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Wie autark kann ein Einfamilienhaus sein?

Vor rund eineinhalb Jahren entschied ich mich, eine Photovoltaikanlage (PVA) auf unserem Hausdach zu installieren. Seit kurzem habe ich diese mit einem Speicher erweitert. Doch wie stark lassen sich damit der Eigenverbrauch decken und die Unabhängigkeit bei der Stromversorgung für ein Einfamilienhaus erhöhen?

 

Bei der Dimensionierung der PVA stand der durchschnittliche Stromverbrauch einer 4-köpfigen Familie (4500 kWh) im Vordergrund. Obwohl die bestehende Solaranlage bereits die Hälfte der Fläche des Flachdachs belegte, war es möglich, auf einer Fläche von 5 x 8 m eine kalkulierte Leistung von 4,95 kWp zu erreichen. Die monokristallinen Photovoltaikmodule SunForte PM096B00 330 W von BENQ verfügen über ein antireflexionsbeschichtetes Glas und einen Wirkungsgrad von 20,3 %. Diese wurden in drei Reihen à 5 Modulen und einer Neigung von 15 ° platziert.

 

5600 kWh Stromproduktion in 2016

 

Der im Keller montierte Wechselrichter Fronius SYMO 5.0-3-M mit 5 kW Nennleistung hat zwei MMP-Tracker (Maximum Power Point), wobei die maximale MPP-Spannung 800 V betragen darf. Daher haben wir die Panels in zwei Strings à 7 und 8 Module aufgeteilt. 2016 produzierte die Anlage 5625,39 kWh. Sehr erfreulich, dass meine jährliche Produktionsvorstellung bereits nach 8,5 Monaten erreicht wurde! Der Eigenverbrauch lag bei rund 35 % (1977,98 kWh). Der Stromverbrauch lag mit 5141,83 kWh jedoch auch um 14 % höher als meine Vorstellung. Daraus resultiert ein Autarkiegrad von 38,47 %.

 

6-kWh-Stromspeicher

 

Eine Analyse zeigte, dass die Anlage an kälteren aber sonnigen Tagen rund 6 kWh ins Stromnetz einspeiste. Zu meiner Überraschung waren dies nicht nur einzelne Tage, sondern sie kamen mit einer gewissen Regelmässigkeit vor. Im Hochsommer bezogen wir täglich rund 5 bis 6 kWh aus dem Netz, speisten jedoch tagsüber bis zu 28 kWh ein. Ich fragte mich, wie wäre es, wenn wir den einen Tagesbedarf – ca. 6 kWh – lokal speichern könnten? Mein Elektropartner wollte im Herbst 2016 einige Testanlagen realisieren, um Erfahrungen mit dem Speicher sammeln zu können – für mich war schnell klar, dass ich bei diesem Projekt mitmachen möchte. Seit Dezember 2016 bin ich nun stolzer Besitzer des «Fronius Energy Package». Die Fronius-Solarbatterie basiert auf der leistungsstarken Lithium-Eisenphosphat-Technologie und die Speicherkapazität lässt sich modular erweitern (3 bis 8 Module). Ein Modul umfasst 1,5 kWh Nennkapazität, 80 % davon sind nutzbar. Der Hersteller garantiert 8000 Ladezyklen, was bei einer täglichen Ladung fast 22 Jahren entspricht. Aufgrund meiner Erfahrungswerte habe ich die Batterie mit 5 Modulen – entspricht einer nutzbaren Kapazität von 6 kWh – ausgerüstet.

 

Wechselrichter ist Herzstück der Speicherlösung

 

Das Herzstück der Speicherlösung ist der Wechselrichter Fronius SYMO HYBRID 4.0-3-S. Er besitzt eine Nennleistung von 4 kW und einen europäischen Wirkungsgrad von 95,7 %. Der Wechselrichter verfügt auch über zwei MPP-Tracker, wobei einer für den Batterieanschluss verwendet werden muss. Die BENQ-Panels besitzen eine Leerlaufspannung von 64,9 V – entspricht bei 15 Panels 973,5 V. Die maximale MPP-Spannung beträgt bei allen mir bekannten Modellen 800 V. Daher entschieden wir uns für ein AC-gekoppeltes System. Der Elektropartner argumentierte zusätzlich, dass ich dadurch nicht an den Hersteller gebunden sei, falls man nach ca. 10 Jahren den Wechselrichter ersetzen muss.

