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Beim Entmagnetisieren den Dreh raus

Ob tonnenschwere Stahlträger oder Stifte, die man mit blossem Auge kaum sieht: Wenn Werkstücke

magnetisiert sind, können sie der sprichwörtliche Sand im Getriebe sein und einen Produktionsprozess

lahmlegen oder als Produkt fehlerhaft sein. Die Polydec SA in Biel hat für diese Problematik eine

nachhaltige und effektive Lösung gefunden.

Präzisions- und Mikrodrehteile für die Automobil- und Uhrenindustrie sowie für Elektronik und Medizinaltechnik – das stellt die Polydec SA aus Biel seit über 30 Jahren her. Mit einem Maschinenpark von 50 Drehautomaten produziert die Firma jeden Monat rund 40 Mio. Drehteile. Die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet Polydec mit Achsen für Instrumententafeln und Einspritzsysteme der Autoindustrie. Seit der Firmengründung 1985 haben die Spezialisten aus dem Schweizer «Seeland» über 6 Mrd. hochpräziser Stifte, Achsen sowie Teile mit komplexer Geometrie gefertigt. Manche der von Polydec hergestellten Teile sind so klein, dass man sie mit blossem Auge kaum sieht. Doch unabhängig davon, wie winzig und wie zahlreich ihre Teile sind: Das Unternehmen entmagnetisiert jedes Stück, das aus ferromagnetischem Material gefertigt wird. Im Verlauf des Produktionsprozesses sogar bis zu vier Mal. Denn zum Qualitätsversprechen von Polydec gehört es, ihre Produkte von Restmagnetismus zu befreien. Darauf verlässt sich besonders die Autoindustrie, für welche sich Polydec nach ISO/TS 16949 hat zertifizieren lassen.

 

Zwei Entmagnetisieranlagen im Einsatz

«Unsere Kunden vertrauen darauf, dass wir einwandfreie Teile liefern. Sie werden in der Automobilindustrie direkt ans Produktionsband geliefert und sofort eingesetzt», sagt Frédéric Nicolet, Technischer Direktor und zuständig für die Qualitätssicherung im Unternehmen.

Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, hat Polydec zwei Entmagnetisieranlagen der Maurer Magnetic AG aus Grüningen im Einsatz. Die erste der beiden Anlagen nahm Frédéric Nicolet vor über zehn Jahren in Betrieb, die zweite vor ein paar Monaten. «Anfangs hatten wir mit einer Tunnelspule entmagnetisiert. Wir zogen die Teile in einem Aluminiumbehälter langsam von Hand durch die Spule», erzählt Frédéric Nicolet. «Das Verfahren war sehr zeitaufwändig; wir mussten extra eine Person dafür einsetzen, die von morgens bis abends nichts anderes tat. Trotzdem waren am Schluss die Teile nicht sauber entmagnetisiert.»

 

Early Adopters des neuen Entmagnetisierverfahrens

Mit der Zeit erhöhten sich die Produktionsmengen, der Aufwand wurde grösser und die Qualität der Entmagnetisierung begann zu leiden. Deshalb suchte Polydec nach einer besseren Lösung. Und fand sie 2006 in Gestalt einer brandneuen Technologie der Maurer Magnetic AG. Das Schweizer Unternehmen hatte erst einige Jahre zuvor die Maurer Degaussing-Technologie entwickelt und patentieren lassen. Frédéric Nicolet und Polydec werden zu Early Adopters dieses im Markt einzigartigen Entmagnetisierverfahrens – und die beiden Firmen zu Partnern. Denn Polydec und Maurer Magnetic verbindet vieles: Beide setzen auf hohe Qualität made in Switzerland und sind von Familien geführte KMU. Trotz überschaubarer Mitarbeiterzahlen bedienen beide Firmen mit ihren Produkten den Weltmarkt. «Ich traf damals Albert Maurer auf der Messe Control in Stuttgart», erinnert sich Nicolet.» Ich erzählte ihm von unserem Problem. Er lud mich ein, mit einer Kiste unseres Schüttguts nach Grüningen zu kommen, wo wir in Gesprächen und Experimenten das optimale Entmagnetisierverfahren festlegten. Anschliessend baute Maurer Magnetic eine Entmagnetisieranlage mit der neuen Degaussing-Technologie für uns. Als Herr Konrad, unser Patron, die neue Anlage sah, sagte er: Das ist die beste Maschine, die ich je gesehen habe! Sie hat nur einen Knopf – und sie läuft», erzählt Nicolet und lacht. Die Einschätzung des Geschäftsführers des Präzisionsdrehteileherstellers erweist sich als richtig: Seit Inbetriebnahme der neuen Anlage wird die gesamte Produktion zu 100 % entmagnetisiert.

