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Moore´s Law: Aus und vorbei?

Die 10. Ausgabe des FAEL-Herbstseminars widmete sich dem Mooreschen Gesetz, das vor 50 Jahren formuliert wurde. Das Seminar – es fand am 11. November 2015 an der Kantonsschule Hottingen in Zürich statt – begeisterte die über 140 Besucher. Organisiert wurde der Anlass durch die Fachgruppe Elektronik und Informatik (FAEL) des Swiss Engineering STV unter Mithilfe zahlreicher Verbände und Vereinigungen.

 

Im Jahre 1965 formulierte Gordon Moore die Voraussage, dass sich die Anzahl Transistoren auf einem Chip alle ein bis zwei Jahre verdopple. Alle Referenten des Abends widmeten sich dieser damaligen Voraussage mit jeweils einem anderen Aspekt oder einer anderen These bzgl. Zukunft der Halbleiterindustrie.

Hanspeter Schmid,

Professor für Mikroelektronik an der FHNW, eröffnete den Reigen mit einem Rückblick auf die letzten 50 Jahre. Dabei betonte er, dass Moore´s Law eigentlich seit letztem Jahr tot sei und dass das gut so sei. Genau genommen habe Moore ja gesagt, dass sich nicht die mögliche Anzahl Transistoren verdopple, sondern die Anzahl Elemente auf dem Chip, für welche der Elementpreis am günstigsten ist. Moore hat das in der Originalpublikation illustriert mit einer Karikatur eines Verkaufsstandes für Elektronikartikel, bei dem die Leute Schlange stehen. Solche Bilder sieht man heute bei der Lancierung eines neuen Handys. Dass es vorbei sei mit der exponentiellen Chipdichtenvermehrung habe vor allem damit zu tun, dass die Kosten für weitere Verdopplungen massiv ansteigen, wegen der nötigen Mehrfachbelichtung, um immer feinere Strukturen hinzubekommen.

Martin Schmatz,

Abteilungsleiter beim Forschungszentrum der IBM in Rüschlikon, nahm den Ball auf und erklärte, dass Innovation hilft, in der Halbleiterindustrie weiterhin Fortschritte zu erzielen. Allerdings seien nicht allein die Anzahl der Transistoren massgebend, sondern neue Kriterien wie «Performance per Energy», deren Verbesserungen neue Anwendungen wie das «Internet of Things» erst möglich machen. Als Beispiele solcher Innovationen nannte er den «Gate-All-Around- Nanowire-FET» und den Tunnel-FET, an dem IBM derzeit forscht.

Daniel Müller,

ASIC-Entwicklungsleiter bei Sensirion, erklärte, dass die Innovation vor allem durch neue Elemente wie Sensoren komme. Mit vielen Beispielen zeigte er auf, dass mit «More than Moore» in Zukunft ganze Biolabors auf Chips Platz finden würden. Organische Materialien könnten traditionelle Halbleiter ersetzen und damit umweltverträglicher und schliesslich sogar essbar werden. Wenn nicht nur Sensoren und Aktoren, sondern auch sogenannte «Energy Harvester», also Energieernter, und eine Funkschnittstelle auf dem Chip Platz finden, können die Chips endlich autark existieren und funktionieren.

Roland Horisberger,

Leiter der Gruppe für Hochenergie-Teilchenphysik am Paul Scherrer Institut und Titularprofessor an der ETH Zürich, erzählte, wie limitiert früher die Möglichkeiten waren, mit diskreter Elektronik Teilchendetektoren zu bauen, welche hohe Positionsauflösung und hohe Ratenfähigkeiten haben. Moore’s Law erlaubte dank der dramatischen Kostenreduktion, die Anzahl elektronischer Auslesekanäle dramatisch zu steigern und somit eine enorme Leistungssteigerung der Teilchendetektoren zu erzielen. Der experimentelle Nachweis des Higgs-Bosons war also nur dank Moore´s Law möglich. Die Physiker mussten allerdings zuerst selbst lernen, die Möglichkeiten der Mikroelektronik auszuschöpfen, um sie in Kombination mit ihren Teilchendetektoren optimal einzusetzen. Die Spuren, welche die Teilchen in den Detektoren hinterlassen, sind jedoch nicht nur zu detektierende Signalladungen, sondern oftmals auch Kristalldefekte im Siliziumchip, was zu Degradation der elektronischen Schaltungen führt. Das Chipdesign in der Teilchenphysik unterliegt somit nicht denselben Kriterien wie dasjenige für die Konsumgüterindustrie, was zu einer etwas anderen Beurteilung führt, ob und bei welcher Technologie Moore´s Law zum Stillstand kommt.

Klaus Ensslin,

Professor für Physik an der ETH Zürich, extrapolierte das Mooresche Gesetz auf beiden Seiten der Zeitachse. Während das bei den Anfängen der Halbleitertechnik für den «Ein-Element Chip» ziemlich genau auf 1948, das Geburtsjahr des Transistors, fällt, führt die Extrapolation für zukünftige Zeiten zu einer immer kleiner werdenden Anzahl Elektronen, welche pro Bit Information fliessen. Wenn nur noch einzelne Elektronen involviert sind, lässt sich der Stromfluss nicht mehr klassisch deterministisch detektieren. Dann kommt die Quantentheorie mit der Schrödinger-Gleichung ins Spiel. Die Quantenkryptographie hilft schon heute, Verschlüsselungen noch sicherer zu machen. Allerdings ist der Aktionsradius noch sehr eingeschränkt. Der Anlass fand seinen üblichen Ausklang mit einem Apéro, an dem die begeisterten Gäste mit den Referenten intensiv weiterdiskutierten. 

Infoservice

Prof. Dr. Heinz Mathis, Institutsleiter ICOM
HSR Hochschule für Technik Rapperswil Oberseestrasse 10, 8640 Rapperswil
Tel. 055 222 45 95, http://icom.hsr.ch