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Selbst gehen, sitzen und Treppen steigen trotz Querschnittlähmung

«Dank LabVIEW und der LabVIEW RIO Architecture konnten wir die Entwicklungs- und Testzeit eines Roboter­steueralgorithmus von einem Monat auf nur eine Woche verkürzen. Wir sind jetzt in der Lage, mit Hard- und Software schneller einen Prototyp zu erstellen und diesen auch zügig an rasch wechselnde Anforderungen anzupassen», fasst DongJin Hyun von Hyundai den Nutzen der NI-Produkte zusammen.

 

Ein System zur Steuerung eines Exoskeletts als Gehhilfe zu entwickeln – so lautete die Aufgabe. Dabei galt es, komplexe Steueralgorithmen zu verarbeiten, Daten von verschiedenen Sensoren dezentral zu erfassen und simultan mehrere Aktoren in Echtzeit zu steuern. Dank Single-Board RIO, das neben einem Echtzeit-Controller auch einen FPGA umfasst, liessen sich Daten von verschiedenen Sensoren und Peripheriegeräten erfassen sowie Befehle in Echtzeit an die Aktoren weitergeben. Die Entwicklungsumgebung LabVIEW erlaubte, die Software, welche Algorithmen für die Datenerfassung und Steuerung umfasst, deutlich schneller umzusetzen.

Das Central Advanced Research and Engineering Institute der Hyundai Motor Company entwickelt verschiedenste Mobilitätstechnologien für die Zukunft. Das Forschungszentrum setzt dabei nicht auf konventionelle Fortbewegungsmittel, sondern erschafft neue Mobilitätshilfen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten für verschiedene Personengruppen, wie z. B. ältere und körperlich eingeschränkte Menschen. Da unsere Gesellschaft zunehmend älter wird, wächst der Bedarf an Systemen, die die Mobilität unterstützen. Darum entwickelt Hyundai mithilfe der Embedded-Controller von NI auch Roboteranzüge – sogenannte Exoskelette – für ältere Menschen und Patienten mit Rückenmarkverletzungen.

Das Exoskelett ist dem Träger eine Hilfe, darf ihn aber nicht einschränken

Im Bereich der am Körper tragbaren Robotertechnik stellt die physikalische Verbindung zwischen dem menschlichen Körper und dem Roboter Ingenieure vor verschiedene Herausforderungen, u. a. hinsichtlich des mechanischen Aufbaus sowie des Aufbaus der Steuerungsarchitektur und des Aufbaus der Algorithmen für die Aktoren. Die Masse und das Gewicht der Elektrogeräte müssen äussert gering sein, da man einen am Körper getragenen Roboter wie einen Anzug anziehen muss. Ausserdem sollte die gesamte Abtastrate des Roboters für die Steuerung schnell genug sein, um die menschlichen Bewegungen nicht zu beeinträchtigen und um angemessen auf äussere Einwirkungen reagieren zu können.

Was die Steueralgorithmen für am Körper tragbare Roboter betrifft, sind noch viele Fragen offen, auch wenn die Roboterforschung bereits etliche Erfolge verzeichnen konnte.­ Daher legt Hyundai bei der Auswahl eines Haupt-Controllers für die Exoskelette das Hauptaugenmerk auf folgendes:

  • Schnelle Verarbeitung der Daten, die von verschiedenen Sensortypen kommen
  • Abmessungen und Gewicht
  • Darstellung von Echtzeitdaten für die Entwicklung von Steueralgorithmen
  • Anbindung an andere intelligente Geräte zur Bereitstellung weiterer nützlicher Funktionen

Echtzeit-Controller und FPGA-Funktionen der NI-Produkte im Härtetest

Die Echtzeitsteuerungs- und FPGA-Hardware sorgt für Zuverlässigkeit und Stabilität, da die Ein- und Ausgänge mit zahlreichen Robotersteuerungsgeräten kompatibel sind. So veränderte sich beispielsweise die Steuerungsarchitektur während der Entwicklung der Exoskelette etliche Male erheblich, da man Sensoren austauschte oder die Kommunikationsmethode für die Steuerung veränderte. Jedoch waren die Entwickler dank der einzigartigen Kombination aus Echtzeit-Controller und FPGA-Funktionen der NI-Produkte in der Lage, diese Änderungen direkt umzusetzen, was zur Verringerung der Entwicklungszeit beitrug. Darüber hinaus half das kompakte System on Module (SOM) sbRIO-9651, das Gewicht des Roboters unter 10 kg zu halten und gleichzeitig die Akkuleistung über eine Basissystemkonfiguration mit geringem Stromverbrauch zu maximieren.

Die Anzahl der Sensoren und Aktoren erhöht sich deutlich, sobald komplexere Aufgaben in der Robotik umzusetzen sind. Dazu erhöht sich auch die Komplexität der Steueralgorithmen exponentiell. Daher ist die simultane Verarbeitung aller Daten von mehreren Sensoren sowie das Übermitteln von Anweisungen an mehrere Aktoren eine der wichtigsten Herausforderungen in der Robotik. LabVIEW unterstützt die parallele Darstellung zur intuitiven Signalverarbeitung für die an den Robotern installierten Sensoren sowie den weiteren Entwurf von Steueralgorithmen in den Versuchsstadien. Des Weiteren sind NI-Produkte erweiterbar und kompatibel, sodass Hyundai in Zukunft auch intelligente Benutzeroberflächen einsetzen kann.

