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Grosse Chancen durch Miniaturisierung

Am Anfang steht oft eine konkrete Herausforderung auf Kundenseite: Ein Fertigungsprozess funktioniert nicht wie erwartet, wichtige Produktspezifikationen können nicht mehr eingehalten werden oder eine neue Idee soll erstmalig in die Tat umgesetzt werden. Hier kommt die Hochschule NTB ins Spiel und bietet dem Industriepartner Unterstützung auf konzeptioneller Ebene sowie bei der tatsächlichen Umsetzungsarbeit.

 

Am Institut für Mikro- und Nanotechnologie (MNT) der Interstaatlichen Hochschule für Technik NTB werden wir mit äusserst vielfältigen Fragestellungen konfrontiert, die wir typischerweise mit Lösungskonzepten und Verfahren aus dem Bereich der Mikrotechnik zu beantworten versuchen. Beispielsweise benötigen moderne Maschinen und Apparaturen eine ständig steigende Zahl an Sensoren, mit denen Abläufe überwacht und die Funk-tionstüchtigkeit sichergestellt werden kann. In zunehmendem Masse lässt sich ein beträchtlicher Teil dieser Sensoren mit Hilfe mikrotechnischer Verfahren sehr klein und günstig herstellen. Möglich ist dies vor allem durch die Verwendung waferbasierter Planarprozesse, meist unter Verwendung von Silizium als Grundmaterial, mit denen sich komplette Mikrosysteme, bestehend aus mikromechanischen, mikroelektronischen oder mikrooptischen Bauelementen, herstellen lassen.

 

Integration unterschiedlicher Funktionen zu einem Gesamtsystem

 

Diese Mikrosysteme, im Englischen auch Microelectromechanical Systems (MEMS) genannt, bieten aufgrund der starken Miniaturisierung deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen makroskopischen Bauteilen. Sie ermöglichen die volumen- und gewichtsreduzierte, zuverlässige Integration unterschiedlicher Funktionalitäten zu einem zusammenhängenden Gesamtsystem, bei stark reduzierten Herstellungskosten pro Bauteil.

 

Die Verfügbarkeit solcher MEMS-Bausteine ist ein wichtiger Treiber für die Realisierung smarter Systeme und deren intelligente Vernetzung bis hin zum Aufbau einer vollautomatisierten und vernetzten Fertigungs- und Logistikplattform im industriellen Umfeld.

 

Reinrauminfrastruktur und ­Prozesstechnik

 

Das Institut MNT verfügt über eine moderne Infrastruktur für Design und Herstellung sowie für Test und Charakterisierung solcher MEMS-Bausteine. Speziell eingerichtete Reinräume mit einer Gesamtfläche von ca. 600 m2 beherbergen die Prozessanlagen für Lithografie, Ätzen (plasmabasiert und nass-chemisch), Beschichten und Waferbonden. Diese Reinräume erfüllen je nach Aufgabenbereich die Partikelspezifikation ISO 5 bis 7. Zusätzlich werden Temperatur und Feuchtigkeit in einem engen Toleranzbereich gehalten.

 

Der überwiegende Teil der Reinraumfläche befindet sich in einem Neubau, der 2016 eingeweiht wurde. Dort stehen Prozessanlagen, die zu einem grossen Teil Wafer bis 200 mm aufnehmen, was vielerorts zum Standard im MEMS-Bereich geworden ist. Auf diese Weise können wir mit einer breiten Palette an Industriepartnern kooperieren. In der Beschichtungstechnik verfügen wir seit kurzem über eine Anlage zur plasmaunterstützten chemischen Gasphasenabscheidung (PECVD) der Firma Oxford Instruments. Dort lassen sich Standardschichten wie Siliziumoxid, Siliziumnitrid und amorphes Silizium bei niedrigen Prozesstemperaturen, aber auch nanostrukturierte Materialien bis hin zu Graphen bei hoher Temperatur (Tmax = 1200 °C) abscheiden. Für die physikalische Gasphasenabscheidung (PVD) stehen eine Aufdampfanlage sowie mehrere Sputteranlagen zur Verfügung. Eine moderne Magnetron-Sputteranlage der Firma Evatec erlaubt sowohl Kosputtern als auch reaktives Sputtern. Auf dieser Anlage lassen sich Mehrschichtsysteme, spezielle Funktionsschichten, aber auch einfache Metalle und Dielektrika abscheiden.

 

Tiefes Silizium-Ätzen bei Wafern mit bis zu 200 mm Durchmesser

 

Das kontrollierte Ätzen von Silizium ist ein zentraler Prozess in der MEMS-Technik. In einem für Plasmaprozesse reservierten Reinraum verfügt das Institut MNT über eine Anlage zum tiefen Silizium-Ätzen (engl. DRIE) der Firma SPTS. So lassen sich aus dem Wafermaterial selbst oder aus abgeschiedenen Siliziumschichten z.B. bewegliche und elektrostatisch aktive Komponenten herstellen. Soll ein Wafer an vorgegebenen Stellen komplett durchgeätzt werden, so lässt sich das bei einer typischen Scheibendicke in ca. einer Stunde durchführen. Auf allen drei genannten Anlagen können Wafer bis zu einem Durchmesser von 200 mm prozessiert werden.

