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Das 48-V-Bordnetz ist im Kommen

Mit Verbrennungsmotoren lassen sich die stetig sinkenden CO2-Grenzwerte kaum erreichen. Als Zwischenlösung zur Elektromobilität bieten sich leistungsstarke Hybridantriebe an. Das 48-V-Bordnetz gehört hierfür zu den Grundvoraussetzungen.

 

Ein wichtiger Schritt zur Elektrifizierung des Antriebstrangs in einem Auto sind die Mildhybridvarianten mit Starter-, Motor- und Ge­neratorfunktionen. Da das 12-V-Netz allein sehr hohe Ströme erfordern würde, ist ein 48-V-Bordnetz nötig. Damit lässt sich auch der wachsende Bedarf von immer mehr Verbrauchern sinnvoll decken. Um die Komponenten mit geringem Stromverbrauch vorerst weiter nutzen zu können, behalten viele Hersteller das 12-V-Bordnetz im ersten Schritt bei – zumal es nicht zielführend ist, alle Steuergeräte und Verbraucher im höheren Spannungsbereich zu betreiben. Solche 48-V-Teilbordnetze erfordern eine komplette Architekturänderung. Denn durch die vierfach höhere Spannung müssen bzw. können die Ströme bei gleichbleibender Leistung reduziert werden.

Topologie sollte auch Generatorbetrieb erlauben

Die Hauptanforderung ist es, den Elektromotor so in die Fahrzeugtopologie zu integrieren, dass dieser auch in den Generatorbetrieb wechseln kann. Dadurch lässt sich die Brems­energie rekuperieren, d. h. die Verlustleistung beim Bremsen in die Batterie zurückspeisen. Sie erlaubt das emissionsfreie Segeln (sailing/coasting), bei dem das Fahrzeug im Freilaufbetrieb mit der rekuperierten Energie aus der Batterie auf seiner Geschwindigkeit gehalten wird. Auch das rein elektrische Ein- und Ausparken sowie ein CO2-neutraler E-Boost (elektrischer Kompressor) ist damit möglich. Darüber hinaus legt das 48-V-Teilbordnetz die Basis für weitere Innovationen, ohne dass Hersteller hierfür auf grössere Motoren zurückgreifen müssen. Das unterstützt auch das kontinuierliche Downsizing der Motoren, das dringend notwendig ist.

Mildhybrid-Modelle

Das 48-V-Teilbordnetz in derartigen Mildhybridmodellen ist als Einstieg in die Hybrid-technik zu betrachten und damit als erster Schritt in Richtung der «echten» Elektrifizierung ganzer Fahrzeugreihen als Vollhybride. Im Gegensatz zu Vollhybridmodellen, die mit einer Spannung von bis zu 360 V fahren, sind Mildhybride ohne Ladefunktion aufgebaut. Da beide Antriebsstränge nicht vollständig entkoppelt sind, erlauben sie kein rein elektrisches Fahren, sondern lediglich das Segeln, eine Start-Stopp-Automatik und ein sanftes Anfahren. Doch alleine das Segeln reduziert den CO2-Ausstoss je nach Messrichtlinie und Fahrstil um bis zu 12 %. Mit der Entscheidung für ein 48-V-Teilbordnetz ergeben sich fixe Spezifikationen für den OEM, die Zulieferer und die Elektronik:

Rekuperation:

  • Bei der Rekuperation gewinnt man zwischen 3 und 12 kW – für 12 kW wären das bei 12 V ganze 1000 A! Im 48-V-Bordnetz reduziert sich das auf ein Viertel, d. h. max. 250 A. Die höhere Spannung erfordert jedoch ein grösseres Augenmerk auf die Sicherheitsanforderungen. Um die Niederspannungsrichtlinie zu erfüllen, müssen Spannungsspitzen von über 60 V vermieden werden. Für die sichere Funktion der Schaltung gilt es, den optimalen Arbeitsbereich zu definieren und Sicherheitsmassnahmen für den Über- und Unterspannungsschutz umzusetzen.

Gewichtsreduzierung:

  • Dank geringerer Ströme im 48-V-Netz lassen sich Kabel mit deutlich kleineren Querschnitten verwenden. So sinkt das Fahrzeuggewicht um bis zu 10 kg, was ebenfalls zur CO2-Reduzierung beiträgt. Zudem lassen sich mechanische Komponenten, z. B. die Lenkung, durch elektrische – d. h. kleinere und leichtere – ersetzen.