 

Aber wieso ist Entmagnetisieren so wichtig?

Frédéric Nicolet erklärt: «Das Entmagnetisieren ist ein Qualitätsmerkmal. Das erste Mal entmagnetisieren wir nach der spanenden Bearbeitung, weil dabei Späne an den Teilen haften bleiben können, was unsere hochpräzisen Teile in ihrer Funktion behindern würde. Nach dem Härten und Polieren trennen wir die Teile mit einem Magneten von den Poliersteinen. Das führt erneut zu Restmagnetismus, wodurch Partikel angezogen und die Teile verschmutzt werden. Weitere Operationen und Kontrollen sowie das Waschen des Schüttguts wirken ebenfalls magnetisierend. Also entmagnetisieren wir unsere Teile bis zu vier Mal.» Restmagnetismus kann auch bei Handling- und Förderprozessen Probleme bereiten. Wenn Teile nicht entmagnetisiert sind, stellen sie sich zum Beispiel in der Sortiermaschine von Hugi quer oder bleiben an den Messwalzen kleben. Auch im letzten Prozessschritt, der Kontrolle mit dem optischen Prüfautomaten, kann es zu Störungen kommen.

Nicolet erläutert: «Die optische Prüfung ist sehr wichtig, um den hohen Qualitätsansprüchen unserer Kunden gerecht zu werden – denn als Teil der Qualitätssicherung muss der Automat jedes einzelne Teil fotografieren und die Bilder analysieren können.»

Das Entmagnetisieren bereite ihm aber keine Kopfschmerzen mehr: «Das geht unglaublich schnell. Ein Mitarbeiter lädt bis zu zwanzig Kisten mit je 300 000 Teilen auf einen Wagen und hat diese in zwanzig Minuten entmagnetisiert. Mit der Anlage von Maurer Magnetic ist das kein Problem.»

 

Zweiter Entmagnetisierer verhindert Produktionsausfälle

Vor ein paar Monaten bestellte Polydec einen zweiten Entmagnetisierer bei Maurer, den MM VE-4. Die alte Anlage ist aufgrund der hohen Produktionszahlen von Polydec an ihre Kapazitätsgrenzen gestossen – sobald sie zu viele Kisten zu schnell nacheinander entmagnetisierten, werde die Spule zu warm, erklärt Nicolet. «Ausserdem ist es ein Risiko, mit nur einer Entmagnetisieranlage zu arbeiten: Sollte sie aus irgendeinem Grund ausfallen, würde das unsere ganze Produktion stoppen.»

Albert Maurer, Geschäftsführer der Maurer Magnetic AG, erklärt, wie das Maurer Degaussing Verfahren funktioniert: «Polydec braucht zum Entmagnetisieren sehr hohe Feldstärken, weil es sich bei ihren Produkten um ferromagnetische Bauteile aus legiertem oder gehärtetem Stahl im Schüttgut handelt. Eine Spule im Dauerbetrieb, wie die anfangs eingesetzte Tunnelspule, kann solche Feldstärken nicht annähernd erreichen. Die Maurer Degaussing Technologie arbeitet mit einem starken und präzis gesteuerten Puls. Die kurze Einschaltdauer des Pulses von wenigen Sekunden verhindert ein unnötiges Erwärmen der Spule. Dank der von uns eingesetzten FMT, Field Multiplicator Technology, wird unglaublich viel Energie gespart, trotz hoher Entmagnetisierleistung.»

 

Sekundenschnelle Entmagnetisierung ohne Bewegen des Werkstücks

Dank dem Pulsentmagnetisierverfahren mit FMT in Kombination mit Hochleistungs-Kondensatoren erreicht diese Auslegung der Entmagnetisieranlage MM VE-4 die sehr hohe Feldstärke von 305 kA/m. Die Luftkühlung mit Radiallüfter verkürzt die Taktzeit, die typischerweise bei 10 bis 30 s liegt. Maurer fügt an: «Der Puls ermöglicht eine sekundenschnelle Entmagnetisierung, ohne dass das Werkstück bewegt werden muss. Das macht die Methode im Ergebnis so präzise und somit prozessfähig; die Fehlerrate ist vernachlässigbar klein. Mit dem Puls werden Energie und Kosten eingespart. Zudem muss weniger Personal eingesetzt werden.»

Frédéric Nicolet ist zufrieden: «Diese Maschine ist wie ein Geschenk – wir konnten eine Vollzeitstelle einsparen und unsere Teile sind perfekt entmagnetisiert.»

 

Infoservice

Maurer Magnetic AG

Industriestrasse 8–10, 8627 Grüningen

Tel. 044 936 60 30, Fax 044 936 60 48

info@maurermagnetic.ch, www.maurermagnetic.ch