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Stressbelastung der Bauteile analysieren

Durch den Einsatz leistungsfähiger Simulationssoftware und einer Hochleistungs-IT-Infrastruktur ändert sich die Arbeitsweise bei der Entwicklung in der Antriebstechnik. Die neuen Co-Simulationsschnittstellen und verfügbaren Rechenleistungen erlauben einen interdisziplinären Ansatz, um mehrere, sich gegenseitig beeinflussende, physikalische Effekte und Grössen in einer systemübergreifenden Simulation zu betrachten.

Seit der Einführung der EU-Richtlinien für Elektromotoren wird gefordert, Energie zu sparen. Dies sorgte für eine Fokussierung der Entwicklung auf Elektromotoren mit höherem Wirkungsgrad. Aufgrund ihrer im Vergleich zu vielen älteren Motortypen höheren Drehmomentdichte und besserem Wirkungsgrad nimmt der Marktanteil von HEV/EVs, also den bürstenlosen Synchronmotoren mit Permanentmagnet, insbesondere bei drehzahlveränderbaren Antrieben für industrielle Anwendungen, in Automotive, in der Energieerzeugung und in Haushaltsgeräten stetig zu.

 

Modellierung und Simulation des Antriebs und der Motorkomponenten

Um einen Motor sanft anfahren zu lassen, bedarf es einer ausgeklügelten Regelung des Antriebssystems bestehend aus Motor, Motorsteuerungselektronik und Regelkreis mit Drehzahlsensor, um die auftretenden Lastwechsel effizient ausregeln zu können. Handelt es sich beispielsweise um ein leeres oder beladenes Auto, das bergauf oder bergab anfährt, so ist die Last des gleichen Systems unter verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich. 

In der Vergangenheit wurden Antriebskomponenten einzeln betrachtet und gewisse Rahmenbedingungen angenommen. Dazu gehören Motor, Motorsteuerung, Antriebsstrang und die mechanische Last. Um die Effizienz der Motoren und des Antriebs steigern zu können, ist das Wirkungsgradkennfeld von grösster Bedeutung für die Bewertung eines Motors über den ganzen Drehmoment–Drehzahl-Bereich. Es braucht aufwendige Lastprofile unter Messung aller Motorparameter unter Betriebsbedingungen. Bei der Neuentwicklung bedeutet dies trotz jahrelangen Erfahrungswerten immer wieder späte Änderungen an Prototypen, und es ist nahezu unmöglich die optimale Effizienzkurve zu treffen. 

 

Motoren in E-Autos ziehen bis zu 100 A

Daher hat sich die Simulation mit Lastprofilen und virtuellen Prototypen inzwischen durchgesetzt. Um in einer Simulation den Wirkungsgrad und Verlustkennfelder vorhersagen zu können, sind die benötigten Informationen sehr zahlreich. Die Entwickler müssen sicherstellen, dass der Motor unter allen Lastbedingungen, auch unter physikalischen Einflüssen wie Erwärmung, effizient und damit energiesparend arbeitet. Viele Motoren in der Leistungselektronik sind elektronisch kommutierende, bürstenlose DC- oder EC-Motoren. In Automobilen arbeiten sie meist direkt mit dem 12-V-Bordnetz und ziehen, je nach Anwendung oder OEM, bis zu 100 A Strom. Die Leistungselektronik für die Motorsteuerung besteht aus dem Treiber IC, MOSFET-Halbbrücken oder IGBTs, passiven Bauteilen und Sensorik. Die Auswahl der Komponenten ist aus technischer Sicht hauptsächlich abhängig von Spannungs- und Stromwerten, Baugrösse, Zuverlässigkeitsvorgaben und thermischen Anforderungen. Aber auch nichttechnische Werte wie Kosten, alternative Lieferanten und Verfügbarkeit sowie Produktvarianten spielen in Zeiten der Allokation eine wesentliche Rolle. 

 

Abgleich mit Spezifikation benötigt Zeit

Die unterschiedlichen Parameter der gleichen Schaltung erfordern einen immer wiederkehrenden Abgleich mit der Spezifikation. Dies führt zu aufwendigen Designzeiten, Tests an Prototypen und deren Re-Designs. Mit heutiger Technologie lassen sich Schaltungen modellieren und viele Tests auch virtuell mit Simulationen durchführen. So werden Testaufbauten und damit Kosten und Zeit im Entwicklungsprozess eingespart. Daraus hervorgehende Prototypen arbeiten unter den meisten Betriebsbedingungen zuverlässig und vor allem sicher, insbesondere dann, wenn die Entwicklung und Simulation den kompletten Antriebsstrang von der Regelung bis zur mechanischen Komponente verifiziert hat.

Die Modellierung und PSpice-Simulation einer Schaltung mit physikalischen Echtzeitgrössen hilft, Stressbelastungen der Bauteile zu analysieren oder das Funktionieren der Schaltung am Grenzbereich der erlaubten Toleranz zu überprüfen, was mit Messungen so überhaupt nicht oder nur sehr kostspielig möglich ist. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können dann die Schaltung der Ansteuerung, die Regelung und die Materialien selbst optimiert und energieeffizient gestaltet werden.

