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Quecksilberdampflampen ab April verboten

Das LED-Licht holt im Schweizer Strassenbild rasant auf. Landesweit testen Städte wie Zürich, St. Gallen oder Yverdon den Einsatz intelligenter Leuchten. Derzeit sind noch rund 90 Prozent der Strassenleuchtkörper Natriumdampflampen. Dass ab April 2015 der Vertrieb von Quecksilber- dampflampen verboten ist, dürfte den Vormarsch der LED-Technologie weiter antreiben.

 

Viele Strassen und Plätze in Schweizer Gemeinden sind überbeleuchtet. Das ist auch sehr gut im siebten Umweltbericht des Kantons Zürich von Januar 2015 ersichtlich, der alle vier Jahre erscheint. Der Bericht zeigt zwei nächtliche Aufnahmen des Kantonsgebietes aus dem All fotografiert. Das erste Foto wurde 1992, das zweite 2012 aufgenomme. in diesen 20 Jahren hat die Lichtmenge um das geschätzte Dreifache zugenommen. Die massive Lichtzunahme geht auf die Ausdehnung der Siedlungsgebiete und die damit verbundenen neuen Strassen, Plätze usw. zurück.

Die Zunahme der Helligkeit – der Verein Dark Sky spricht von «Lichtverschmutzung» – hat einen weiteren Grund, bei den meisten Strassenleuchten handelt es sich um Natriumdampflampen mit einem grossen Streulichtverlust. Viele Gemeinden sind deshalb zum Einsatz punktgenauer LED-Leuchten übergegangen. Zudem drängen neue Effizienz-vorschriften bei der Strassenbeleuchtung die meisten Schweizer Gemeinden zum Handeln.

Hohe Stromkosten auf Schweizer Strassen

Das schlägt sich auch positiv auf die Gemeindekassen nieder. Die Schweizer Agentur für Energieeffizienz (SAFE) beziffert die Ausgaben für die Stromkosten von Schweizer Strassenbeleuchtungen auf 150 Mio. Franken. «Davon könnte glatt ein Drittel eingespart werden, wenn die alten Quecksilberdampflampen durch effizientere Leuchten ersetzt würden», rechnet Giuse Togni, Energieplanerin und Präsidentin von SAFE vor.

Ein Beispiel: der Kanton Luzern hat zwischen 1999 und 2007 auf den Kantonsstrassen die alten Quecksilber- durch schaltbare, effizientere Natriumdampflampen ersetzt. Luzern spart dadurch 40 Prozent Energie bei der Stras- senbeleuchtung. Quecksilberdampflampen sind definitiv von gestern: Per April 2015 sind Produktion und Import dieser alten, ineffizienten Lampen verboten. Sobald die Bestände aufgebraucht sind, werden die umweltbelastenden Leuchtkörper aus dem Schweizer Stras- senbild verschwinden.

Sämtliche Glarner Gemeinden haben im Jahr 2012 eine quecksilberfreie und energieeffiziente, öffentliche LED-Beleuchtung ihrer Strassen beschlossen. Die modernen, hellenLED-Leuchten brauchen nur noch 30 Watt pro Jahr, während es bei den alten Quecksilberdampflampen 80 Watt waren. Mit dem eingesparten Strom können laut Berechnungen des EWZ, Elektrizitätswerk der Stadt Zürich, 60 Haushaltungen versorgt werden.

Zehn Jahre Garantie auf die 1000 LED-Leuchten

Für diese Umstellung gab es drei Gründe: Der geringe Unterhalt bei den LED-Leuchten, die geringeren Stromkosten und die fruchtbare Kooperation mit der Firma Elektron AG (Au/ ZH). Das Unternehmen gewährte den Glarnern eine 10-Jahres-Garantie auf die 1000 LED-Leuchten. Das Projekt wurde beim Bundesamt für Energie BFE eingereicht, das einen Förderbeitrag von 416 000 Franken zusicherte. Das entspricht rund einem Drittel der Gesamtkosten.

