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Mechatronische Disziplinen im Verbund

Die Welt der Mechatronik ist im Umbruch. Moderne Produktions- und Transportanlagen sind zu hoch- integrierten mechatronischen Systemen mit einem erheblichen Anteil an Embedded Software geworden und kommunizieren – ganz im Sinne von Industrie 4.0 – über das industrielle Internet miteinander. Dies erfordert die Kollaboration verschiedener mechatronischer Disziplinen.

 

Der Wandel zu Industrie 4.0 zwingt Ingenieure aus allen drei mechatronischen Disziplinen – Maschinenbau, Elektrotechnik und Softwareentwicklung – dazu, parallel zueinander zu arbeiten. Sie müssen Entwicklung, Test und Verifikation von Maschinensoftware so weiterentwickeln, dass sie am Ende die geforderte Funktionalität und Qualität erzielen.

Maschinenbauer müssen Softwareentwicklung verstehen

Softwarekomponenten sind verantwortlich für einen massgeblichen Anteil der Wertschöpfung einer Maschine oder Produktionsanlage, mit einem deutlichen Aufwärtstrend. Auf Industriesteuerungen (SPS), Industrie-PCs oder FPGAs laufende Embedded Software enthält Reglerkomponenten, die die geforderte Produktqualität sicherstellen, Predictive-Maintenance-Algorithmen, die längere Laufzeiten ohne Serviceeingriff erlauben, Überwachungslogiken (in vielen Fällen sogar mit sicherheitskritischen Aufgaben) für Zustandsmaschinen und für die Fehlerbehandlung, automatische Berechnung optimierter Bewegungstrajektorien und vieles mehr.

Angesichts einer stetig wachsenden Codebasis müssen klassische Maschinenbauer im Zeitalter von Industrie 4.0 ihre internen Softwareentwicklungsfähigkeiten ausbauen, was nicht zu ihren typischen Stärken gehört. Ihre Expertise liegt bisher eher im mechanischen Bereich; hier verfügen sie über ausgereifte Workflows und Toolketten für die Konstruktion von Maschinen – in der Softwareentwicklung dagegen stützen sie sich auf konventionelle Methoden für die Programmierung und das Testen direkt an der Anlage. An dieser Stelle arbeiten andere Branchen, die wie die Luft- und Raumfahrt oder die Automobilindustrie in der Vergangenheit bereits auf eine sprunghaft ansteigende Softwarekomplexität reagieren mussten, schon lange mit Modellierung und Simulation sowie automatischen Tests und Codegenerierung. Obwohl es heute für jeden Maschinenbauer selbstverständlich ist, mit einem CAD-Tool zu arbeiten und Simulationen durchzuführen, bevor er die mechanische Struktur einer Maschine physisch aufbaut, liegt der Fall bei Embedded Software (noch) vollkommen anders. Der Grossteil aktueller Maschinensoftware wird immer noch manuell programmiert und erst dann – mehr oder weniger – umfassend getestet, wenn die Maschine physikalisch fertiggestellt ist.

Aus Daten müssen wertvolle Informationen werden

Ein anderer zentraler Aspekt von Industrie 4.0 ist die wachsende Datenmenge. Vision-Sensoren, elektrische und hydraulische Antriebe, Produktionsmaschinen und ganze Kraftwerke – sie alle sammeln während ihres Betriebs immer mehr Messdaten. Daten einfach nur zu sammeln, schafft allerdings keinerlei Mehrwert. Der eigentliche Schatz ist die in den Daten versteckte Information über Produktqualität, Energieverbrauch, Maschinenzustand und andere wirtschaftlich relevante Parameter.

Hier kommen analytische und statistische Algorithmen für die Zustandsüberwachung und die prädiktive Wartung (Predictive Maintenance) ins Spiel, welche die gesammelten und in Dateien, Datenbanken oder in der Cloud gespeicherten Messdaten analysieren und so Einblicke geben, die konkrete Massnahmen erlauben. Noch einen Schritt weiter geht die modellbasierte prädiktive Wartung (Model-Based Predictive Maintenance), bei der ein Beobachtermodell installiert ist, das aus den Messwerten auch den Zustand von Grössen ermitteln kann, die nicht direkt messtechnisch erfasst werden – und so hilft, teure und fehleranfällige Sensorik einzusparen.

