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Elektrodenmaterial aus der Mikrowelle

Lithium-Kobaltphosphat gilt unter Batterieforschern seit einiger Zeit als Material der Zukunft. Es arbeitet bei höherer Spannung als das bisher verwendete Lithium-Eisenphosphat und erreicht daher eine höhere Energiedichte – 800 Wattstunden pro Kilogramm statt bisher knapp 600 Wattstunden.

Power für unterwegs ist gefragt: Jennifer Ludwig von der Technischen Universität München (TUM) hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich das vielversprechende Hochvolt-Kathodenmaterial Lithium-Kobaltphosphat schnell, günstig und in höchster Qualität herstellen lässt. Für ihre Arbeit erhielt die Chemikerin den Evonik-Forschungspreis. Die Hoffnung ist pink: Das Pulver, das Jennifer Ludwig in eine Glasschale schüttet und das im Licht der Laborlampe rosarot leuchtet, hat das Potenzial, Akkus noch leistungsfähiger zu machen.

 

Bisherige Verfahren: teuer, aufwändig

Die Mitarbeiterin von Tom Nilges, Inhaber der Professur für Synthese und Charakterisierung innovativer Materialien, hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich das pinke Pulver schnell, mit geringem Energieaufwand und in bester Qualität herstellen lässt. Bisher war die Herstellung des vielversprechenden Hochvolt-Kathodenmaterials jedoch aufwändig, energieintensiv und wenig effizient: Man benötigte drastische Bedingungen mit Temperaturen von 900 °C.  Die entstehenden Körnchen besitzen zudem nur in einer Richtung genügend ionische Leitfähigkeit. Auf dem grössten Teil der Oberfläche läuft die chemische Reaktion zwischen Elektrodenmaterial und Elektrolyt im Akku nur schleppend ab. Die von Jennifer Ludwig entwickelte Mikrowellen-Synthese löst all diese Probleme auf einen Schlag: Für die Gewinnung von hochreinem Lithium-Kobaltphosphat benötigt man nur ein kleines Mikrowellengerät und eine halbe Stunde Zeit. Die Reagenzien werden zusammen mit einem Lösungsmittel in einem Teflon-Behälter erhitzt. Gerade einmal 600 W reichen aus, um die nötigen 250 °C zu erzeugen und die Kristallbildung anzuregen.

 

Die sich dabei bildenden flachen Plättchen haben einen Durchmesser von weniger als einem Mikrometer, eine Dicke von wenigen hundert Nanometern, und die Achse höchster Leitfähigkeit ist in Richtung Oberfläche orientiert. «Diese Form sorgt für eine bessere elektrochemische Leistungsfähigkeit, weil die Lithium-Ionen nur kurze Wege im Kristall zurücklegen müssen», erläutert Ludwig.

 

Und noch ein weiteres Problem konnte die Chemikerin bei ihren Experimenten lösen: Bei Temperaturen von über 200 Grad und unter hohem Druck entsteht mitunter nicht das gewünschte Lithium-Kobaltphosphat, sondern ein bisher unbekanntes, komplexes Kobalt-Hydroxid-Hydrogenphosphat.

 

Gezielte Steuerung der Reaktion

Jennifer Ludwig gelang es, den Reaktionsweg aufzuklären, die chemische Verbindung zu isolieren und dessen Struktur und Eigenschaften zu bestimmen. Da die neue Verbindung als Batteriematerial ungeeignet ist, modifizierte sie die Reaktionsbedingungen so, dass nur das gewünschte Lithium-Kobaltphosphat entsteht. «Mit dem neuen Herstellungsverfahren können wir nun in einem einzigen Prozessschritt die leistungsfähigen, plättchenförmigen Lithium-Kobaltphosphat-Kristalle massgeschneidert und in hoher Qualität herstellen», urteilt Professor Nilges. «Damit ist eine weitere Hürde auf dem Weg zu neuen Hochvoltmaterialien überwunden.»

 

Forschungspreis erhalten

Unterstützt wurde Jennifer Ludwigs Arbeit von der TUM Graduate School, BMW, sowie dem Fonds der Chemischen Industrie. Die Untersuchung elektrochemischer Eigenschaften erfolgte in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Technische Elektrochemie der TU München. Struktur und Eigenschaften des komplexen Kobalt-Hydroxid-Hydrogenphosphats wurden in Zusammenarbeit mit dem Lawrence Berkeley National Laboratory, der Stanford Synchrotron Radiation Lightsource und dem Walther-Meissner-Institut untersucht.

 

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tom.nilges@lrz.tum.de, www.acinnomat.ch.tum.de