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Virtual Reality – gefahrlos ins Tal sausen

Die Geschichte von Film- und Tonwiedergabe hat seit dem Kinetoskop aus dem Labor von Thomas Alva Edison im 19. Jahrhundert eine spannende Entwicklung durchlaufen – von Schwarz-Weiss-Filmen, Audio-wiedergaben, Farbfilmen bis hin zum 3D-Fernsehen. Seit wenigen Jahren scheint die Virtuelle Realität, kurz VR, regelrecht zu boomen. Die Technologie ist noch jung, das Potenzial enorm.

 

Beim klassischen Multimediaerlebnis sitzen Personen vor einem Bildschirm und betrachten das Geschehen aus Distanz. Dies ist ganz anders bei VR, als Benutzer ist man plötzlich mittendrin. Die Umgebung wird in Kombination mit Audio kaum mehr wahrgenommen.

 

Seit einigen Jahren forschen, entwickeln und arbeiten Firmen wie Oculus VR, HTC und PIMAX an VR-Brillen und Trackingsystemen für die Wiedergabe von 360°-Filmen sowie Szenen aus Computerspielen. Das Erlebnis der virtuellen Realität ist bereits mit den verfügbaren Produkten beeindruckend und wird sich mit zunehmender Auflösung und einem grösseren Sichtfeld weiter verbessern.

 

Bewegungssysteme für Personen

 

Schon lange vor den Entwicklungen im VR-Bereich entwickelte man Bewegungssimulatoren. Diese Systeme sind im Grunde genommen Roboter, welche sich je nach Konstruktionsweise für bemannte Bewegungssimulationen eignen. Bewegungssimulationen haben sich bereits in vielen Bereichen etabliert. Die Kombination mit VR ist ein neues Gebiet welches die Immersion auf ein ganz neues Level bringt.

 

Motion Cueing – Stimulierung der menschlichen Wahrnehmung

 

Simultane visuelle, auditive und kinetische Eindrücke sollen dem Menschen eine möglichst realitätsnahe Umgebung bieten. In Realität bewegen sich beispielsweise Flugzeuge in einem grossen Raum. Des Weiteren können grosse Beschleunigungen auftreten. Die grosse Herausforderung ist es nun, in dem begrenzten Bewegungsraum des Simulators die Bewegungsreize des Menschen so zu stimulieren, dass es sich echt anfühlt. Schwächen des Menschen werden gezielt genutzt um dies zu erreichen. Das sogenannte Motion Cueing ist ein Algorithmus, welcher mittels mathematischer Modelle der menschlichen Wahrnehmung den Bewegungsablauf des Simulators steuert. Die Modellierung der Wahrnehmung selbst ist ein hochinteressantes Forschungsgebiet. Bekannte Forschungseinrichtungen wie beispielsweise das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik erarbeiten Verständnis der Signal- und Informationsverarbeitung im Gehirn, der Rechenzentrale, dort wo Sinneseindrücke verarbeitet werden.

 

Echtzeitphysiksimulation in Computerspielen

 

Grundlage für die Bewegungssimulation sind die Bewegungsdaten. Die heutigen Plattformen für die Entwicklung von Computerspielen unterstützen bereits sehr aufwendige Physiksimulationen in Echtzeit. Die sogenannte Physics Engine wird von Computerspielen genutzt, um die Physik von Mehrkörpersystemen, Kollisionsdetektion und Fluiddynamik nummerisch in Echtzeit auf Grafikkarten zu berechnen. Dank präziser Physiksimulationen ist es überhaupt erst möglich zu berechnen, wie sich simulierte Objekte bewegen und was der Mensch bei diesen Bewegungen wahrnimmt.

 

Moderne Computerspiele wie beispielsweise der Flugsimulator Aerofly berechnen nebst brillanter Grafik eine realitätsgetreue Flugdynamik. Es wäre vermutlich falsch hier einfach von Spielen zu reden – dies ist vielmehr state-of-the-art numerische Physiksimulation.

 

Ein immersives Erlebnis

 

Der Zuschauer ist mit VR nicht mehr eine Drittperson aus Distanz, sondern mitten in der Szene. Die Entwicklungen der Bewegungs-simulation verfolgen das Ziel, dem Menschen auf einem weiteren Wahrnehmungskanal ein realitätsnahes Umfeld zu schaffen. Wenn alle Sensoren der menschlichen Wahrnehmung das wahrnehmen, was sie auch in Realität würden – lässt sich das noch unterscheiden?

 

Der virtuelle FLOOMZER

 

Das Institut für Kommunikationssysteme (ICOM) an der HSR Hochschule für Technik Rapperswil entwickelt in Zusammenarbeit mit VRMotion GmbH und Brunner Elektronik alles rund um Bewegungssimulation. Dazu gehört eine äusserst dynamische Bewegungsplattform, Algorithmen zur wahrnehmungsoptimierten Steuerung von Bewegungen und verschiedene Verfahren zur Aufnahme und Wiedergabe von 360°-Filmmaterial in Kombination mit Bewegung. Existierende Aufnahmeverfahren zeichnen Video und Audio auf, an der HSR erweitern wir diese Technologie mit einer Aufzeichnung der Bewegung. Weiter hat das Team ein Verfahren entwickelt, welches ermöglicht, in Echtzeit Bewegungsdaten aus existierenden Videos zu rekonstruieren. So kann jedermann beispielsweise das 360°-Video der FLOOMZER-Rodelbahn auf Youtube abspielen und eine rasante Abfahrt mit Rundumsicht und Bewegung erleben.

 

Play, Train, Succeed – mehr als nur Unterhaltung

 

Die Zielsetzungen der Entwicklung im Bereich Bewegungssimulation mit VR gehen über den reinen Unterhaltungszweck hinaus. Eine derartige Plattform lässt sich durch die realitätsnahe Simulation sehr gut als Trainingsinstrument einsetzen. Sehr gut denkbar sind Ausbildungsflüge und Prozedurentrainings für die Luftfahrt und Fahrstunden im Strassenverkehr. Dies bringt nicht nur eine Kostenreduktion, sondern erlaubt eine einheitliche und strukturierte Ausbildung, ein Überwachen des Trainingsfortschritts und ein breites Spektrum an Trainingsvarianten, was letztlich zu mehr Sicherheit führt.

 

Der Virtual FLOOMZER wird am 8. November 2017 im Rahmen des traditionellen FAEL-Herbstseminars zum Thema «Game Design» gezeigt und kann vor Ort ausprobiert werden. Wir freuen uns auf Ihren geschätzten Besuch. 

 

Flyer und Anmeldung FAEL-Herbstseminar: 16_17.50.pdf

 

Infoservice

 

ICOM Institut für Kommunikationssysteme

Oberseestrasse 10, 8640 Rapperswil

Tel. 055 222 45 95

icom@hsr.ch, www.icom.hsr.ch