Verbrauch senken, Komfort steigern

Dabei verbindet sich das Nützliche mit dem Angenehmen, denn häufig erhöht sich gleichzeitig der Fahrkomfort. Wird z. B. die Heckscheibenheizung mit höherer Leistung von 1,5 kW bei 48 V betrieben, muss der Lüfter nur noch mit geringerer Drehzahl laufen. Der PTC-Zuheizer im 48-V-Netz steht auch im Leerlauf bzw. sofort nach dem Motorstart mit voller Leistung zur Verfügung. So kann er den Innenraum, Motor und Getriebe erwärmen bevor der Motor warm wird. Dies ist bei Hybridfahrzeugen umso wichtiger, da der Elektromotor praktisch keine Abwärme erzeugt.

Im Rahmen der Start-Stopp-Automatik erlaubt das 48-V-Netz zudem ein schnelles, ruckfreies Anfahren ohne Verbrennungsmotor, etwa im «Stop-and-go»-Verkehr. Wird der Kompressor für die Klimaanlage an das 48-V-Netz angeschlossen, können PTC-Heizung, Lüftung und Gebläse sowie eine Kontaktheizung auch während eines MSA-Stopps bis zu ca. 3 min weiterlaufen.

Es gibt drei zentrale Komponenten im 48-V-Bordnetz

Zentrale Komponenten im 48-V-Bordnetz sind der Start-Stopp-Generator, die Batterie – aktuell in Li-Ion-Technologie – sowie die elektrische Lenkung und Heizungen. Für alle entsprechenden Steuergeräte ist ein neues Design notwendig, damit sie die geänderten Anforderungen bei höheren Spannungen erfüllen. Der Startergenerator und die Leistungselektronik können mit einer Claw-Pole- oder einer Synchronmaschine umgesetzt werden. Die Claw-Pole-Variante ist dem 12-V-Standard näher, erlaubt eine günstige Massenproduktion und eine einfache Integration in neue Fahrzeuge. Bei der Synchronmaschine sorgt der Permanentmagnet für höchste Leistungsdichte.

Das Batteriesystem umfasst die Batteriezellen selbst, eine Kühlung, die spezifische Gehäuse- und Stack-Struktur, das Cell Balancing sowie ein aufwendiges Batteriemanagement. Aktuell werden Batteriemanagementsysteme eingesetzt, die die Lade- und Entladevorgänge strikt mitprotokollieren und somit mittels aufwendiger Coulomb-Zählung riesige Datenmengen sammeln, um letztendlich Rückschlüsse auf den Zustand der Batterie zu ziehen. Die Messung von komplexen Impedanzen unter Realbedingungen und damit Aussagen über den SoH (State of Health) der Batterie zu treffen, ist bislang weder günstig noch serienreif realisierbar. Daher treibt Rutronik gemeinsam mit führenden Hochschulen die Entwicklung und Forschung im Themengebiet der Batteriemanagementsysteme aktiv voran.

Es gibt Komponenten und Steuergeräte für das 48-V-Bordnetz

Eine Kernkomponente im 48-V-Teilbordnetz ist auch der bidirektionale DC/DC-Wandler, der beide Netze verbindet. Typischerweise bietet dieser 3 kW Leistung mit Spitzen bis zu 3,5 kW für 2 s und ist passiv gekühlt mit einer Effizienz von mind. 96 %. Verschiedene OEM-Zulieferer bieten bereits Komponenten, Steuergeräte und periphere Lösungen an, welche die neuen Anforderungen des 48-V-Bordnetzes erfüllen. Konkrete Lösungen der Tier-1-Zulieferer z. B. zur Unterstützung der Antriebsstränge sind serienreif entwickelt und stehen für den Serieneinsatz bereit.

Da sich bislang jedoch weder Mild- noch Vollhybridfahrzeuge in der Breite auf der Strasse finden, ist das Segment für die Bauelementedistribution monetär relativ uninteressant – noch. Aber um die CO2-Regularien zu erfüllen, gibt es keine Alternative. 

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Electronica 2016: Halle A5, Stand 159 und 262