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Waferkosten deutlich senken – Halbleiterindustrie kann aufatmen

Im Jahr 2016 erreichte der weltweite Verkauf von Halbleitern einen Wert von 339 Mrd. Dollar. Und im selben Jahr bezahlte die Halbleiterindustrie 7,2 Mrd. Dollar für Wafer, die als Substrat für Mikroelektronikkomponenten dienen, wie zum Beispiel Transistoren, LEDs und andere Elektronik- und Photonikbauelemente.

 

MIT-Forscher um Professor Jeehwan Kim entwickelten ein sehr interessantes Fertigungsverfahren, das die Gesamtkosten der Wafertechnologie nicht nur erheblich senkt, sondern nunmehr auch andere exotische Halbleitermaterialien als nur Silizium mit ins Spiel bringen könnte.

 

Graphen ist elektrisch unsichtbar

 

Das in «Nature» beschriebene Verfahren verwendet Graphen als eine Art Kopierer, um die komplizierten kristallinen Strukturen von dem zugrunde liegenden Wafer zu einer Deckschicht aus identischem Material zu übertragen. Die Forscher entwickelten ein sorgfältig abgestimmtes Herstellungsverfahren, um ein einzelnes Graphenblatt auf einen teuren Wafer zu platzieren. Dann züchteten sie Halbleitermaterial auf der Graphenschicht.

 

Es stellte sich heraus, dass das Graphen dünn genug ist, um elektrisch unsichtbar zu sein. Dadurch konnte die oberste Schicht gewissermassen durch das Graphen hindurch auf den kristallinen Wafer «sehen» und dessen Strukturen «übernehmen», ohne vom Graphen beeinflusst zu werden.

 

Graphen ist neben seinen guten elektrischen Eigenschaften auch noch relativ schlüpfrig und haftet nicht so ohne Weiteres an anderen Materialien. Dadurch konnten die Wissenschaftler die oberste Halbleiterschicht nach dem Prägevorgang ganz einfach ablösen.

 

Graphen lässt sich leicht ablösen

 

Assistenzprofessor Jeehwan Kim weist darauf hin, dass bei der herkömmlichen Halbleiterfertigung zwischen dem Wafer und den Halbleiterstrukturen sehr starke Verbindungen entstehen, die eine Trennung der Schichten ohne Schäden fast unmöglich machen. Laut Kim können die Halbleiterhersteller nunmehr Graphen als Zwischenschicht verwenden, um den Wafer zu kopieren, den Film vom Wafer zu trennen und den Wafer mehrere Male zu nutzen.

 

Nach Ansicht der Forscher werden durch dieses neue Verfahren die Waferkosten signifikant gesenkt und es bietet sich zudem die Möglichkeit, auch andere exotischere Materialien bei diesem Verfahren einzusetzen. Seit der Entdeckung von Graphen in 2004 werden dessen elektrische Eigenschaften weltweit intensiv untersucht. Die Kim-Gruppe konzentrierte sich aber auf die mechanischen Eigenschaften dieses Materials.

 

Neue Ablösetechnik bietet auch Vorteile für flexible Elektronik

 

Prof. Kim: «Wir sind von Graphen überzeugt, weil es sehr robust, extrem dünn ist, und in der horizontalen Richtung sehr starke Atombindungen aufweist. Interessanterweise hat Graphen aber auch sehr schwache Van-der-Waals-Kräfte – das bedeutet, dass es mit keinem Material vertikal reagiert. Dadurch ist die Graphenoberfläche sehr schlüpfrig.»

 

Die ultradünne Graphenschicht mit ihren dem Teflon ähnlichen Eigenschaften lässt sich nunmehr zwischen Wafer und Halbleiterschicht einfügen und bietet so eine kaum wahrnehmbare und nicht haftende Oberfläche, durch die sich die Atome des Halbleitermaterials entsprechend den Strukturen der Waferkristalle reorganisieren können.

 

Das Forscherteam nennt das neue Verfahren «Remote Epitaxy», mit dem sich auch andere Wafer- und Halbleiterarten bearbeiten liessen. Zu den weiteren getesteten Materialien gehörten unter anderem Indiumphosphid, Galliumarsenid und Galliumphosphid, die bis zu 100-mal teurer als Silizium sind. Die Forschergruppe weist noch darauf hin, dass die neue Ablösetechnik auch Vorteile für den Bereich der flexiblen Elektronik bietet. Die Gruppe demonstrierte diese Vorteile mit der Fertigung eines flexiblen LED-Displays. Sogar Multimaterialstrukturen werden untersucht. 

 

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