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Gateway to the wireless future

In der letzten Maiwoche fand im Moscone Convention Center in San Francisco die Internationale Mikrowellenmesse (IMS) 2016 statt. Einmal mehr ist die jährliche IMS das internationale Stelldichein der Hochfrequenzexperten. Über 10000 Spezialisten trafen sich in Kalifornien, um in der intensiven Woche ihr Wissen mit anderen Cracks auszutauschen und kreatives Networking zu betreiben.

 

Auch für mich ist die IMS immer wieder Quelle und Fundus für Innovationen und Trends aus der Welt der HF-Technik. Anhand von persönlichen Eindrücken und Erlebnissen berichte ich aus meiner Warte über spannende Themen der Hochfrequenzelektronik und Kommunikationstechnik. Der Beitrag hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Teil 2 erscheint in der Polyscope-Ausgabe 15/16.

IoT – Internet of Things

Das IoT ist in dem Microwave Techniques and Technologies (MTT)-Chapter der IEEE das heisse Thema, sowohl bei der Vernetzung im Haus, von technischen Anlagen oder zur Überwachung von Körperfunktionen. Meist muss auf sehr kleinem Volumen mit beschränkter Energiemenge eine kurze Funkstrecke überwunden werden, um die einzelnen Elemente in das Netzwerk einzubinden. Je wichtiger und kritischer die überwachte Messgrösse ist, desto höher sind die Anforderungen an die Funkverbindung und desto mehr Fehlererkennung, -korrektur und Informationsredundanz ist in das System einzupflegen.

Eine Firma zeigte den Prototypen einer transparenten Elektronik, die auf dem Deckglas einer kleinen Fotovoltaikzelle platziert war – die Schaltung war auf das Deckglas geätzt und dort bestückt. Trotz der vorhandenen Schalung und Antenne wird rund 85% des einfallenden Sonnenlichts auf die fotosensitive Zelle geleitet und in elektrische Energie umgewandelt. So kann z.B. mit diesem Sensor der Füllstand eines Vorratsbehälters an seine vernetzte Einheit weiter gegeben werden.

3D-Strukturdruck

Die bisherigen fotolytischen Herstellprozesse von ICs und gedruckten Leiterplatten sind aufwendig, können meist nur von Spezialisten erledigt werden, benötigen eine saubere Umgebung und sind deshalb auch recht teuer. Durch die immer besser werdende additive Herstellung von Einzelstücken lassen sich heute Funktionseinheiten sehr schnell und in einer erstaunlichen Qualität im eigenen Labor herstellen. Je nach Gebrauchsart der gedruckten Komponente wird sie direkt oder nach erfolgter Oberflächenveredelung und Nachbearbeitung eingesetzt. Zeiteinsparungen von mehreren Grössenordnungen für den ganzen Herstellprozess, im Vergleich zu «klassischen» Produktionstechniken, sind keine Seltenheit.

Durch die immer wieder verbesserten Drucktechniken lassen sich heute Leiterplatten mit Leiterbahnen herstellen, die aus demselben Druckgerät stammen. Die zu bestückenden Bauelemente werden dann meist mit leitendem Kleber aufgeklebt, weil die thermischen Einschränkungen der Grundstruktur keinen normalen Lötprozess zulassen.

Körpernah getragene Elektronik

Wearables decken viele Einzelfunktionen ab, seien es smarte Uhren, Sensorelemente für die Überwachung von Körperfunktionen, Alarmierungseinheiten für gestürzte betagte Mitmenschen oder die smarte Brille, z.B. bekannt unter dem Namen «Google Glass 2». Ähnlich der IoT-Einheiten sind auch bei den Wearables, betreffend der Funkübertragung grosse Hindernisse zu überwinden, sei es durch die kleine physische Grösse, den beschränkten Energievorrat, die hohe HF-Energieabsorption durch den Körper und Weiteres mehr. Gerade im Bereich des medizinischen und therapeutischen Körpermonitorings lassen sich markante Verbesserungen im Tragkomfort oder längere, unterbruchfreie Aufzeichnungszyklen realisieren, die zu einer differenzierteren Diagnose führen können. Dadurch lässt sich eine medikamentöse Behandlung präziser dosieren, da man eine Reihe von Messwerten hat und nicht nur eine Momentaufnahme einer einzigen Messung.

Im medizinischen Bereich sind jedoch Themen wie Datenschutz, Übertragungssicherheit, Anonymität von Daten und hohe Störfestigkeit durch äussere Einflüsse wichtig. Denn Fehlfunktionen können hier verheerende Folgen haben. In diesem Bereich sind z.B. bei der Therapierung von Traumen oder der Stabilisierung von körperlichen Fehlfunktionen immense Fortschritte erzielt worden, weil die verfügbare Datengüte und Datenmenge wesentlich differenziertere Informationen liefern.

