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Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen

In der Polyscope-Ausgabe 12-13/15 zeigt Mike Engelhardt, Entwickler von LTSpice, die angeblichen Vorzüge seines Produkts gegenüber PSpice auf. Er erwähnt aber dabei nicht, dass er für den Vergleich eine 15 Jahre (!) alte Version von PSpice nimmt. Mit gutem Grund, denn im Vergleich zur aktuellen Version von PSpice kommt LTSpice nicht so gut weg.

 

Alle Simulatoren weisen Unterschiede auf, die bei bestimmten Modellen oder bei speziellen Bedingungen fehlschlagen. Zum Beispiel hat LTSpice viele Konvergenz-, Leistungs- und Genauigkeitsprobleme, die in einigen Diskussionsforen auch öffentlich diskutiert werden. Dieser Artikel diskutiert die Probleme, die von Mike Engelhardt beschrieben wurden. Der Autor hat in seinem Beitrag die neueste Version von LTSpice einer 15 Jahre alten PSpice-Version gegenübergestellt, was natürlich den Vergleich erheblich verzerrt.

Unstetigkeit in der I-V-Kurve der Diode

Das im Beitrag gezeigte Beispiel verwendet eine ideale und somit vereinfachte Diode. Wird die Diode realitätsnah modelliert und z. B. ein Emissionsfaktor von 1,2 (statt 1 in idealen Dioden) definiert, verschwindet die Diskontinuität in PSpice. Zu erwähnen ist auch, dass in Schaltungen mit Dioden aus PSpice-Bibliotheken dieser Effekt niemals auftritt und nur mit sehr primitiven Dioden-Modellen provoziert werden kann.

Unterschiedliche Integrationsmethoden

Die aktuelle Version von PSpice bietet als Integrationsmethoden GEAR und TRAPEZOIDAL an. Die Simulationsgeschwindigkeit mit der Spice-Methode hängt von drei wesentlichen Faktoren ab: Device Model Evaluation, Auflösung der Matrix und die Anzahl der Iterationen. PSpice hat diesen Faktor beschleunigt, indem Berechnungen auf mehrere CPU-Kerne verteilt werden. Dies hebt den Zeitverlust der an sich langsameren GEAR-Methode auf. Die Leistungsfähigkeit bei der Matrixauflösung gewinnt erst dann an Bedeutung, wenn der Schaltkreis über 1000 Knoten hat. Darunter sind die Unterschiede unbedeutend. Typische Simulationen sind kleiner als 1000 Knoten, womit auch dieser Faktor unwesentlich ist. Auch hier beschleunigt PSpice die Simulation, weil Berechnungen parallelisiert werden. LTSpice ist spezialisiert auf die Simulation von Schaltreglern. Es verwendet die Integrationsmethode TRAPEZOIDALE und idealisiert dabei die Schalter. PSpice erlaubt keine idealen Schaltvorgänge bei Schaltern und versucht, eine höhere Präzision zu erzielen. Dabei kann PSpice etwas langsamer sein und Konvergenzprobleme verursachen. Wenn aber die Simulation berechnet ist, liegen präzisere Resultate vor. Zusätzlich lässt sich in PSpice mit diversen SPEED-Leveln die Genauigkeit bzw. die Simulationsgeschwindigkeit beeinflussen. SPEED-Level 3 ist vergleichbar mit der Geschwindigkeit und Genauigkeit von LTSpice.

Zahlreiche weitere Funktionen

Neben diesen gleichwertigen Berechnungsmethoden hat PSpice zahlreiche weitere Funktio­nen, welche in anderen SPICE-Simulatoren ganz oder teilweise fehlen:

  • Schnittstelle zu MATLAB/Simulink, um eine Co-Simulation in Echtzeit zu erlauben.
  • Support für SystemC, C, und weiteren hardwarenahen Beschreibungssprachen. PSpice erlaubt die Simulation eines Gesamtsystems, also Soft- und Hardware. Schnittstellenproblematiken können damit frühzeitig entdeckt werden, da das gesamte System in einem Solver gerechnet wird; eine echte Mixed-Mode-Simulation. Zum Beispiel kann man so Mikrocontroller oder FPGAs in eine PSpice-Simulation integrieren.
  • PSpice enthält tausende von Modellen von verschiedenen Halbleiterherstellern.
  • Strom- und Spannungsquellen kann man über Assistenten konfigurieren und gemessene Daten mit einer Quelle verknüpfen.
  • Für verschiedene Transformatorenarten werden im Magnetic Parts Editor anwenderspezifische Modelle erstellt.
  • Autoconverge sucht bei Schaltungen mit Konvergenzproblemen automatisch die optimalen Simulationseinstellungen für eine reibungslose Simulation.
  • Mit der Stressanalyse lässt sich das maximale De-Rating von Bauteilen bestimmen und damit eine Aussage über die Bauteilbelastung treffen.
  • Mit dem PSpice Optimizer lassen sich basierend auf einer vorgegebenen Schaltung eigenständig die Bauteile so dimensionieren, dass eine Zielfunktion oder Referenzkurve möglichst genau erreicht wird.
  • Die Sensitivity-Analyse zeigt an, welche Komponenten auf welche Eigenschaften der Baugruppe einen kritischen Einfluss haben, z. B. Frequenzgang, Bandbreite usw.
  • Diverse Modelling Apps erlauben das komfortable Erstellen von neuen Modellen, welche automatisch in die Simulation eingebunden werden. Es ist keine manuelle Konfiguration notwendig.

Fazit

Für einen fairen Produktvergleich sollte es selbstverständlich sein, jeweils die aktuelle Version der verschiedenen Produkte zu vergleichen. Insbesondere bei Software sind 15 Jahre eine Ewigkeit. Bei diesem Vergleich zeigt sich, dass PSpice gleichwertige Resultate in den genannten Beispielen liefert. Darüber hinaus hat PSpice zahlreiche weitere Funktionen und kann daher breiter eingesetzt werden. Mit SystemC- oder C-Modellen lassen sich auch softwarebasierte Funktionen in eine Simulation integrieren. Dies erweitert das Einsatzgebiet von PSpice wesentlich. 

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