Maschinenbauer müssen neue Entwicklungsmethoden erschliessen

Ermöglicht wird die dafür nötige Menge an Messdaten durch leistungsfähige Sensorhardware, die auf engstem Raum und unter rauen Bedingungen komplexe Algorithmen ausführt und die – zum Teil bereits vorverarbeiteten – Ergebnisse an die Steuerung oder eine andere zentrale Datensammelstelle weitergibt. Keiner dieser Sensoren agiert dabei nur für sich; sie alle zusammen bilden ein dichtes Netzwerk, das industrielle Internet der Dinge oder Industrial Internet of Things (IIoT). Die Bereitstellung solcher aufwendiger Sensornetzwerke stellt eine zentrale Voraussetzung für die Realisierung der Effizienz-, Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile dar, welche Industrie 4.0 verspricht. Der Schlüssel zu einer Position als Innovations- und Marktführer liegt in der Frage, wie rasch Maschinenbauer in der Lage sind, neue Entwicklungsmethoden und Technologien für sich zu erschliessen.

Da Maschinenbauer in der Regel keine ausgesprochenen Softwareingenieure sind, profitieren sie hier gleich mehrfach von den Vorteilen von modellbasierter Entwicklung mit MATLAB und Simulink. Neben der Möglichkeit, Modelle ihrer Komponenten-, Maschinen- und Anlagensoftware modular zu entwickeln, zu simulieren und hardwareunabhängig zu testen, steht ihnen die automatische Codegenerierung zur Verfügung, mit der Algorithmen per Knopfdruck auf spezifische Hardware implementiert werden.

Manuell implementierte Funktionen können Probleme bereiten

Modelle gestatten den intuitiven und übersichtlichen Aufbau aus vordefinierten Bausteinen und die durchgehende Verifikation. Designfehler werden bei diesem Ansatz bereits auf der Modellebene behoben, sodass sich Entwicklungszyklen deutlich verkürzen. Im Anschluss daran folgt die Implementierung, die mit traditionellen Methoden eine besondere Hürde darstellt.

In der Vergangenheit mussten Algorithmen typischerweise manuell von ausgewiesenen Experten in IEC 61131-3, C/C++, VHDL oder Verilog entwickelt werden. Diese Vorgehensweise ist nicht nur aufwendig, sondern auch fehleranfällig und insbesondere der steigenden Komplexität von Algorithmen nicht mehr angemessen. Manuell implementierte Funktionen, die bereits durch Simulationen verifiziert wurden, verhalten sich unter Umständen nicht mehr so wie vorgesehen, enthalten Fehler und verursachen damit Lieferverzögerungen und Probleme im Feld.

Automatische Codegenerierung vermeidet Fehler

Wird die Echtzeitfunktionalität dagegen mit Hilfe von automatischer Codegenerierung direkt aus dem Simulationsmodell generiert, lassen sich diese Fehlerquellen vermeiden. Der getestete Algorithmus wird dazu mit dem Simulink PLC C oder in IEC 61131-3, mit dem Embedded Coder in echtzeitfähigen C- oder C++-Code oder mit dem HDL Coder in VHDL- oder Verilog-Code übersetzt. Das spart nicht nur Zeit, sondern erlaubt auch die Schaffung innovativer Lösungen in kleinen Entwicklerteams, wie sie für den Maschinenbau mit seinen vielen KMU typisch sind. Model-Based Design mit automatischer Codegenerierung ermöglicht es den Ingenieuren, ihre eigentliche Expertise im Bereich der Konstruktion für den Aufbau einer Maschine oder Anlage voll auszunutzen, ohne sich mit den Details der dazu erforderlichen Programmiersprachen auseinandersetzen zu müssen.

Fazit

Um im globalen Konkurrenzkampf zu bestehen, müssen Firmen attraktivere Produkte anbieten können, die gleichzeitig effizienter und günstiger entwickelt und produziert werden. Der vorgestellte Ansatz gestattet genau das. Über die auf der Hand liegenden positiven Aspekte hinaus, eröffnet eine geschickte Nutzung von Industrie 4.0 und IIoT dem Maschinenbau aber auch völlig neue Geschäftsmodelle. 

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