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Power-Design unter EMV-Aspekten

Der Griff zu fertigen DC/DC-Wandlern und Netzteilen beschleunigt die Geräteentwicklung erheblich. Auch wenn die einzelnen Module ihre EMV-Tests absolviert haben, birgt die Zertifizierung des Gesamt- systems noch Risiken. Ungünstige Bauteilpositionierung oder suboptimale Leitungsführung können Probleme bereiten. Recom öffnet den Kunden sein EMV-Labor und bietet praxisorientierte Seminare.

 

Wir alle kennen das Phänomen: Das Autoradio knarrt und Sekunden später klingelt das Handy. Die Ursache sind elektromagnetische Störungen. Während die Welt der Elektronik heute weitgehend «digital» ist, und sich der Ingenieurnachwuchs angesichts des «Internet of Things» kaum noch in die Niederungen der Analogtechnik begibt, hat sich am brisanten Charakter der EMV-Problematik wenig geändert. In einem vor rund zehn Jahren in EDN publizierten Artikel «Designing early for EMC» schätzte der Autor, dass 70 bis 90% aller Designs den ersten EMV-Test nicht bestehen.

Josefine Lametschwandtner, Leiterin des EMV-Labors bei Recom im österreichischen Gmunden, hält nach eigenen Erfahrungen die 90%-Marke heute sogar für wahrscheinlicher. Und dies hat gute Gründe. Zum einen sind die Schaltfrequenzen der Module ständig weiter erhöht worden, um Baugrösse und Wirkungsgrad zu verbessern (Bild 1). Auch hat die Komplexität der Designs und die Anzahl der Layer auf den Platinen weiter zugenommen. Zum anderen ist in vielen Entwicklungsteams «analoges Spezialwissen» verloren gegangen, weil mehr und mehr erfahrene Analogtechniker das Rentenalter erreichen.

EMV-konformes Design muss früh beginnen

Dabei ist eine frühe Weichenstellung hin zu einem EMV-konformen Design ganz entscheidend, wenn hohe Folgekosten durch Re-Design und verspätete Markteinführung vermieden werden sollen. Werden Probleme nämlich erst erkannt, wenn der Prototyp bei einem akkreditierten Labor auf dem Prüfstand steht, sind die Folgen erheblich. Grundsätzliche Designschwächen müssen nachträglich mit hohem Aufwand kompensiert werden. Wertvolle Zeit geht verloren und die Kosten steigen. Auch der Preis, der für eine verspätete Markteinführung zu zahlen ist, sollte nicht unterschätzt werden. Insbesondere bei schnelllebigen Produkten kann eine Verzögerung von nur drei Monaten Ursache dafür sein, dass die Konkurrenz die Nase vorne hat.

Wer Überraschungen bei der EMV-Prüfung vermeiden möchte, muss nicht nur die einschlägigen Richtlinien kennen, sondern ganz früh mit EMV-konformer Positionierung kritischer Komponenten auf der Platine beginnen. Durch entsprechendes «Floorplanning» sind die Bereiche Analog, Digital und Power strikt voneinander zu trennen. Versorgungsleitungen sollen parallel in Form einer Baumstruktur geführt werden. Leitungswege sollten immer möglichst kurz sein, und die Pfade für Hin- und Rückstrom dicht beieinander liegen. Grundsätzlich muss beachtet werden, dass hochfrequente Ströme ganz andere Pfade nehmen als niederfrequente. Dabei ist es hilfreich, «kritische Maschen» zu definieren und die optimalen Punkte für die Masseanbindung zu fixieren. Durchkontaktierte Brücken bei mehrlagigen Platinen sind für hochfrequente Signale generell zu vermeiden.

Als klassische Fehlplanung gilt die entgegengesetzte Positionierung von Ein- und Ausgangssteckern auf der Platine. Das rote Signal (Bild 2) zeigt deutlich höhere Störpegel in einem breiten Frequenzbereich. Ursache hierfür sind die Schleifen im Stromkreis, die als Antennen wirken. Strukturelle Schwächen wie diese lassen sich im Nachhinein nur mit überproportionalem Aufwand beseitigen. Deshalb ist es unter EMV-Aspekten richtig, die zur selben Funktionsgruppe gehörigen Steckverbindungen Seite an Seite zu positionieren.