Für die drei Gemeinden war das matchentscheidend, daher stimmten sie der 1,3 Mio. teuren Investition für den Ersatz der 1000 Quecksilberdampf- durch LED-Leuchten zu. Sie wurden bis Mitte 2013 installiert. Der Preis pro Lampe betrug circa 1000 Franken, womit die Amortisationszeit der Investition bei 13 Jahren liegt. Andere Schweizer Gemeinden, die ihre Strassen auf LED-Beleuchtung umrüsten wollen, können weiterhin beim BFE-Förderprogramm «effeSTRADA»-Fördergesuche einreichen. Das Bundesamt fördert insbesondere intelligente Strassenbeleuchtungen.

Bedarfsgerechte Steuerung vermindert Lichtverschmutzung

Die Vorteile von LED-Leuchten liegen nicht nur bei der Energieeffizienz, sondern auch in ihrer Steuerbarkeit. Zwischen 24 und 5 Uhr morgens, wenn wenig Verkehr herrscht, können LED-Lampen dank individuell eingebauten Steuermodulen auf 50 Prozent Leuchtkraft gedimmt werden. Dies ist bei neueren Natriumdampflampen zwar auch möglich. Doch die LED-Technik macht rasch Fortschritte. Die neue Lampengeneration lässt sich mit einer dynamischen Steuerung ausrüsten, was gegenüber den Natriumdampflampen rund 80 Prozent Energie spart. Dank Vorschaltgeräten und Bewegungssensoren sind LED-Lampen stufenlos dimmbar. Wenn beispielsweise ein Auto, ein Velofahrer oder ein Fussgänger naht, schalten sie in Sekundenbruchteilen vom Schummerlicht auf volle Leuchtkraft. Damit der Autofahrer auch weit genug sieht, leuchtet bei der Annäherung eine ganze Reihe von LED-Leuchtpunkten auf – das Licht eilt dem Auto oder Velofahrer quasi voraus. Bei Tieren, wie Füchsen, Katzen oder Igeln, wird die Steuerung nicht ausgelöst.

Zürich hat die Nase vorn

In Regensdorf haben die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich, EKZ, im Juni 2014 auf einem Kilometer Länge die Kantonsstrasse mit 30 intelligenten LED-Leuchten ausgestattet. Bei der Lebensdauer wird hier mit 15 bis 20 Jahren gerechnet. Im Kanton Zürich erfolgt die Umstellung rasch: 108 der 170 Zürcher Gemeinden setzen nach und nach dimmbare LED-Leuchten ein. In 90 Prozent der Strassen-Beleuchtungsprojekte der EKZ im Jahr 2013 kamen LED-Lampen zum Zug.

In Zürich wurde im November 2014 gar eine kleine LED-Offensive gestartet. Das EWZ der Stadt Zürich testet gegenwärtig zwei knapp ein Kilometer lange Strassenabschnitte an der Furttal- und der Schwandenholzstras-se mit dynamischen LED-Leuchten. Beleuchtungszüge in zwei weiteren Strassen werden im Verlauf des ersten Halbjahres 2015 anlaufen. Zudem wurde die Rathausbrücke neu ausgestattet. 70 alte Kugelleuchten wurden durch 8 schlanke LED-Zylinder ausgetauscht – Energieersparnis: 83 Prozent.

Die Umstellung auf die neuen Beleuchtungssysteme dauert Jahre

Das sah vor wenigen Jahren noch anders aus. Bei einem Rating des WWF und der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz (SAFE) zum Stromverbrauch der Strassenbeleuchtung in den Kantonshauptstädten landete Zürich 2006 auf dem drittletzten Platz. Die effizienteste Beleuchtung hatte St. Gallen. Dort genügten 8 MWh (Megawattstunden), um einen Kilometer Strasse ein Jahr lang zu beleuchten – Zürich brauchte dafür 30 MWh. 2008 hiessen die Zürcher mit grossem Mehr den Einstieg in die 2000-Watt-Gesellschaft gut. Heute ersetzt das EWZ sukzessive jedes Jahr 700 bis 800 alte Lampen. Die 42 000 Strassenleuchten auf Zürcher Stadtgebiet verbrauchen jährlich 20 GWh Strom. Auch deshalb, weil die meisten der vorherrschenden Natriumdampflampen nicht über eine Absenkung zwischen Mitternacht und 5 Uhr verfügen.

