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Das Quasselchaos im IoT verhindern

Das Internet der Dinge wird in nicht allzu langer Zeit zig Mrd. Geräte mit dem Internet verbinden. Dies wird aber nur möglich, wenn kostengünstige Kommunikationsnetze und Endgeräte verfügbar sind. Etwa 60% der zellularen IoT-Geräte nutzen Technologien der zweiten Generation wie GPRS. Der Übergang zu 3G steht bevor, sobald höhere Datenraten und Langzeitverfügbarkeit des Netzwerks gefragt sind.

 

Experten schätzen die 2014 verkauften Internet-of-Things-Geräte (IoT) auf zwei Mrd., 2020 sollen es über sieben sein. Drahtlos lassen sich diese «Dinge» über Bluetooth, ZigBee, WiFi oder zellulare Netze an fast jedem Ort der Welt verbinden. Die meisten Anwendungen nutzen lokale Netzwerktechnologien, die in lizenzfreien Frequenzbändern arbeiten. Flottenmanagement, Containerverfolgung, Services für Geldautomaten oder Gesundheitsüberwachung setzen neben Satellitentechnologien hauptsächlich auf Mobilfunktechnologien der zweiten und dritten Generation. Meist verursachen sie wenig Datenverkehr, oft nur via SMS. Die vierte Mobilfunkgeneration mit LTE spielt bislang eine untergeordnete Rolle.

Da LTE für den mobilen Breitbandmarkt optimiert ist, gibt es wenig Bedarf für diese 4G-Technologie im IoT-Umfeld. Zudem sind die Kosten für ein Modem im Vergleich zu GSM noch relativ hoch. Jedoch steigern Aspekte wie die weltweite Verfügbarkeit von LTE die Attraktivität. Laut GSMA gab es im September 2015 bereits 422 Operatoren in 146 Ländern, die kommerzielle LTE-Services anbieten. Hinzu kommt die Langzeitverfügbarkeit von LTE. Immer mehr Mobilfunkbetreiber beenden den Betrieb der zweiten Generation und erzwingen eine Umstellung auf die neuste Technologie. Erste LTE-Chipsets, die hinsichtlich ihres Kosten- und Stromverbrauchs für den M2M-Markt optimiert sind, gibt es bereits. Im Hinblick auf spektrale Effizienz, Latenz und Datendurchsatz besitzt LTE ohnehin technologische Vorteile.

Rel. 10 schützt vor Netzüberlastung, Rel. 11 regelt Zugangsklassen

In der Standardisierung (beispielsweise 3GP) hat man frühzeitig den Bedarf an optimierten Lösungen für den IoT-Markt erkannt und spezifische Verbesserungen für die sogenannte Machine-Type-Communication (MTC) entwickelt. So spezifizierte das Gremium in Rel. 10/11 Leistungsmerkmale, die insbesondere das mobile Kontrollnetz vor Überlastung durch die vielen IoT-Devices schützen sollen. Die Netzbetreiber möchten dafür gewappnet sein, wenn möglicherweise einige tausend Geräte gleichzeitig versuchen, Verbindung zum Netz aufzunehmen. Das kann beispielsweise beim Wiederhochfahren des Stromnetzes nach einem Stromausfall sein, also einem plötzlichen Ereignis. Dazu wurden Überlastmechanismen und Möglichkeiten zur Reduzierung des Signalisierungsverkehrs eingeführt.

Die Geräte können längere Wartezeiten hinnehmen

Viele IoT-Anwendungen wie Sensornetzwerke versenden nur selten Daten und müssen nicht sekundengenau arbeiten. Diese Geräte können dem Netz mitteilen, dass sie bereit sind, längere Wartezeiten beim Verbindungsaufbau hinzunehmen (Delay Tolerant Access). Mit Rel. 10 steht ein Verfahren zur Verfügung, dass es dem Netz im Falle einer Überlastung erlaubt, Verbindungsanfragen dieser Geräte zunächst abzuweisen und sie auf später zu vertrösten (Extended Wait Time). Bei Rel. 11 kann der Zugang zum mobilen Netzwerk über Zugangsklassen gesteuert werden. Ein Gerät kann eine Verbindung nur dann aufbauen, wenn es die Klasse besitzt, die das Netz gerade erlaubt. Dazu versendet das Netz eine Bitmap (eaB-Barring-Bitmap), die kennzeichnet, welchen Klassen der Zugang erlaubt ist.