 

Die MEMS-Technik erlaubt die Herstellung vielfältiger Sensoren zum Erfassen wichtiger physikalischer Messwerte entlang der gesamten Handlungskette einer Firma. Ebenso können kleine Mikroaktuatoren gefertigt werden, mit denen aktiv in die Umgebung eingegriffen werden kann. Autonome Fluggeräte profitieren beispielsweise in grossem Mass von der Verfügbarkeit sehr kleiner und leichter Bewegungssensoren und weiterer Mikrobausteine, die sehr genaue Informationen über den aktuellen Flugzustand liefern und so die präzise Kontrolle über das Fluggerät erlauben.

 

Sensoren, Aktoren und Packaging

 

Einen mit Hilfe des DRIE-Verfahrens hergestellten Beschleunigungssensor zeigt Bild 1. Zu erkennen ist die Testmasse dieses Sensors anhand des Lochrasterfeldes in der Bildmitte. Die Löcher ermöglichen das Herauslösen des Opferschichtmaterials aus dem Bereich unterhalb der Testmasse. Dieser Bewegungssensor zeichnet sich durch eine besonders dicke Funktionsschicht aus. Mit dem gleichen Fertigungskonzept lassen sich auch Drehratensensoren, Kraftsensoren, Mikroschalter und zahlreiche weitere Mikrobausteine herstellen.

 

Essentiell für das spätere Überleben eines Mikrobauteils ist seine sachgerechte Einhausung. Das Packaging muss einerseits die jeweils erforderliche mechanische, elektronische, optische bzw. anderweitige Ankopplung an die Umgebung gewährleisten, und andererseits dafür sorgen, dass der Chip vor schädlichen Umwelteinflüssen geschützt ist. Das Packaging macht häufig einen recht gros-sen Teil der Gesamtkosten aus.

 

Es sind speziell die Nicht-Standard-Aufgaben im Bereich Packaging, auf die wir uns spezialisieren: Besondere Materialanforderungen, geringer Platzbedarf, hermetische Verkapselung – jeder Kunde bringt seine besonderen Herausforderungen mit.

 

Test und Charakterisierung

 

Alle MEMS-Bausteine müssen am Ende getestet und ausreichend charakterisiert werden, um die Funktionstüchtigkeit nachzuweisen und mögliche Fehlerquellen beheben zu können. Durchgeführt werden am Institut je nach Anforderung elektrische, mechanische, thermische oder optische Tests. Zur strukturellen Charakterisierung wird an erster Stelle das Rasterelektronenmikroskop eingesetzt. Auch Fremdmuster können auf diese Weise untersucht werden.

 

Bild 3 zeigt einen Ausschnitt aus dem Mikrospiegelfeld eines optischen Chips von Texas Instruments. Jeder einzelne Spiegel aus dem Array kann elektrostatisch zwischen zwei Endstellungen hin- und hergeklappt werden. Bild 4 eignet sich, um die Qualität der Drahtbonds vom Chip zum Träger zu beurteilen. Chips mit Mikrospiegelfeldern von Texas Instruments kommen in hochwertigen Beamern zum Einsatz. Mit Hilfe des am Institut vorhandenen analytischen Geräteparks (REM, AFM, XRD, XRR, WLI usw.) lässt sich die Funktionsweise und das Herstellverfahren vieler MEMS-Bausteine recht genau aufklären.

 

Zusammenarbeit mit der Industrie

 

Interessierte Industriepartner finden über Bachelor- oder Masterarbeiten immer wieder sehr gut den Weg zu uns. Diese Arbeiten weisen eine relativ niedrige Einstiegsschwelle auf. Zugriff auf das Stammpersonal des Instituts hat der Industriekunde bei direkt finanzierten Projekten und bei vom Bund geförderten Arbeiten. Darüber hinaus beteiligt sich das Institut MNT an regionalen und europäischen Projekten mit Industriebeteiligung.

 

Rund 30 Mitarbeitende aus Wissenschaft und Ingenieurswesen arbeiten am Institut und bringen zum grossen Teil langjährige Erfahrung in das Team. In unserem Reinraum beherbergen wir auch Anlagen von Partnerfirmen. Bei Bedarf stellen wir gerne Reinraumfläche für Versuchsaufbauten und Gerätetests zur Verfügung. 

 

Infoservice

 

NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs

Institut für Mikro- und Nanotechnologie (MNT)

Werdenbergstrasse 4, 9470 Buchs

Tel. 081 755 34 68

www.ntb.ch/fue/institute/mnt/infrastruktur