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Wie geht es der Batterie?

Alternde Li-Io-Batterien verlieren ihre Leistungsfähigkeit. Wie schnell und in welchem Umfang das geschieht, konnte man bisher nur unter Laborbedingungen ermitteln. Ein Verfahren der TU Chemnitz er­leichtert es nun, den «State of Health» und das «Remaining Useful Life» von Lithium-Ionen-Batterien zu beurteilen. Der Forschungspartner Rutronik unterstützt die Universität von Seiten der Industrie.

 

Lithium-Ionen-Batterien haben sich in vielen Anwendungen als Energiespeicher der Wahl etabliert, etwa in konventionellen Autos als Starterbatterie, aber vor allem auch in Elektrofahrzeugen, in Medizinanwendungen, professionellen Werkzeugen, mobilen Robotern und USV. Bei allen Anwendungen bestimmt der Zustand der Batterie massgeblich die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems. Betrachtet man Elektroautos, hängen die Hauptverkaufsargumente – allen voran die Reichweite, aber auch die Beschleunigung – von der Batterie ab. Bei sicherheitsrelevanten Anwendungen, wie Back-Up oder mobile medizinische Anwendungen (z. B. Defibrillatoren), ist es essenziell zu wissen, ob die Batterie bei Bedarf die benötigte Energie liefert.

 

Alterungszustand der Batterie ­schwierig zu bestimmen

 

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit einer Li-Ion-Batterie ist neben dem gegenwärtigen Ladezustand (State of Charge, SoC) in erster Linie das Alter der Batterie. Aufgrund komplexer chemischer Reaktionen im Inneren der Batterie nimmt die nutzbare Kapazität mit der Zeit ab, ihr Gesundheitszustand (State of Health, SoH) sinkt. Der SoH gibt das Verhältnis der aktuell maximal nutzbaren Kapazität zur Nennkapazität an, d. h. eine 100-Ah-Batterie mit einem SoH von 80 % hat eine Restkapazität von 80 Ah.

 

Wie schnell eine Batterie bzw. die einzelnen Zellen eines Batteriepacks altern, kann nur sehr schwer bestimmt oder vorhergesagt werden. Zum einen lässt sich die Kapazität nicht unmittelbar messen, zum anderen wird der Alterungsprozess durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst, z. B. durch die individuelle Beschaffenheit der Batterie, das Ladeverhalten und die Temperatur.

 

Die Bestimmung des SoH ist jedoch entscheidend, um das Lebensende der Batterie vorherzusagen. Dieses liegt je nach Anwendung bei einem SoH von 70 bis 80 %. Häufig geht die Batterie dann vom «first life» in ihr «second life» über, d. h. sie kommt in einer Anwendung zum Einsatz, die eine geringere Kapazität erfordert. So dienen beispielsweise Batterien von Elektroautos in ihrem zweiten Leben als stationäre Energiespeicher für Photo­voltaikanlagen. Die verbleibende Nutzungszeit in der jeweiligen Anwendung wird als «Remaining Useful Life» (RUL) bezeichnet.

 

Selbst aufwendige Verfahren liefern oft nur unzuverlässige Prognosen

 

Da eine einfache Messung der Restkapazität zur Bestimmung des SoH und RUL nicht möglich ist, kommen derzeit relativ aufwendige und teils ungenaue Verfahren zum Einsatz: Bevor die Batterie verbaut wird, erhebt man im Labor umfangreiche Daten, um den jeweiligen Batterietyp zu charakterisieren. Mit Hilfe algorithmischer Berechnungen wird daraus ein Look-up-table oder ein Modell abgeleitet, das die Batterie in definierten Arbeitspunkten und Anwendungen beschreibt. Diese Daten werden im Batteriemanagementsystem hinterlegt und das Lebensende wird lediglich durch Vergleich mit den gespeicherten Daten prognostiziert. Der tatsächliche Zustand der Batterie im Betrieb wird gar nicht mehr gemessen. Damit bleibt die Datengrundlage für das Batteriemanagementsystem sehr vage und ungenau.

 

Häufig kommt ein Coulomb-Zähler zum Einsatz, der die eingespeiste Ladung misst und die entnommene Ladung davon abzieht, um auf die Kapazität zu schliessen. Diese Daten werden mit dem Modell abgeglichen, um daraus Rückschlüsse auf den SoH und das RUL zu ziehen. Doch auch diese Methode liefert nur relativ ungenaue Werte, d. h. das festgelegte Lebensende kann hier ebenfalls deutlich vom tatsächlichen abweichen.

 

Die Folge: Um die garantierte Lebensdauer sicher zu stellen, müssen Hersteller als Sicherheitspuffer mehr Batteriezellen in das Gerät bzw. Fahrzeug einbauen als nötig. Alternativ müssen sie die Werte, die vom Zustand der Batterie abhängen, niedriger angeben, z. B. bei einem Elektrofahrzeug die Reichweite und die Garantiezeit für die Batterie. In beiden Fällen bedeutet das: Die Kapazität der Batterie wird nicht vollständig genutzt.