Leitende Struktur auf flexible Fasern drucken

Bei körpernah getragener Elektronik ist es komfortsteigernd, wenn die Elektronik in einem gewissen Masse flexibel ist; sei es z.B. bei einem pflasterartigen Tape oder einem vernetzten Kleidungsstück. Durch den Einsatz von leitender Tinte und der Kombination mit flexiblen, elektrisch isolierenden Schichten, lassen sich leiterplattenähnliche Strukturen aufbauen. Zur qualitativen Verbesserung der einzelnen elektrischen Verbindungen werden diese mit der leitenden Tinte zwischen sechs und zehn Mal gedruckt, bevor die nächste Isolations- oder Leiterlage folgt. Dadurch lassen sich akzeptable Elastizitäten der Strukturen erreichen, die trotzdem zuverlässig arbeiten. Unter der Berücksichtigung des Verwendungszwecks ist es sinnvoll, das Leiterbild den besonderen Elastizitätsbedingungen der Umgebung anzupassen. Durchkontaktierungen, ähnlich von Vias, lassen sich u.a. durch den Einsatz von isolierenden Membranen in Kombination mit leitender Tinte bauen, indem die Poren des Membranmaterials gezielt für die Durchkontaktierungen ausgenutzt werden.

Der Einsatz von elektronischen Stimulanzien und Blockern

Bei Epilepsiepatienten gibt es mindestens zwei «elektronische» Therapieansätze, um die Häufigkeit und Schwere von Anfällen zu reduzieren. In der Regel werden diese Möglichkeiten erst eingesetzt, wenn die medikamentöse Behandlung keinen oder zu wenig Erfolg zeigt. Die erste Methode besteht aus im Hirn eingesetzten Elektroden, welche die gezielte Unterdrückung der fehlbaren Reizungen, die eben zu einem Epilepsieanfall führen, zum Ziel haben. Über diese Elektroden werden gezielt Impulse an das Hirn abgegeben, um so die «Schaltkreise» des Gehirns, welche die epileptischen Anfälle verursachen, besser zu kontrollieren. Das Risiko von Hirnschäden oder Infektionen ist dabei vorhanden und deshalb wird diese Methode nur massvoll eingesetzt.

Zur Reduktion von Epilepsieanfällen lässt sich beim Vagus-Nerv im vorderen Halsbereich mittels zweier Sonden die Nervenaktivität überwachen und gezielt dämpfen, damit Häufigkeit und Schwere der epileptischen Anfälle reduziert werden können.

Weit besser bekannt aus diesem Gebiet sind die implantierten Herzschrittmacher und Defibrillatoren, die in neuster Zeit durch miniaturisierte Varianten substituiert werden, damit die Einsetzung dieser zwei Geräte mit weniger Operationsaufwand und demzufolge auch viel tieferen Komplikationsrisiken einhergehen. Haben diese Einheiten ihre Lebensdauer erreicht, werden sie häufig im Körper belassen und durch eine zweite Einheit mit derselben Funktion ersetzt. Das zeitlich begrenzende Element ist meist der Energiespeicher – er ist leer oder hat den Alterungsprozess durchlaufen. Damit es nach dem Applizieren der zweiten Einheit nicht zu unerwünschten Überlagerungen von Einzelfunktionen kommt, wird die ältere Einheit von aussen mittels Programmier- und Steuergerät per Funk oder induktiv gezielt ausgeschaltet.

Fazit

Nicht alle aufgegriffenen Themen können unter dem Titel «Gateway to the wireless future» subsummiert werden; gewisse Ideen beinhalten kein drahtloses Element. Trotzdem lässt sich darüber philosophieren, ob die anderen Ideen und Lösungsansätze überhaupt entstanden wären, wenn wir das Thema drahtlose Übertragung überhaupt nicht kennen würden. Die drahtlose Kommunikation hat sicher einen enormen Innovations- und Miniaturisierungsschub ausgelöst, welcher befruchtend auf andere Gebiete der komplexeren Industrie- und Medizinelektronik gewirkt hat. In dem Sinne können wir sehr gespannt sein, welche Lösungen in ein paar Jahren «State of the Art» sind, die heute noch utopisch klingen mögen – The future is ours to create.

Teil 2 meines Berichts in der Ausgabe 15/16 behandelt folgende Themen: Energy Harvesting, Netzhautreparatur mit Sensoren, Women in Microwave, Ad-Hoc-Netzwerke, elektrische statt chemische Körpersteuerung. 

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