Ein elektrisches Antriebssystem ist das Schlüsselelement in der Leistungselektronik. Ein so komplexes, mechatronisches System zu optimieren erfordert eine sehr detaillierte Analyse, Erfahrung und erprobte Methoden. Wie sich die Steuerelektronik schlecht ohne Motor- und Lastmodell optimieren lässt, so kann man Effizienzkurven eines Motors nur mit den durch Messungen ermittelten Verlustkennfeldern aus Drehmoment, Ausgangs- und Eingangsleistung erstellen. Heute lassen sich mit Entwicklungstools wie Simplorer und Maxwell von ANSYS bereits Verlustkennfelder von Motoren basierend auf den CAD-Daten und der Methode des maximalen Drehmoments pro Ampere simulieren. Die Motoreffizienz wird durch Verlustminimierung erreicht. 

 

Interdisziplinäre Co-Simulation der Ansteuerelektronik

Die Ansteuerelektronik wird in der Regel von mehreren Entwicklern gemeinsam erstellt. Es gibt den Entwickler, der das Grundprinzip der Schaltung gemäss der Spezifikation umsetzt. Anschliessend geht der Schaltplan mit den Designregeln zu einem PCB-Designer, der das Layout umsetzen soll, und daraufhin weiter in die Fertigung für Prototypen bzw. in die Serienfertigung. Je nach Schaltungsart werden in den Basis-Entwicklungsablauf dann noch Spezialisten für die thermische Analyse, elektromagnetische Verträglichkeit, Zuverlässigkeitsberechnung oder Testverfahren in der Fertigung mit eingebunden. Diese Liste variiert je nach Anwendung und Branche. Meist werden die Spezialisten erst hinzugezogen, wenn ein abschliessender Entwicklungsschritt erreicht ist oder es Probleme mit den Prototypen gibt. Dann ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und das Re-Design wird durch Änderungsvorschläge und weitere Designregeln getrieben. Das Einbinden von Spezialisten-Know-how bereits in einer frühen Phase der Entwicklung ist wünschenswert.

 

Es eröffnen sich ganz neue Chancen

Mit den heutigen Möglichkeiten der Co-Simulation lässt sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Schaltplan der Motorsteuerung mit PSpice simulieren. Die Elektronik stellt jedoch nur einen Teilaspekt des Gesamtsystems dar. So fehlt die Verhaltensbeschreibung des Motors als Last der Schaltung. Eine Beschreibung der Motorlast in PSpice ist prinzipiell möglich, aber unüblich. In diesem Fall könnte entweder ein externes Motorenmodell in PSpice mitsimuliert oder der PSpice-Block der Schaltung in eine Simulation mit Simplorer eingebunden werden. Die Kombination von simulierbaren, physikalischen Domänen innerhalb von Simplorer oder über Co-Simulation erlaubt eine präzise, interdisziplinäre Analyse der Leistungselektronik.

Viele Tests fallen auch bei den Kühlkonzepten an. Wie wirkt sich die Eigenerwärmung der Elektronik auf die Systemtemperaturen aus. Und inwieweit ändert sich das elektrische Verhalten der Schaltung mit sich ändernder Umgebungstemperatur. Diese Aussagen sind nicht trivial zu beantworten und weder die Schaltungssimulation noch die thermische Simulation alleine können genaue Antworten geben. Bei vielen Schaltungen erhöht sich der Strom bei steigender Aussentemperatur. Dies führt zu einer Leiterplattenerwärmung und damit auch zu höherer Umgebungstemperatur. Der Trend zur Miniaturisierung spielt bei der gegenseitigen Erwärmung von Bauteilen eine verstärkte Rolle. Geräte mit höherer Leistungsdichte sollen immer kleiner werden. Bauteile werden enger platziert und es kommt zu einer thermischen Wechselwirkung zwischen den Bauteilen und somit zu einer Veränderung der lokalen Umgebungstemperatur. Zusätzlich spielen die Verformbarkeit über die Temperatur oder die im Betrieb auftretenden Vibrationen auf das PCB auch noch eine Rolle, um die Lebensdauer bestimmen zu können.

 

EMV in der Leistungselektronik

Das oft als «schwarze Magie» titulierte Thema EMV erfordert auch Spezialisten, die oft erst am Ende des Designprozesses oder mit den ersten Prototypen in der EMV-Kammer zu Rate gezogen werden. Nötige Änderungen sind dann schwer umzusetzen und erzeugen hohe Kosten, da es zu Verzögerungen bei der Freigabe und beim Markteintritt kommt. Unter dem Zeitdruck werden einige Punkte übersehen und es gibt wiederholte Tests an Prototypen und Re-Designs. Es hat sich gezeigt, dass ein frühzeitiges Design mit Power- und Signalintegritätanalyse auch die EMI/EMC-Eigenschaften adressiert. Mit frühzeitigen Simulationen basierend auf Layout-Daten lassen sich ein virtueller EMI/EMC-Compliance-Test simulieren und so zu einem frühen Zeitpunkt viele Probleme bei der Entkoppelung aufdecken und Effekte im Nahfeld beschreiben. 

 

Motoren unterliegen dem Druck nach Effizienzsteigerung

Durch die verfügbare Rechenleistung können heute sehr detaillierte, multiphysikalische Systemsimulationen der Antriebe, Lasten und Ansteuerelektronik durchgeführt und Optimierungen der Effizienz und der Kosten des Motors vorgenommen werden. Bei der Entwicklung der Ansteuerelektronik kann der Elektronikentwickler seine PSpice-Schaltung nach den Erkenntnissen der Systemsimulation optimieren. Dabei kann er die entsprechende Bauteilauswahl nach Kosten und Verfügbarkeit berücksichtigen und sein Teilergebnis als PSpice-Schaltung wieder in die System-simulation mit einbeziehen. In der Systemsimulation wiederum lassen sich mithilfe der thermischen und strukturmechanischen Analyse Betriebsbedingungen simulieren. 

 

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