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Im Auto wie zu Hause: gute Unterhaltung!

Infotainment-Systeme erlauben eine Verbindung des Autos zur Aussenwelt. Für optimalen Empfang sorgen Sender und Empfänger diverser Funksysteme, deren Frequenzen nahe beieinander liegen. Solche «in-car-coexistence» birgt die Gefahr der gegenseitigen Störung, die es bereits in der Entwicklung zu vermeiden gilt.

 

Beim Autokauf orientiert sich laut einer Studie heute jeder zweite Autofahrer eher an der elektronischen Ausstattung, wie Fahrassistenz- und Infotainment­systemen, als an den Fahrleistungen. Smart Cars integrieren Smartphones und Tablets ins Bordsystem, über drahtlose Technologien lassen sich Kontakte und Musik mit der On-Board-Einheit abgleichen und stehen während der Fahrt zur Verfügung. Für mobilen Internetzugang bauen Autohersteller WLAN-Hotspots ein, mit WCDMA oder LTE lässt sich eine Verbindung zum Mobilfunknetz von Swisscom und Co. herstellen.

Wenig Platz und enge Frequenzbereiche

Bluetooth läuft im lizenzfreien ISM-Band zwischen 2,402 und 2,480 GHz, für WLAN stehen länderspezifische Frequenzen innerhalb der Bänder 2,4 GHz und 5 GHz zur Verfügung. Die gleichzeitige Nutzung verschiedener Mobilfunkstandards wie LTE, WLAN und Bluetooth nennt sich Koexistenz. Dabei kann es durch Einstrahlungen in Nachbarkanäle zu Qualitätsproblemen, Reduzierung der Datenraten oder sogar zum Totalausfall kommen. Internationale Frequenzpläne und Spezifikationen regeln das Miteinander verschiedener Funksysteme. Die Schwierigkeit für Entwickler ist die steigende Anzahl von Sende- und Empfangsantennen mit immer weniger Abstand zueinander in einer abgeschirmten Fahrgastzelle und mit Reflexionen. Die Auswirkungen von Signalen auf andere Systeme ist besonders unangenehm, wenn die Standards in nebeneinander liegenden Frequenzbändern betrieben werden. Bei LTE-Time-Division-Duplex (TDD) liegt das Band 40 lediglich 1 MHz unterhalb des 2,4-GHz-WLAN-Bandes, bei LTE Frequency-Division Duplex (FDD) im Uplink das Band 7 nur 17 MHz oberhalb. Da nicht vorhersehbar ist, in welchen Ländern ein Fahrzeug je unterwegs sein wird, muss man alle denkbaren Szenarien durchspielen. Die Reihe potenzieller Störer ist lang, denn auch satellitengestützte Navigationssysteme (GNSS) wie GPS, Glonass oder Galileo können durch die LTE-Bänder 7, 13 und 14 beeinträchtigt werden. Geschickt dimensionierte Bandpassfilter an den Sendeantennen für WLAN und Bluetooth reduzieren die Einstrahlungen in gefährdete LTE-Bänder. Meist lässt sich die Sendeleistung und so die Störleistung der einzelnen Applikationen verringern. Nur beim Mobilfunk entfällt diese Option, da die Basisstation die Sendeleistung reguliert.

Empfangsqualität hängt entscheidend von der Frequenzorganisation ab

Anders als WLAN nutzt Bluetooth ein Frequenzsprungverfahren. Dabei wechselt das Signal in einem 2-MHz-Raster (BT4.0) pro Sekunde bis zu 1600 Mal den Kanal. Dies verhindert das permanente Stören eines WLAN-Signals im 2,4-GHz-Band. Die Optimierung der Empfangsqualität im Auto lässt sich sowohl im Frequenz- als auch im Zeitbereich weiter verfeinern. Etwa indem man für die Frequenzsprünge des Bluetooth-Signals eine schwarze Liste für Kanäle anlegt, die durch ein LTE-Signal gestört und daher gemieden werden können. Dieses Verfahren wird adaptives Frequenzsprungverfahren (Adaptive Frequency Hopping) genannt. Oder wenn ein LTE-Chip die Länge eines GNSS-Pakets kennt, z.B. 20 ms, kann dieser seine Aktivität in diesem Fall für 15 ms unterbrechen, um zumindest nicht die gesamte Übertragung zu stören. Die Unterbrechung ist kurz genug, um vom Teilnehmer nicht wahrgenommen zu werden.

Die Empfangsqualität von Audio- und Videosystemen lässt sich durch ein flexibles Mehrfachempfangsprinzip verbessern. Bis zu drei HF-Tuner empfangen und werten Signale aus, nur das beste geht weiter. Eine weitere Antenne (3+1-Prinzip) dient der Überwachung des Frequenzspektrums. So lassen sich Informationen über Störungen und über den besseren Empfang auf anderen Frequenzen ermitteln und an andere Empfänger zur Frequenzumstellung weitergeben.

