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So schnell sind Elektronen im Silizium

Die gesamte Halbleiterindustrie basiert auf der Neigung der Elektronen, in Silizium aus ihrer Atomschale herausgestossen zu werden und frei zu sein. Diese mobilen Elektronen tragen dann Informationen und werden durch Transistoren geleitet und geschaltet. Forscher konnten diesen Vorgang nun erstmals messen.

 

Ein internationales Team aus Physikern und Chemikern an der UC Berkeley konnte erstmals Aufnahmen vom flüchtigen Vorgang des Elektronensprungs machen. Dies gelang mit Attosekundenimpulsen – weichen Röntgenstrahlen, deren Impulsdauer nur wenige Milliardstel eines Milliardstels einer Sekunde beträgt. Während frühere Femtosekundenlaser nicht in der Lage waren, den Sprung von der Valenzschale des Siliziumatoms über die Bandlücke in die Elektronenleitungsregion zu erfassen, zeigen die neuen Experimente, dass der Übergang weniger als 450 as (Attosekunden) dauert.

Den Quantensprung filmen

Obwohl der Anregungsschritt für herkömmliche Experimente zu schnell ist, konnten die Forscher mit ihrer speziellen Technik einzelne Aufnahmen aufzeichnen, die sich dann wie in einem Film aufreihen lassen und die Zeitsequenz des Prozesses darlegen. Der erste Film von diesem Übergang gelang mit der Attosekunden-XUV-Spektroskopie (eXtreme UltraViolet), die im Attosecond Physics Laboratory der UC Berkeley entwickelt wurde.

Sobald Licht auf Halbleitermaterialien trifft oder eine Spannung angelegt wird, absorbieren einige der Elektronen Energie und werden in einen mobilen Zustand versetzt, mit dem sie sich durch das Material bewegen können. Die lokalen Elektronen unternehmen einen Quantensprung in das Leitungsband und tunneln durch die Barriere, die sie normalerweise an die Atome bindet. Die mobilen Elektronen machen das Halbleitermaterial leitend, sodass eine angelegte Spannung in einem Stromfluss mündet.

Stoppuhr für extrem kurze Zeiten

Die Forscher verwendeten die Attosekunden-XUV-Spektroskopie wie eine Stoppuhr, um den Übergang des Elektrons aufzuzeichnen. Ein Siliziumkristall wurde mit extrem kurzen Attosekunden-Lichtblitzen beaufschlagt, um den Verlauf des Anregungsprozesses aufzuzeichnen. Eindeutige Interpretationen der experimentellen Daten wurden durch eine Serie von Supercomputer-Simulationen an der University of Tsukuba und der Molecular Foundry ausgeführt. Die Simulationen modellierten den Anregungsprozess und die dann folgenden Interaktionen der Röntgenimpulse mit dem Siliziumkristall.

Forscher weisen Bewegungen im Kristallgitter nach

Die Anregung eines Halbleiters mit Licht wird traditionell als ein Prozess mit zwei ganz bestimmten Vorgängen angesehen. Zuerst absorbieren die Elektronen Licht und werden angeregt. Das Kristallgitter, das aus einzelnen Atomen besteht, reorganisiert sich dann durch die Neuverteilung der Elektronen. Dadurch wird ein Teil der absorbierten Energie in Wärme umgewandelt, die wiederum durch vibrierende Wellen getragen wird, die Phononen genannt werden.

Hypothese der Forscher stimmt

Bei der genaueren Datenanalyse stellten sich klare Anzeichen dafür heraus, dass diese Hypothese der Forscher richtig ist. Es zeigte sich, dass anfänglich nur die Elektronen auf das einfallende Licht reagieren, während das atomare Kristallgitter unbeeinträch- tigt bleibt. Lange, nachdem die Anregungs- impulse des Lasers abgeschaltet wurden – etwa 60 fs (Femtosekunden) später – beobachteten die Forscher den Anfang einer kollek-tiven Bewegung der Atome, sprich Phononen. Das entspricht in etwa der 64-fs-Periode der schnellsten Kristallgittervibrationen. Basierend auf geltenden Theorien errechneten die Forscher, dass das Kristallgitter sich aufgrund des Elektronensprungs etwa 6 pm (Picometer) zurückbewegt.