 

Dank TU Chemnitz und Rutronik lassen sich Batterien komplett nutzen

 

Um die Ausnutzung von Li-Ion-Batterien signifikant zu steigern, hat die Professur Mess- und Sensortechnik der TU Chemnitz ein Verfahren entwickelt, mit dem eine präzise Batteriediagnose während des Betriebs innerhalb weniger Minuten durchgeführt werden kann. Damit liefert es online verlässliche Aussagen zum SoH und RUL der Batterie.

 

Rutronik unterstützt die Forschungsarbeiten im Rahmen von Partnerschaften mit Master- und Bachelorarbeiten und der Bereitstellung von elektronischen Bauteilen und Entwicklungswerkzeugen. Als offizieller Distributionspartner und Lieferant von Li-Ionen-Batterien des Herstellers Samsung SDI ist Rutronik eng mit dem Batteriehersteller verknüpft und somit ein idealer Forschungspartner im gegenseitigen Know-how-Transfer rund um die Batteriezellen und Batteriemanagementsysteme. Die Professur für Mess- und Sensortechnik entwickelt Messsysteme basierend auf der Impedanzspektroskopie. Damit lassen sich die batterieinternen Prozesse, wie Ladungstransfer, Elektrodendegradation oder Diffusion messen und bewerten. Hierfür wird die Batterie mit variierendem Wechselstrom angeregt. Die dadurch resultierende Batteriespannung lässt sich mit dem anregenden Strom zur Impedanz verrechnen und daraus Rückschlüsse auf den Zustand der Batterie ziehen.

 

Vom Labor zum mobilen Messsystem

 

Da die Impedanz bei aktuellen Li-Io-Zellen kleiner als 1 mΩ sein kann, muss sowohl das Messverfahren als auch die eingesetzte Hardware besondere Anforderungen erfüllen. Wegen der extrem niedrigen Impedanzwerte, aber auch aufgrund niedriger Frequenzen und einem weiteren Frequenzbereich, sind kostenintensive, präzise Messgeräte notwendig, zudem leistungsfähige Geräte mit grossem Speicher, um präzise, dynamische Signale erzeugen zu können. Deshalb kommt das Verfahren bislang ausschliesslich im Labor zum Einsatz, wo der Prozess in der Regel von einem Ingenieur überwacht wird.

 

Um die Impedanzspektroskopie auch für mobile Systeme nutzbar zu machen, haben die Wissenschaftler der TU Chemnitz die Methodik zur Erzeugung des notwendigen Signals so optimiert, dass ein Chip mit begrenztem Speicher und relativ geringer Rechenleistung das Verfahren ohne zusätzliche Signalgeneratoren abbilden kann. Als Stromquelle nutzen sie die Batterie selbst oder die Energie aus einem anderen Stack und reduzieren damit den notwendigen Hardwareaufwand enorm.

 

Kleinere Batteriesysteme zu tieferen Preisen

 

Um die Messzeit zu reduzieren, mussten wegen des grossen Frequenzbereichs multispektrale Methoden eingesetzt werden. Durch neuartige Algorithmen können sämtliche Berechnungen simultan zur Messung erfolgen. So konnte der Speicher des Controllers zur Zwischenspeicherung der Messdaten auf unter 500 kByte reduziert werden. Zudem konnte die Messdauer auf rund 5 min gesenkt werden. Dies ermöglicht die Wiederholung der Messungen während des Betriebs in definierten Zyklen, z. B. in bestimmten Betriebszuständen. Mit diesen Merkmalen trägt die Methodik auch den Anforderungen der Entwicklung für Steuergeräte im Automotive-Bereich Rechnung. Mit der an der Professur für Mess- und Sensortechnik entwickelten Prototypenhardware können vier Batteriezellen gleichzeitig diagnostiziert werden, die Hardware lässt sich jedoch prinzipiell beliebig auf grössere Systeme skalieren. Ausserdem erfüllt die Lösung weitere Anforderungen der Zielanwendungen: Sie ist nicht nur klein, sondern auch robust und günstig mit einem Embedded-Mikrocontroller umsetzbar.

 

Mit den so erzielten Messergebnissen können Batterien bis zu ihrem tatsächlichen Lebensende vollständig genutzt werden. Damit ergibt sich für die Hersteller die Chance, die Reichweite ihres Elektroautos zu erhöhen, die Garantie für ihre Batterien zu verlängern oder auch die Batteriesysteme kleiner und damit preiswerter auszulegen – je nach Geschäftsmodell. 

 

Infoservice

 

Rutronik Elektronische Bauelemente AG

Brunnenstrasse 1, 8604 Volketswil

Tel. 044 947 37 37, Fax 044 947 37 47

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