Am Körper tragbare Roboter gibt es schon länger, nämlich in folgenden Formen:

  • Hip Modular Exoskeleton (modulares Hüft-Exoskelett): modularer Roboter, der als Gehhilfe für Personen dient, die Probleme im Hüftbereich haben
  • Knee Modular Exoskeleton (modulares Knie-Exoskelett): modularer Roboter, der als Gehhilfe für Personen dient, die Probleme im Kniebereich haben
  • Life-Caring Exoskeleton (unterstützendes Exoskelett): modularer Roboter, der Bestandteile für Hüfte und Knie vereint, um älteren Menschen oder Personen mit eingeschränkter Funktionsfähigkeit der unteren Körperhälfte als Gehhilfe zu dienen
  • Medical Exoskeleton (Exoskelett für den medizinischen Einsatz): modularer Roboter, der Bestandteile für Hüfte und Knie vereint, um Personen, die ihre untere Körperhälfte nicht bewegen können, als Gehhilfe zu dienen

Mit dem Internet der Dinge verbundene Technologien

Nachdem Hyundai Motors bereits auf der NIWeek 2015 das Life-Caring Exoskeleton als Gehhilfe für ältere Menschen präsentiert hatte, stellte das Unternehmen einen am Körper tragbaren Medizinroboter für Menschen mit Querschnittlähmung vor, den man ebenfalls mithilfe von LabVIEW und CompactRIO entwickelte. Bei einer gemeinsamen Präsentation mit der Korea Spinal Cord Injury Association im Januar 2016 konnte sich ein querschnittgelähmter Patient, der mit diesem Medizinroboter ausgerüstet war, erfolgreich hinsetzen, aufstehen und auf ebenem Untergrund gehen. Der Patient, der an dieser klinischen Studie teilnahm, ist in der unteren Körperhälfte gelähmt (Verletzung des zweiten und dritten Lendenwirbels) und leidet unter Muskellähmung und Sensibilitätsstörungen. Dennoch konnte er nach kurzer Einführung erfolgreich mithilfe des am Körper tragbaren Medizinroboters gehen. Ausgehend von diesem Erfolg und der aktuellen Fortschritte bei der Entwicklung rechnet Hyundai Motors damit, schon 2018 ein leichteres und besseres Produkt mit Zusatzfunktionen herstellen und im Jahr 2020 mit der Massenproduktion beginnen zu können.

Forschung um intelligente Geräte weiter ausbauen

Hyundai plant, ihre Forschung um intelligente Geräte zu erweitern. Diese könnten zum Einsatz kommen, um die Systemkonfiguration, etwa den Wechsel zwischen Gehen, Sitzen, Treppensteigen oder normalem Modus, vorzunehmen. Das Einbetten intelligenter Geräte in diese Art von Benutzeroberfläche kann dem Träger bei der Anpassung zusätzlicher Parameter helfen, z. B. Schreiten, Zeit für das Gehen eines Schritts oder Tiefe/Breite zum Sitzen auf einem Stuhl. Zudem sind Daten zum Gangbild oder zum normalen Aktivitätsradius nützlich bei der Behandlung oder Rehabilitation. Rehafachkräfte oder Ärzte können zudem anspruchsvollere Parameter, z. B. forcierte Gehzeit oder die Anpassung der Gelenkbewegung, konfigurieren, um die Roboter für die weitere Behandlung einzusetzen. Hyundai hat mit der Entwicklung von Exoskelett-Robotern der nächsten Generation begonnen, die auf Wireless-Technologie basieren, sodass eine Ganganalyse möglich ist. Beim Tragen dieses Roboters können die Absicht und der Gehstatus ermittelt werden, indem man Daten von einem Bereich zwischen Boden und Fusssohle erfasst. Die Technik, mit der man diese Daten per Funkübertragung (ZigBee) übermittelt, ist bereits vorhanden. Sie kann inzwischen mithilfe der Technologien für das Internet der Dinge ausgeweitet werden. Anwender können also erfasste Informationen drahtlos an einen Roboter senden, sodass dieser die Bewegungen des Gehenden unterstützt.

Ärzte überwachen Zustand von Mensch und Roboter

Darüber hinaus kann das Erfassen relevanter Daten den Anwendern helfen, eine persönliche Bandbreite an Aktivitäten und Zuständen anhand des Standorts zu ermitteln. Diese Informationen lassen sich in den Roboter integrieren, was einen umfangreicheren Service ermöglicht. Falls der Patient den Roboter zur Rehabilitation trägt, können Ärzte den Zustand von Patient und Roboter überwachen und Trainingsmassnahmen oder Anpassungen in Echtzeit bereitstellen, um die Effizienz und Effektivität der Behandlung zu verbessern. 

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