Designschwächen früh erkennen und beseitigen

Im neuen Entwicklungs- und Test-Center betreibt Recom ein bestens ausgestattetes EMV-Labor, wie es im Voralpenraum ausserhalb akkreditierter Institutionen eher selten sein dürfte. Das Labor wird von einer EMV-Spezialistin betreut, die über langjährige, spezifische Erfahrung verfügt. Dadurch kann Recom nicht nur die Entwicklung eigener Produkte beschleunigen, sondern auch Kunden weit über den telefonischen Support hinaus aktiv unterstützen, wenn es darum geht, EMV-Probleme zu eliminieren (Bild 3). In einer von Rohde & Schwarz ausgestatteten 3-m-SAR-Kammer (Semi Anechoic Room) lassen sich normkonforme Messungen nach CISPR22 sowie nach EN 61000-4-x und EN 61000-3-2 durchführen. Zwar ist das eigene Labor nicht offiziell akkreditiert, die erzielten Messergebnisse sind aber mit denen akkreditierter Labors absolut kompatibel.

Prüflinge bis 150 cm Durchmesser

In der Kammer lassen sich selbst an grossen Prüflingen mit Durchmessern bis 150 cm Fernfeldmessung durchführen. Die Position des Drehtisches und die Polarität der Antenne werden dabei vollautomatisch justiert. Die Messungen geben Aufschluss darüber, ob Störfrequenzen und Störpegel in einem kritischen Bereich liegen. Ist dies der Fall, können Störquellen anschliessend systematisch mittels Nahfeldsonden lokalisiert werden.

Ein Beispiel aus der Praxis: Bild 4 oben zeigt die Messung am Prototypen eines Kunden. Da der Pegel bei 40 MHz etwas über dem Limit (durchgezogene rote Linie) lag, wäre das Gerät bei der Zertifizierung durchgefallen. Durch Modifikation des Eingangsfilters und Einbau einer zusätzlichen «Common-Mode-Drossel» konnte die Rückwirkung von der Schaltung auf die Versorgungsleitung geblockt werden, sodass der Zertifizierung nichts mehr im Wege stand. Dieser applikationsspezifische Support soll nicht nur der Verbesserung der Kundenbeziehung dienen, sondern Recom auch wichtige Impulse bei der Weiterentwicklung eigener Produkte liefern.

Seminarreihe schärft Blick für EM

Mehrmals jährlich veranstaltet Recom zweitägige EMV-Seminare für Kunden, auf denen neben den eigenen Spezialisten auch Gastreferenten der Uni Graz sowie der Firmen Würth und Keysight Einblicke in die EMV-Problematik vermitteln. Damit sollen interessierte Entwickler dafür sensibilisiert werden, Neuentwicklungen von Beginn an unter EMV-Aspekten zu konzipieren. Das Seminar befasst sich mit den einschlägigen Vorschriften, vermittelt EMV-Grundlagen, liefert Checklisten zur Fehlervermeidung, analysiert Fehlerquellen und informiert über messtechnische Möglichkeiten. Ausserdem werden konkrete Lösungsansätze erarbeitet um EMV-Probleme bei vorhandenen Designs zu beheben – bis hin zur Schaltungstechnik rund um geeignete Entstörkomponenten. Ein Nachmittag ist für praxisbezogene Messungen im Labor reserviert. Die Teilnehmerzahl ist auf 24 begrenzt. Die Teilnahmegebühr liegt bei 500 EUR. Seminarunterlagen, Übernachtung und Bewirtung sind im Preis enthalten. Die nächsten Termine sind am 18./19. Februar und am 23./24. Juni 2016. Anmeldungen oder Fragen direkt über www.recom-power.com/emc. 

Infoservice

Recom Electronic GmbH & Co KG
Carl-Ulrich-Strasse 4, DE-63263 Neu-Isenburg
Tel. 0049 6102 88 38 10, Fax 0049 6102 88 38 161
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