhalten von beiden Technologien ist ähnlich. Wichtig ist, dass die Frequenz niedriger ist als die Eigenresonanzfrequenz! Je näher man an die 1 MHz-Marke kommt, desto genauer sollte man die Unterschiede zwischen den Technologien prüfen.

Temperaturverhalten: Das Temperaturverhalten von Polymerkondensatoren ist ebenfalls relativ konstant. Über den gesamten Temperaturbereich des Kondensators tritt eine relativ geringe Abweichung von ±2 bis ±5 % auf. Diese ist bei MLCCs wesentlich höher. Betrachtet man z.B. Kondensatoren mit der Keramik X7R hat man eine Änderung von ±20 % vorliegen.

Lebensdauer und Zuverlässigkeit: Die Lebensdauer von MLCCs, Multilayer Ceramic Chip Capacitor, ist nicht begrenzt. Es gibt keine limitierenden Faktoren, wie bei Elkos. Im Gegensatz dazu gibt es bei Polymerkondensatoren die Lebensdauer beeinflussende Faktoren. Das bedeutet, dass die angegebene Lebensdauer bei Nenntemperatur sich um den Faktor 10 bei einer Temperaturverringerung um 20 °C erhöht. Eine Ausnahme bilden die Aluminium-Hybrid-Kondensatoren. Diese verhalten sich wie normale Alu-Elkos. Das bedeutet, dass sich die Lebensdauer bei einer Temperaturreduktion um 10 °C verdoppelt. MLCCs bestehen aber aus einem spröden Material und sind deshalb anfälliger gegen mechanische oder thermische Schocks. Ebenso besteht die Gefahr von cracks. Daher muss man bei der Verarbeitung sehr vorsichtig sein, dass man die Kondensatoren nicht schon während oder nach dem Löten zerstört.

Rippelströme: Die vom Rippelstrom erzeugte Wärme hängt von physikalischen Eigenschaften und dem ESR ab.

Bauformen: Es fällt auf, dass es nur wenige Bauformen gibt, die direkt austauschbar sind. In den meisten Fällen wird man um ein Re-Design der Leiterplatte also nicht herum kommen. Preisdifferenz ist kleiner geworden Polymerkondensatoren wurden von vielen Entwicklern nicht eingesetzt, weil der Preis im Vergleich zu MLCCs wesentlich höher lag. Aufgrund der Marktsituation wurden allerdings die Preise für MLCCs teilweise extrem angehoben. Das bedeutet, dass die Differenz zwischen MLCCs und Polymerkondensatoren wesentlich kleiner geworden ist.

 

Fazit

Wie man sieht, ist es also nicht ganz so einfach, Technologien zu tauschen, sprich MLCCs durch Polymerkondensatoren ersetzen. Im Prinzip muss man jeden einzelnen Fall für sich betrachten und entscheiden, welche Alternative die beste ist. Es gibt sicher viele Anwendungen, wo man Glück hat und ein Austausch problemlos ist. Andererseits gibt es aber auch viele Applikationen, wo ein Austausch schwierig ist und man sich andere Herausforderungen auf die Leiterplatte holt, wie z.B. EMV-Probleme.

 

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