St. Gallen baute eine der ersten LED-Strassenbeleuchtungen der Schweiz

Intelligente Steuerungen sind an vielbefahrenen Hauptachsen nicht nötig, aber an Quartiersstrassen lässt sich mit Detektoren viel Strom sparen. In St. Gallen wurde bereits Anfang 2012 an der Hüttenwiesstrasse, erstmals an einer Schweizer Quartiersstrasse, eine volldynamische LED-Strassenbeleuchtung mit 12 Lichtpunkten auf einer Länge von 400 Metern realisiert. Mit der Steuerung wird das Licht effizient eingesetzt. Gegenüber normalen LED-Leuchten ohne Sensoren spart diese Lösung zusätzlich 40 Prozent Energie. Auch die Anwohner profitieren, da die Lichtemission viel kleiner ist als früher mit den orange leuchtenden Natriumdampflampen. Die Versuchsstrecke mit den 12 volldynamischen LED-Strassenleuchten kostete 60 000 Franken. Die Lebensdauer einer LED-Lampe mit Sensor wird auf 10 bis 15 Jahre veranschlagt. Mittlerweilen plant man in St. Gallen zwei weitere Teststrecken. Auf Stadtgebiet sind heute von den insgesamt 11 500 Strassenleuchten deren 750 auf zukunfstweisende und energiesparende LED-Technologie umgestellt.

Schweizweit sind viele Beleuchtungsprojekte geplant

Dank der Energiewende wächst allenthalben das Bewusstsein für Energieeffizienz, und die Technik entwickelt ständig neue Möglichkeiten. Auch in der Romandie ist LED ein Thema. In diversen Gemeinden gibt es Pilotprojekte mit intelligenten LED-Strassenleuchten. So in Sion, wo seit November 2013 das Platta-Quartier mit 60 LED-Lichtpunkten ausgestattet wurde. Diese lassen sich zentral über ein Telemanagementsystem dimmen. Yverdon plant sogar, alle seine Quartiere mit intelligenten LED-Strassenleuchten auszurüsten; bereits 2013 wurde das erste Quartier mit 80 sensorgesteuerten LED-Lichtpunkten bestückt. In beiden Fällen gehörte die Firma Schreder Suisse zu den Ausrüstern. In Carrouge VD, Sitz von Schreder Suisse, hat die Firma einen Strassenabschnitt selber mit 14 sensorgesteuerten Lichtpunkten ausgerüstet. Er dient auch zu Demonstrationszwecken.

Der Unterhalt ist einfacher aber dennoch unverzichtbar

Mit Effizienz allein ist es nicht getan. Wartung und Unterhalt der Strassenbeleuchtung sind für Lebensdauer und Lichtqualität einer Lampe ebenso wichtig. Doch diese werden laut Giuse Togni aus Kostengründen oft vernachlässigt. Alterung, Verschmutzung oder Vegetation beeinträchtigen die Beleuchtungsqualität der Lampen, was die Sicherheit auf den Strassen vermindert: Bäume und Sträucher können den Leuchtkegel der Lampe verdunkeln. Insekten und Spinnen, aber auch Stras-senstaub vermindern die Qualität des Lichts. Togni: «Regelmässige Kontrolle, Reinigung und Wartung der Lichtpunkte ist deshalb unverzichtbar.» Ein Beleuchtungs- und Wartungskonzept für die Gemeinden sei unerlässlich. Im November 2014 legte SAFE einen neuen Ratgeber für Gemeinden zu Unterhalt und Wartung von Strassenleuchten vor.

Ratgeber Strassenbeleuchtung Wartung

und Unterhalt: 04_15.50.pdf

Infoservice


S.A.F.E.
Schweizerische Agentur für Energieffizienz
Schaffhauserstrasse 34, 8006 Zürich
Tel. 044 362 92 31, www.energieeffizienz.ch