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«Umfassende Total-Cost-of-Ownership- Bewertungen sind selten»

Hadimec ist ein Schweizer «One-Stop-Shop» für die Entwicklung und Herstellung elektronischer Geräte und Systeme. Die Kunden des EMS-Anbieters kommen aus der Medizin- und Industrieelektronik, Gebäudeautomation, Energie und Transport sowie dem Maschinenbau. Wie sich Christian Villiger in seinem neuen Job eingelebt hat und was er in Zukunft vorhat, sagt er im Interview.

 

Beschreiben Sie uns bitte kurz Ihren beruf-lichen Werdegang.

Christian Villiger: Ich bin in der Elektronik und Informatik gross geworden. Schon während meiner Elektronikerausbildung bei Landis & Gyr gründete ich eine Informatikfirma. Bereits mit 20 Jahren durfte ich bei einer Bucher-Tochter eine Elektronikentwicklungsabteilung ins Leben rufen, die ich sieben Jahre lang bis 1999 führte. Beim Aufzugsteilehersteller Wittur leitete ich dann ein Kompetenzzentrum für F & E in Norditalien. Damals reiste ich viel um die Welt und konnte die Mechanismen anderer Märkte kennenlernen. Im Jahre 2005 ging ich nach Mendrisio ins Tessin zur Adaxys ehemals Nelm – diese suchten einen COO/Managing Director. In dieser Zeit schloss ich ein EMBA an der Uni Lugano ab.

Sie sind nun knapp ein halbes Jahr im Amt. Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis, was bereitete Ihnen Sorgen oder Ärger?

Villiger: Mein technischer Background und Know-how erlaubten mir einen ganz speziellen Blick auf meinen neuen Arbeitgeber. Ich ging nach dem Malik-Prinzip vor – Beobachten, Lernen und nur dosiert eingreifen. Hadimec besitzt sehr motivierte, gut qualifizierte Mitarbeitende, das breite, teils international aktive Kundenspektrum zeigt mir, dass wir technisch wie kommerziell international mithalten können. Unsere Kompetitivität liegt über meinen Erwartungen – wir haben Kunden aus dem EU-Raum, bestehende als auch neue. Wir haben zu unseren Kunden sehr gute, partnerschaftliche Verhältnisse. Optimierungsbedarf besteht meiner Meinung nach in der Wahrnehmung unserer Firma im Markt. Zum einen sind wir nicht sehr gross, zun anderen müssen wir unsere vor zwei Jahren integrierte deutsche Tochtergesellschaft – die Britze Elektronik und Gerätebau GmbH – noch besser einbinden und stärker gemeinsam auftreten. Wir müssen unser Profil stärken und unsere gemeinsame Power nach aussen besser zeigen. Man soll uns am Markt als Gruppe mit europäischem Footprint wahrnehmen.

Immer mehr Produktionskapazität geht ins Ausland. Wie begegnen Sie diesem Wandel?

Villiger: Oft werden bei der Auftragsvergabe ausschliesslich die Stückkosten bewertet, da echte Innovationen fehlen, das ist ein Auswanderungsgrund. Wir müssen die Produkte «leaner» machen, um den Automatisierungsgrad in der Herstellung zu erhöhen, dann können wir in der Schweiz auch wieder höhere Volumina realisieren. Dies verlangt nach Partnerschaften und alternativen Lösungen. Ziel muss sein, Produktivität und Wirkungsgrad zu steigern, und unsere Kunden über die ganze Produktlebensdauer zu begleiten und in Fragen wie z.B. Design for Excellence stärker zu beraten. Das wichtigste Stichwort heisst TCO. Wir müssen uns als Spezialisten etablieren. Eine für mich ganz wichtige Botschaft ist – ich glaube trotz des starken Frankens an den Produktionsstandort Schweiz, ohne die Limitierungen zu verkennen. Bemerken möchte ich noch, dass immer wieder Kapazitäten in die Schweiz zurückkommen.

Wie begegnen Sie dem hohen Franken?

Villiger: Seit Jahren muss unsere Wirtschaft mit dem starken Franken leben. Ein Stichwort ist hier die Effizienzsteigerung – auch für uns ein alltägliches Thema. Wir arbeiten in der Schweiz länger, 40 Stunden sind normal, wir bei Hadimec sogar 44, Streiks sind praktisch kein Thema. Auch den Einbruch 2011/2012 galt es zu kompensieren. Viele KMU mussten eine 20-Prozent-Lücke füllen. Wir schafften es, backen aber heute kleinere Brötchen. Aber wir sind dabei! Nun gilt es nach dem SNB-Entscheid erneut, durch innovative Lösungen und Massnahmen, diesem enormen Druck Stand zu halten, um weiterhin kompetitiv zu bleiben. Aus solchen Krisen kann man auch lernen – und muss vorübergehend mit einer etwas geringeren Profitabilität weiterleben können. Heute investieren wir in leistungsfähigeres Equipment, alles zugunsten des Wirkungsgrads und dem weiteren Ausbau des Spezialistentums. Unsere Währung wird meiner Meinung nach immer unter Druck bleiben. Bitte vergessen Sie nicht, dass bei uns dafür z.B. die steuerliche Belastung deutlich tiefer liegt als in den meisten EU-Ländern.

