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Shannon und das IoT

Claude Elwood Shannon starb im Februar 2001. Durch seine Alzheimer-Krankheit war er leider am Schluss nicht mehr in der Lage die volle Tragweite seines Schaffens zu sehen und zu geniessen. Im April 2016, also vor wenigen Monaten, feierte die Welt seinen 100. Geburtstag, denn Shannon lebt. Und im Gegensatz zu Elvis Presley lässt sich das auch belegen, sozusagen beweisen.

 

Shannon war eine faszinierende Persönlichkeit mit vielen Interessen, unter anderem auch solchen, welche zunächst nicht unmittelbar mit seinem Beruf zu tun hatten, wie Jonglieren und Einradfahren. Google liess ihn am 30. April 2016 auf der Startseite jedes Landes dieser Erde nochmals jonglieren. Shannon lebt weiter in vielen technologischen Errungenschaften der heutigen Welt. Shannons Werk ist umfangreich. Er hat bereits in seiner Masterarbeit und seiner Dissertation interessante Ansätze gezeigt. Richtig losgegangen ist es aber mit seiner Publikation 1948, als er bei den Bell Labs arbeitete, just in dem Augenblick, als gleichenorts auch der Transistor erfunden wurde.

Shannon hat erstmals über Bit gesprochen

Seine «Mathematische Theorie der Kommunikation» [1] hat ein neues Gebiet innerhalb der Elektrotechnik, nämlich die Informationstheorie begründet. Er hat erstmals schriftlich das Wort «Bit» gebraucht [1]. Shannon war es, der erstmals quantitativ festgelegt hat, wie viele Bit benötigt werden, um eine gewisse Information zu übertragen, d. h. er hat die Forschung im Teilgebiet der Datenkompression oder Quellencodierung initiiert. Ein einfaches Beispiel anhand des mittlerweile veralteten Fax illustriert das: Man stelle sich nur vor, man müsste ein A4-Blatt Pixel für Pixel übertragen, dann würde für ein leeres Blatt unnötigerweise genau gleich viel Übertragungszeit benötigt wie für ein gehaltvolles Blatt, auch wenn beim leeren Blatt offensichtlich keine Information übertragen wird.

Shannon war es, der erstmals beziffert hat, wie gut der Signalrauschabstand (SNR) eines Signals sein muss, um eine bestimmte Informationsmenge zu übertragen [1] und damit die Forschung in einem weiteren Teilgebiet, nämlich demjenigen der Kanalcodierung, ausgelöst hat. Die Suche nach Bandbreiteneffizienz hat uns dahin gebracht, wo wir heute sind. Bald werden wir Mobilkommunikation der 5. Generation haben und mit ihr Datenraten von Hunderten von MBit/s. Das ist möglich, weil Shannon immer wieder als Gradmesser diente. Eine weitere Schlüsselpublikation dazu war diejenige von Berrou et al. [2], welche Shannons Namen im Titel trug, 45 Jahre nach Shannons ursprünglicher Publikation!

Sensoren lassen sich energieautark betreiben

Um solch hohe Datenraten sind wir froh, wenn wir an diverse Anwendungen denken wie Plakatwände, welche durch dynamische Bildwände ersetzt werden. Da sind wir dann bei einer Anwendung des sogenannten Internets der Dinge, oder auf Englisch Internet of Things (IoT), welches derzeit die Medien mehr beherrscht als Shannons hundertster Geburtstag. Oft ist die Anwendung aber nicht so datenintensiv wie eben geschildert. Das IoT verspricht auch die mögliche Verteilung von irgendwelchen Sensoren, welche die Umwelt oder den Prozess beschreiben und ihre Messwerte sporadisch ins Internet einspeisen. Dazu braucht es keine grossen Datenmengen.

Trotzdem ist Shannon auch hier präsent: Die erwähnte SNR bestimmt nämlich auch wieviel Energie eine Übertragung braucht. Die Sensoren sollen möglichst energieautark betrieben werden können, im Idealfall ohne Batterien, durch sogenanntes Energy Harvesting. Ein Beispiel, wie das durch den Tastendruck mit Piezo-Elementen gemacht werden kann, wurde in einer früheren Polyscope-Ausgabe in diesem Jahr beschrieben [3].

Die dabei benötigte Energie ist in der Grössenordnung von 10 µJ. An der Hochschule für Technik Rapperswil wurde in der ersten Hälfte dieses Jahres im Rahmen einer Bachelorarbeit [4] ein Demonstrator für den LoRa-Standard gebaut, mit dem verschiedenste Sensorwerte ins Internet eingespeist werden können. Der Demonstrator (Bild 1) ist eine relativ kleine Wetterstation mit Temperatur-, Feuchtigkeits-, barometrischen und weiteren Sensoren und schreibt seine Sensorwerte alle paar Sekunden ins Netz (Bild 2).

Dabei hat sich auch gezeigt, dass die Energie pro Übermittlung im Bereich von mehreren zig mJ liegt, was etwa Faktor 1000 schlechter ist als das in [3] beschriebene System, obwohl LoRa wie andere IoT-Standards in der Liste der Low-Power Networks (LPN) geführt werden. Es wird sich zeigen, ob weitere Standards nötig sind, um Anwendungen zu ermöglichen, welche die Energie durch Energy Harvesting bereitstellen.

Fazit

Auch das IoT unterliegt den altbekannten Gesetzen der Kommunikationstechnik, die Shannon so stark mitgeprägt hat. Datenrate und Energie sind zwei Parameter, die durch Gesetze beschrieben werden, die er gefunden hat. Dabei ist ein weiteres, sehr wichtiges Teilgebiet noch gar nicht erwähnt worden: Auch die Kryptografie, also die Verschlüsselungstechnik, wurde durch die Gesetze Shannons definiert – ab und zu wird auch umgekehrt argumentiert: aus der Kryptografie wäre die Informationstheorie abgeleitet worden.

Sicherheit wird eine Schlüsselrolle in vielen zukünftigen IoT-Anwendungen spielen. Mit Sicherheit ist aber nicht nur ein sicherer Kommunikationskanal gemeint, Sicherheit heisst auch, dass ein Sensorknoten nicht einfach abmontiert und manipuliert werden kann. Das sicherzustellen dürfte eine der Knacknüsse, aber nicht die einzige, solcher Systeme darstellen. 

Infoservice

Prof. Heinz Mathis, HSR Hochschule für Technik
Oberseestrasse 10, 8640 Rapperswil
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