Rel. 12 mit PSM, Rel. 13 für wenig Bandbreite, Echtzeit mit Rel. 14

Nun fehlten noch optimale Lösungen für IoT-Geräte mit wenig Datenverkehr, geringem Stromverbrauch und niedrigen Kosten. Damit hat das Gremium in Rel. 12 begonnen. Aber schnell war klar, dass es keine einfache gemeinsame Lösung für alle Anwendungen geben wird. Dazu sind die Anforderungen von Applikationen wie Containertracking, Mülltonnenmanagement, Smart Meters, Agrar­sensoren, Sport- und Gesundheitstrackern zu unterschiedlich. Rel. 12 konzentriert sich deshalb zunächst auf die Bereiche Stromverbrauch und kostengünstige Modems. Daraus resultiert ein Stromsparmodus (Power Saving Mode), der insbesondere für batteriebetriebene Geräte wichtig ist, sowie eine neue LTE-Gerätekategorie 0, die nur 50 % der Komplexität eines Kategorie-1-Modems aufweisen soll.

LTM-E Rel. 13 beinhaltet weitere Massnahmen zur Kostensenkung, insbesondere niedrigere Bandbreiten in Uplink und Downlink, niedrigere Datenraten und reduzierte Sendeleistung. Auch eine weitere Senkung des Stromverbrauchs ist geplant. Das betrifft Anwendungen, die den PSM-Mode nicht nutzen können, da die Geräte in kürzeren Abständen erreichbar sein sollten, auch wenn sie selten Daten versenden. Hier geht das Modem aus dem Ruhezustand periodisch auf Empfang für Paging-Nachrichten und Systemstatusinformationen. Für den Anwendungsfall Smart Meters unter kritischen Empfangsbedingungen, wie Installationen im Keller oder bei weit verstreuten Geräten wie in landwirtschaftlichen Anwendungen, gilt es, die Reichweite zu verbessern. Mit verschiedenen Techniken, wie mehrfache Wiederholung von Daten oder weniger strengen Zeit- und Fehleranforderungen, soll die Leistungsbilanz zwischen Sender und Empfänger um 15 dB verbessert werden. Dadurch erhöht sich die Reichweite. Angespornt durch Anforderungen aus dem Automobilbereich werden für Rel. 14 Varianten untersucht, die Latenz in der Kommunikation zwischen Endgeräten drastisch zu reduzieren, um beispielsweise die Echtzeitkommunikation zwischen Autos zu erlauben.

Stromsparmodi erfordern gute Planung

Der Power-Saving-Mode startet nach dem Beenden einer Datenverbindung bzw. nach der periodischen Tracking-Area-Update-Prozedur. Zunächst geht das Gerät in den Idle-Mode, in dem es zyklisch auf Empfang schaltet, um Nachrichten zu empfangen und es bleibt durch Paging erreichbar. Nach Ablauf des Timers T3324 startet der PSM-Mode und schaltet das Modem in den Stromsparmodus. Dann kann das Gerät jederzeit Nachrichten senden, da es im Netzwerk registriert bleibt. Weil aber der Empfangsteil abgeschaltet ist, ist es durch Paging nicht erreichbar. PSM ist insbesondere für Sensornetzwerke geeignet, die nur selten und wenige Daten zum Gerät transportieren müssen. Für Anwendungen, die eine schnelle Antwort des Sensors erfordern oder eine zeitkritische Reaktion erwarten, ist dieses Verfahren nicht geeignet. Applikationen die den Stromsparmodus anwenden wollen, müssen dieses Verhalten tolerieren und schon im Design die optimalen Timerwerte für Idle- und PSM-Mode festlegen. End-to-end-Tests sind hier unerlässlich, um Applikationsverhalten und Netzwerkverhalten aufeinander abzustimmen.

Kostengünstige Geräte mit LTE 0

Die Einführung der Kategorie 0 ist der Versuch, signifikant günstigere LTE-Modems für den M2M-Markt zu ermöglichen. Idealerweise verbrauchen sie auch weniger Strom. Dazu verringert die auf 1 MBit/s reduzierte Datenrate die Komplexität der Modems. Das minimiert die Anforderungen an Rechenleistung und Speicher. Weiterhin verzichten die Hersteller auf den Fullduplex Mode und auf mehrere Antennen. Deshalb benötigt das Gerät auch keine Duplexfilter, die ansonsten notwendig wären, um Störungen zwischen Sender und Empfänger zu vermeiden.