 

Das Konfigurationsschema zeigt die aktuelle Installation. Die beiden Panel-Strings sind DC-mässig mit dem SYMO 5.0-3-M verbunden. Dieser wandelt die Gleichspannung in Drei-Phasen-Wechselstrom um. Ist die Produktion höher als der aktuelle Verbrauch wandelt der SYMO HYBRID 4.0-3-S die Differenz wieder in Gleichstrom um und lädt die Batterie. 4000 W beträgt die maximale Lade-/Entladeleistung der Batterie, daher kann im Normalfall sämtliche überschüssige Energie in der Batterie gespeichert werden. Lediglich gegen Ende der Ladung – ab ca. 94 % Ladezustand – lädt die Batterie langsamer und die verbleibende Energie wird in das Stromnetz eingespeist.

 

Speicherlösung hat nur 77 % Wirkungsgrad

 

Ist der Verbrauch höher als die Produktion, ändert der Fronius SYMO HYBRID 4.0-3-S Wechselrichter die Richtung und bezieht die Energie aus der Batterie. Der Gleichstrom wird wieder in Wechselstrom umgewandelt, jedoch nur so viel, wie gerade benötigt wird. Ab diesem Zeitpunkt wird die Batterie so lange entladen, bis sie leer ist (Restbestand rund 7 %) oder wieder Energie produziert wird. Dieser Prozess kann nicht beeinflusst werden. Genauso wenig wie die zyklischen Vollladungen aus dem Stromnetz, wenn die Batterie über eine längere Zeit (ca. 10 Tage) nicht mehr vollständig geladen wurde (Winter). Der Wirkungsgrad der Speicherlösung liegt durchschnittlich bei ernüchternden 77 %, theoretisch sind es 82 %.

 

Im Dezember konnte dank der Batterie der Autarkiegrad von 23 auf 38 %, im Januar von 14 auf 23 % erhöht werden. Aufgrund meiner Analyse des vergangenen Jahres rechne ich damit, dass bis zum Hochsommer ein gleichmässiger Anstieg des Autarkiegrads stattfindet und die Unabhängigkeit bis ca. 95 % gesteigert werden kann. Bei der Installation wurde auch eine Notstromumschaltung eingebaut. Gemäss Spezifikation dauert die Umschaltzeit 5 s, was sich jedoch im Praxistest nicht bestätigte. Der Wechselrichter benötigte mehr als eine halbe Minute, bis er wieder hochgefahren war. Im privaten Umfeld ist dies nicht relevant. Dass bei einem Stromausfall jedoch kein Strom mehr produziert werden kann, finde ich nicht im Sinne des Erfinders. Gemäss Elektropartner wäre dies bei einem DC-gekoppelten System möglich.

 

Fazit

 

Dank guten Produkten auf dem Markt ist es heute auch im privaten Umfeld möglich, eine Speicherlösung zu realisieren. Es ist ein tolles Gefühl, wenn am Abend das Licht brennt, weil die überschüssige Sonnenenergie lokal gespeichert werden konnte. Die API-Schnittstelle, über die die Wechselrichter verfügen, bieten zusätzlich interessante Möglichkeiten für eine Anbindung von Drittkomponenten. Dank eines webbasierten Frontends lässt sich Produktion und Verbrauch sehr einfach ermitteln, bzw. der Verbrauch ideal steuern. Es ist am effizientesten, wenn die produzierte Energie direkt verbraucht wird, sprich die Haushaltsgeräte bei Sonnenschein genutzt werden.

 

Das AC-gekoppelte System erachte ich als grossen Nachteil. Ich bin überzeugt, dass sich der Wirkungsgrad mit einer DC-Kopplung bis zu 10 % erhöhen liesse, da zwei Umwandlungen entfallen. Ich störe mich daran, dass fast ein Viertel der selbst produzierten Sonnenenergie aufgrund der Verluste verloren geht. Ich werde nun mit dem Elektropartner nach Optimierungslösungen suchen, z. B. einen String direkt an den SYMO HYBRID 4.0-3-S anschliessen, ganz analog dem Konfigurationsschema. Nebst besserem Wirkungsgrad könnte dadurch auch bei einem längeren Stromunterbruch – Blackout – die Sonnenenergie genutzt oder die Batterie geladen werden. Die willkürlichen, zyklischen Ladungen liessen sich sicherlich softwaretechnisch in die Nacht verschieben. 

 

Infoservice

 

Hardware + Software ingenieurbüro Giger GmbH Kirchgasse 13, 8880 Walenstadt

Tel. 081 733 17 77

michael.giger@hsig.ch, www.hsig.ch