Störsignale mit Messgeräten erkennen

Mit Hilfe eines Echtzeitspektrumanalysators gewinnen Entwickler Informationen über den Ursprung und die Art des Störsignals. Geräte wie der FSW von Rohde & Schwarz mit Real Time-Option FSW-K160RE erfassen jedes noch so kurze Ereignis. Die Frequenzsprünge von Bluetooth lassen sich gut im Spektrogramm-Modus verifizieren. Der Anwender bekommt dadurch einen guten Überblick hinsichtlich des Signalverlaufs und kann bereits kurze Signalstörungen ermitteln. Inwieweit die einzelnen Funksysteme jedoch gestört werden, können nur weitere Messungen ergeben.

Bei der Koexistenzmessung wird die Desensitization ermittelt, also der faktische Rückgang der Empfindlichkeit des Empfängers aufgrund einer starken Einstrahlung eines Nachbarsignals. Als wichtiges Bewertungskriterium gilt dabei die Bitfehlerhäufigkeit. Dabei empfängt das zu testende Gerät innerhalb eines definierten Zeitraums eine bestimmte Bitanzahl, die mit einem Referenzsignal verglichen wird. Bei WLAN und Bluetooth spricht man dabei von der Packet Error Rate (PER), bei LTE von der Block Error Rate (BLER). Bei dieser Messung lässt sich beobachten, dass unterhalb eines bestimmten Empfangspegels die Fehlerhäufigkeit ansteigt. Tritt am Eingang des Empfängers ein zusätzliches Störsignal auf, wird die Kurve gleichsam nach links verschoben. Die Empfindlichkeit des Empfängers nimmt deutlich ab. Für Koexistenzmessungen eignet sich ein multistandardfähiger Mobilfunkmessplatz. Rohde & Schwarz bietet mit dem vielseitig konfigurierbaren CMW500 eine Testplattform, mit der sich alle wichtigen zellularen und nicht-zellularen Mobilfunkstandards vermessen lassen, auch bei verschiedenen Funksystemen gleichzeitig. Dadurch lassen sich sowohl das Nutzsignal als auch das Störsignal mit einem Gerät generieren. Um die Ausbreitung der Signale innerhalb der Fahrgastzelle inklusive gegenseitiger Beeinflussung realitätsnah abbilden zu können, ist für den Testaufbau eine Verbindung über die Luftschnittstelle unerlässlich. Für kleine Aufbauten lässt sich dafür eine kompakte Messzelle nutzen. Der Eingangsteil des CMW500 hat mehrere HF-Anschlüsse für die Sende- und Empfangssignalpfade, sodass im einfachsten Fall keine Schaltmatrix nötig ist.

Für die Simulation eines Mehrfachempfangs von Rundfunksignalen bietet sich eine weitere Multistandardplattform an. Das Broadcast-Test-Center BTC generiert mit zwei unabhängigen Echtzeit-Signalpfaden und bis zu acht Arbitrary Waveform-Generatoren alle erforderlichen HF-Signale für die globalen TV- und Rundfunkstandards inklusive entsprechender Störsignale. Dadurch stehen dem Entwickler nicht nur die Signale des lokalen öffentlichen Netzes zur Verfügung, sondern auch die der anderen Länder, die für ein weltweit gültiges Szenario notwendig sind.

Autos erhalten LTE-Hotspots, um Störungen weiter zu reduzieren

Bei den Anwendungen geht es nicht nur darum, im Auto telefonieren oder portable Geräte an das Infotainmentsystem anbinden zu können. Künftig sind Autos immer mit ihrer Umgebung verbunden. Das erlaubt einen Zugriff auf die Heizung zu Hause oder es dient der Werkstatt für eine Fehlerferndiagnose am Fahrzeug. Über den WLAN-Standard 802.11p tauschen Fahrzeuge auch untereinander Informationen aus, um vor einem Unfall, einer Baustelle oder einer glatten Fahrbahn zu warnen. In Europa, den USA, Südkorea und Japan sind dafür bereits Frequenzbänder vergeben worden. Um den Empfang im Auto weiter zu optimieren, werden Autos in Zukunft mit eigenen Mobilfunkstationen (LTE-Hotspots) ausgestattet. Mit solchen Minifunkzellen, die beispielsweise bereits in Gebäuden genutzt werden, lässt sich eine gute Verbindung zwischen der Fahrzeugantenne und den Endgeräten herstellen und sie erlaubt eine individuelle Anpassung der Sendeleistung, um Störungen innerhalb des Autos zu reduzieren. 

Infoservice

Roschi Rohde & Schwarz AG
Mühlestrasse 7, 3063 Ittigen
Tel. 031 922 15 22, Fax 031 921 81 01
www.roschi.rohde-schwarz.ch

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