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Noch ein Jubiläum

Im Jahre 1965 formulierte Gordon Moore seine Voraussage, dass sich die Komplexität integrierter Schaltungen alle 1–2 Jahre verdopple. Der Gültigkeit dieses Gesetzes seither und in Zukunft ist das diesjährige FAEL-Seminar gewidmet. Fünf Experten aus Hochschule und Industrie beleuchten die unterschiedlichen Aspekte von Moore’s Law.

 

Das Jahr 2015 ist zweifelsohne das Jahr der Jubiläen. Nie zuvor verzeichneten wir eine derart hohe Dichte an Jahrestagen. Das meist gefeierte – und zu Wahlpropaganda missbrauchte – Jubiläum ist zweifellos die Schlacht bei Marignano, welche vor 500 Jahren stattfand. Noch 200 Jahre weiter zurück liegt die Schlacht am Morgarten. Dazwischen, nämlich 1415 fand die Eroberung des Kantons Aargau durch die Eidgenossen statt. Vor Hundert Jahren tagte der Wiener Kongress, der Vietnamkrieg war vor 40 Jahren zu Ende und die Wiedervereinigung von Deutschland feiert heuer ihr 25-Jahr-Jubiläum. Im gleichen Jahr fuhr die erste S-Bahn in Zürich.

Jubiläen in der Elektronikwelt

Nicht nur auf der historischen Seite, auch in der Technik lassen sich diverse Ereignisse aufzählen, welche sich 2015 in einer runden Zahl jähren, z. B. 25 Jahre World Wide Web oder 100 Jahre Allgemeine Relativitätstheorie. Ein Jubiläum, das uns Elektroingenieuren ebenfalls nahesteht, liegt einer Publikation mit dem Titel «Cramming More Components onto Integrated Circuits» [1] zu Grunde, welche im April 1965 in der Zeitschrift Electronics erschien, verfasst durch Gordon E. Moore, später Mitgründer u.a. von Intel, der Mikroprozessorenfirma, welche lange Zeit den Markt dominieren sollte.

Seit diesem Artikel wird der darin beschriebene Sachverhalt der exponentiellen Verdichtung beim Chip-Design als Moore’s Law gehandelt. Moore sprach von einer Verdoppelung der Komponenten pro Chip in jedem Jahr. Zu jenem Zeitpunkt war der Transistor kaum 20 Jahre, die integrierte Schaltung nur wenige Jahre alt, d. h. das Mooresche Gesetz war in erster Linie eine Vorhersage und weniger eine Beobachtung, oder zumindest eine stark gewagte Extrapolation.

Die exponentielle Natur des Wachstums blieb

«Vorhersagen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen», soll einst Niels Bohr, der dänische Physiker und Nobelpreisträger gesagt haben. Umso erstaunlicher scheint auf der einen Seite das Eintreffen der von Moore vorausgesagten Transistorendichte bei inte­grierten Schaltungen. Nun, die Zeitkonstante der vorausgesagten Verdoppelung wurde später von einem Jahr auf 18 Monate relativiert, die exponentielle Natur des Wachstums blieb. Es gibt viele Beispiele [2], bei denen das exponentielle Wachstum viel langsamer verläuft, kaum aber solche, bei denen es schneller geht.

Genau genommen hat Moore nicht die Anzahl der max. möglichen Transistoren auf einem Chip beschrieben, sondern die Anzahl Transistoren, streng genommen die Anzahl Komponenten, bei welcher die Produktionskosten pro Element minimal sind. Die entsprechenden Kurven sind in der Grafik abgebildet, zusammen mit einigen ausgewählten Beispielen von effektiv erzielten Werten.

Chip-Hersteller orientierten sich an der Vorhersage

Auf der andern Seite spricht man auch oft von einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung, weil die Chip-Hersteller seit Langem ihre Ziele nach Moore's Law ausrichten. Darin erinnert uns das Gesetz auch ein wenig an die Informationstheorie von Shannon, bei der oft Kanalkapazitätsabschätzungen getätigt werden, die uns zwar existenzielle Beweise (bei Moore eher Hinweise) liefern, oft aber nicht die Methoden dazu. Es existieren verschiedene Meinungen darüber, wie lange sich das «Gesetz» – welches notabene mehr Google-Suchtreffer erzielt als Murphy’s Law [3] – noch halten kann. Es wurde oft genug totgeschrieben und das muss nicht mal schlecht sein [4]. Oft werden auch andere Parameter im Zusammenhang mit dem Gesetz erwähnt, z. B. Stromverbrauch oder Strukturbreite. Das wird aber zunehmend schwieriger, insbesonders weil sich die Transistoren neu auch in die dritte Dimension ausbreiten. Der Gebrauch der dritten Dimension an sich ist nicht neu. Zu Beginn der Ära vor 50 Jahren war das schon mal der Fall, einzelne Komponenten auf einem Chip wurden damals mit Bonddrähten in der dritten Dimension verbunden, bevor dann später alles flach wurde.

10. FAEL-Herbstseminar

Das diesjährige Herbstseminar der FAEL an der Kantonsschule Zürich-Hottingen am 11. November 2015 trägt den Titel «50 Jahre Moore’s Law». Ausserdem feiern wir noch ein Jubiläum in eigener Sache. Das FAEL-Herbstseminar findet in diesem Jahr bereits zum 10. Mal statt. Anlass genug für eine kleine Überraschung. Im Anschluss an die Vorträge wird von IEEE Switzerland Section ein Apéro offeriert, an dem die Anwesenden mit den Referenten weiter diskutieren können. Anmeldungen werden ab sofort entgegengenommen, online unter www.fael.ch, Veranstaltungen, per E-Mail an info@fael.ch oder per Fax an 044 268 37 00.

Infoservice


Prof. Heinz Mathis, HSR Hochschule für Technik Oberseestrasse 10, 8640 Rapperswil
Tel. 055 222 45 95
heinz.mathis@hsr.ch, www.icom.hsr.ch