LP-WAN eine Konkurrenz für LTE-M?

Mit den neuen Leistungsmerkmalen für LTE-M lassen sich wesentlich mehr IoT-Anwendungen adressieren. Das wird vielen Anwendern den Schritt von 2G- und 3G-Technologien zu LTE erleichtern. Es gibt schon heute Anforderungen an extrem kostengünstige und stromsparende Geräte, für die zellulare Technologien im Moment nicht geeignet erscheinen. So haben sich in den letzten Jahren eine Reihe von alternativen Techniken wie Low-Power-WAN einen Markt erobert. Diese Technologien sind meist für Sensornetzwerke mit sehr kleiner Datenmenge optimiert, wie etwa für Rauchmelder oder Füllstandssensoren für Mülltonnen. Sie punkten unter anderem mit sehr grosser Reichweite und der Nutzung lizenzfreier Frequenzen. Ein prominenter Vertreter ist Sigfox. Das Netzwerk nutzt eine Ultra-Narrowband-Technologie und kommt bereits in einigen nationalen Netzwerken zur Anwendung. Sigfox ist optimiert für das gelegentliche Senden sehr kleiner Datenpakete und erlaubt den Empfang ausschliesslich in einem kurzen Zeitfenster unmittelbar nach dem Versenden von Nachrichten.

Ein weiteres Beispiel ist LoRa. Die Industrievertreter dieser Technologie haben sich in der LoRa Alliance zusammengefunden. Basierend auf der Technologie von Semtech hat sie den LoRaWan-Standard spezifiziert und arbeitet derzeit auch an einer Spezifikation zur Zertifizierung entsprechender Geräte. Sie unterstützt dabei drei Klassen von Geräten: Klasse A, ähnlich wie bei Sigfox, mit Empfang nur nach dem Versenden von Nachrichten in zwei kurzen Empfangsfenstern; Klasse B mit periodischen Empfangsfenstern, die über Beacons synchronisiert werden; Klasse C ist immer empfangsbereit. Weitere LP-WAN Technologien sind zum Beispiel Weightless-N und RPMA.

GSMA – Extreme-Low-Cost-Devices

Auch die GSMA hat sich schon vor geraumer Zeit dem Thema Internet-of-Things verschrieben und in diesem Jahr eine LP-WAN-Initiative ins Leben gerufen. Ziel ist es, schnellstmöglich LP-WAN-Standards, basierend auf den etablierten zellularen Standards, im lizenzierten Spektrum zu definieren. Die etablierten Infrastruktur-, Modem-, und Chipset-Hersteller haben sich sehr schnell mit den mobilen Serviceanbietern zusammengefunden, um einen entsprechenden Standard zu entwickeln. Ziel ist es, in Rel. 13 den Standard zu verabschieden und im Jahre 2016 kommerzielle Produkte vorstellen zu können. Die ersten Feldversuche laufen bereits.

Es gibt noch eine Reihe technischer Diskussionen und alternativer Ansätze. Doch hat das Gremium sich bereits darauf verständigt, dass es einen sogenannten Schmalband-IoT (NB-IoT)-Standard geben soll. Der Standard soll Ressourcenblöcke des LTE-Carriers, ungenutzte Ressourcen im Spektrum zwischen benachbarten Carriern oder Ressourcen in einem speziell reservierten Spektrum nutzen können. Das Anforderungsprofil für diesen neuen Standard beinhaltet einen extrem niedrigen Stromverbrauch, sehr niedrige Kosten, verbesserten Empfang in Gebäuden, sowie die Unterstützung einer riesigen Anzahl von Geräten mit wenig Datenverkehr.

Eine ganze Reihe von Standardisierungs­aktivitäten soll sicherstellen, dass die passenden Kommunikationstechnologien für die Zukunft des Internet der Dinge zur Verfügung stehen werden. Diese Aktivitäten zeigen auch schon den Weg für die fünfte Mobilfunkgeneration auf. Auch hier spielen Anforderungen nach extrem geringer Latenz, sehr langen Batterielaufzeiten und einer riesigen Anzahl von Geräten eine grosse Rolle. 

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