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Der Lack bröckelt ab

Der Ruhm der Innovationsmaschine Silicon Valley zieht immer noch zahllose Ingenieure aus aller Welt in seinen Bann. Die meist jungen Programmierer und frischgebackenen Elektronikingenieure träumen vom Mega-Hit, wobei die besonders hohen Lebenshaltungskosten in der Bay Area den Tatendrang offensichtlich keineswegs mindern. Unzählige Arbeitsstunden pro Woche scheinen zudem die Regel zu sein.

 

San Francisco liegt in Sachen Technologie hinter Seoul und Singapore

Wer in San Franciscos gefragtem Stadtteil SOMA (South of Market) nach einer einfachen Unterkunft sucht, sollte nicht überrascht sein, wenn in einem Raum mit drei Betten jedes Bett für 750 Dollar vermietet wird. Nahezu jeder Politiker beschwört seine Wähler wieder und wieder mit der griffigen Formel, dass es die Start-ups sind, die die verlorenen Arbeitsplätze mit neuen und innovativen Jobs wieder auffüllen werden. Man braucht ja nur ins Silicon Valley schauen, wo solche Start-ups wie Google und Facebook jede Menge Arbeitsplätze geschaffen haben. Es sind die Motoren des Wirtschaftswachstums – nicht wahr? Nun, aber nur vielleicht – so meint es jedenfalls Professor George Foster von der Stanford Graduate School of Business. Mit einer Multi-Länder-Studie fand er heraus, dass die meisten Start-ups gar nicht erst «abheben».

Nur wenige Start-ups schaffen es

Foster sammelte mit seinen Mitarbeitern Daten von mehr als 150 000 Start-ups in aller Welt, und zwar in einem Zeitraum von fünf Jahren. Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich einige junge Unternehmen wirklich zu Geld und Ansehen bringen – diese Erfolge werden aber mehr als ausgeglichen durch die Verluste in anderen Firmen. Foster meint, wenn die Politiker lieber nach der Net-Job-Creation schauen würden, dann wird sicher eine sehr tiefe Ernüchterung eintreten. Technologie also nur für die Wohlhabenden? Diese Frage bringt so manchen Technikgläubigen auf die Palme. Es hagelt Beweise, dass die Siliziumtechnologie in vielen Lebenssparten beeindruckende Kostensenkungen mit sich gebracht hat. Man denke nur an den Computer oder das Handy. Erst kürzlich beschäftigte sich die New York Times mit diesem Thema und beschrieb unter anderem den Fall des Start-ups Shuddle, dem die berufstätigen Eltern ihre Kinder anvertrauen können, die dann zur Schule und/oder zu den üblichen Aktivitäten transportiert werden. Zurzeit bezahlen die Shuddle-Kunden rund 12 bis 15 Dollar pro Trip. Das ist wesentlich mehr als öffentliche Verkehrsmittel, die aber in der Regel nicht überall erreichbar sind. Um den komplexen Transportaufgaben gerecht zu werden, muss jedes Kind ein Handy haben. Ermöglicht wird dieser Service, der für viele Eltern eine grosse Erleichterung bedeutet, durch die technischen Errungenschaften. Wenn man diesen Service aber mal für eine Durchschnittsfamilie durchrechnet, dann können nur die «Haves» daran teilnehmen, auch wenn Shuddle damit rechnet, bald pro Trip «nur» noch 5 Dollar berechnen zu können. Gehen die Segnungen der innovativen Technologie unserer Tage an den weniger Erfolgreichen wirklich vorbei?

Und was macht die Elektronikbranche?

Wer die Anfänge der Elektronikindustrie in den 70er- und 80er-Jahren miterlebte, wird sich erinnern, dass manches Unternehmen in den ersten Gründungsjahren mit innovativen Ideen und Produkten sagenhafte Umsatzsprünge aufweisen konnte. Aber heute scheint diese Aufbruchsstimmung vorbei zu sein, denn das bekannte US-Businessmagazin Fortune listet in seiner jährlichen Aufstellung von 100 Firmen, die besonders schnell wachsen, nur sechs Unternehmen aus dem unmittelbaren Elektroniksektor auf: Alliance Fiber Optic Products, Methode Electronics, Universal Display, Skyworks Solutions und Super Micro Computer. Das spricht für sich selbst. 

Langversion: 1-2_16.01.pdf