Power-LED liegen derzeit im Trend. Wie verarbeiten Sie die, da man sie wegen der Hitze- entwicklung nicht mehr auf FR-4, sondern auf Aluminium-Boards bestücken muss?

Villiger: Ich sehe als ein Hauptproblem bei der LED-Verarbeitung das oft tiefere Temperaturprofil des Lots. Zu hohe Temperaturen können die LEDs zerstören, vor allem die Linse – die meist aus Kunststoff besteht, zu tiefe Lottemperaturen verhindern evtl. das sichere Verlöten anderer Bauteile auf dem Board. Da Aluminium ein guter Wärmeleiter ist, verläuft die Abkühlung schneller als bei üblichen FR4-PCBs. Das kann zu Kontaktproblemen bei den intermetallischen Verbindungen führen, die man nur mikroskopisch finden kann. Die LED-Verarbeitung ist vor allem eine Frage der Prozessbeherrschung. Und daran arbeiten wir.

Worin sehen Sie die grösste Herausforderung für Ihr Unternehmen?

Villiger: Im EMS-Business haben wir in den letzten Jahren einen sehr starken Wandel vollzogen. Immer mehr Mikroelektronik kommt auf die Boards, LEDs, Aluminium-Core-Boards, Röntgensysteme im Prüfwesen – wir sprachen bereits davon. Und alle diese Technologien schreien nach Investitionen in Produktions- und Prüfmittel, das Rework wird komplizierter. Auch steigt der Aufwand softwareseitig immer mehr. Oft lässt sich das bestehende Equipment nicht mehr aufrüs- ten – es verlangt nach neuer Hardware. Will ich beispielsweise die neuesten Logistiklösungen von Siplace optimal einsetzen, komme ich nicht umher, in eine Linie der neuesten Generation zu investieren. Auch die Rückverfolgbarkeit wird immer wichtiger. Und das Thema Industrie 4.0 bewirkt zu mindestens, dass wir unsere Schnittstellen harmonisieren müssen – dies alles verlangt nach Invests. Wir bei Hadimec sind in der Leistungselektronik aktiv. Mit der aufkommenden Hybrid- und Invertertechnik sprechen wir nicht mehr über Milli-Volt oder Milli-Ampere, sondern über sehr viel Leistung, wo Steuerungs- und Leistungselektronik auf einem Board zusammengefasst werden. Es ist eine Renaissance der Handbestückung, das Verhältnis von handbestückten, teils unförmigen Bauteilen zu den SMD nimmt derzeit zu, was an sich gegen den Standort Schweiz spricht. Für mich gilt es, den Spagat zwischen Power- und Mikroelektronik zu schaffen – das ist die Herausforderung. Erwähnen möchte ich auch die vorhandenen EMS-Überkapazitäten in Europa, die uns tagtäglich fordern.

Was ist Ihr USP?

Villiger: Wir treten heute als Systemlieferant auf, wir haben die relevanten Kompetenzen alle im Haus – über den ganzen Lebenszyklus eines Produkts. Wir betreuen diese auch beim Thema Obsolescence-Management. Wir haben ein Software-Tool, das in Echtzeit die Verfügbarkeit aller Bauteile eines Kundenauftrags überprüft, einschliesslich allfälliger Abkündigungen. Wenn wir Probleme sehen, weisen wir den Kunden darauf hin. Im Offertwesen hat uns dieses Tool schon manchen Auftrag gebracht, da wir ein, zwei diesbezügliche Tipps bereits in die Offerte einfliessen liessen. Das überzeugt den Kunden.

Wie entwickelt sich der lokale EMS-Markt?

Villiger: Der Schweizer EMS-Markt liegt je nach Betrachtung zwischen 0,8 und 1,2 Mrd. Franken. Das Wachstum ist seit Jahren eher flach, obwohl Märkte wie Medizin, Alternativenergie usw. wachsen – dafür schwächeln andere. Ich sehe auch einen Abbau von Kapazitäten, Übernahmen usw. Es bleibt spannend.

Ein Unternehmen sollte bei Hadimec Kunde werden, weil …

Villiger: … er ein Wohlfühlpaket erhält.

Infoservice
Hadimec AG
Alte Bruggerstr. 32, 5506 Mägenwil
Tel. 062 889 86 00, Fax 062 889 86 10
www.hadimec.com