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Nicht so heiss essen, wie man kocht

Display-Komplettlösungen werden oft nach einem simplen Rezept zubereitet: Alle Zutaten in einen Topf geben und dann mehr oder minder fachkundig umrühren. Das Resultat ist oft unbefriedigend, die Displays laufen meistens (zu) heiss. Woran liegt das?

 

Angesichts schrumpfender Margen im Display-Bereich verlegen sich weltweit immer mehr Hersteller auf Vorwärtsintegration, hin zu Gesamtlösungen. Das heisst, sie nehmen Display, Embedded-PC oder Controller und Stromversorgung, packen alles in ein möglichst kompaktes Chassis, schalten ein – und geniessen die dargebotenen Inhalte etwa einer Digital-Signage-Präsentation.

Bei der Integration von Display-Komponenten wird die Temperatur jedoch oft sträflich vernachlässigt. Das Ziel ist hier stets die Erhöhung der Display-Helligkeit, was sich am einfachsten durch Erhöhung der Leistungsaufnahme erzielen lässt. Dass damit auch die Abwärme anwächst, ignorieren viele. Dabei ist es nur eine Frage der Zeit, wann die Kunden die ersten Systeme zurückgeben.

Temperatur steigt überproportional zur Lichtleistung

Die Gründe dafür beginnen schon bei der Anzeigeeinheit selbst. Die Lichtausbeute eines typischen Displays liegt nur bei einem Bruchteil der aufgenommenen elektrischen Leistung. Von den 100 Prozent Leistung der Lichtquelle gehen auf dem Weg sukzessive mehr als 90 Prozent der Lichtleistung durch Polarisatoren, TFT-Struktur und Farbfilter verloren. Gleichzeitig ist die Lichtquelle aber immer die grösste Hitzequelle. Hinzu kommt, dass die Hitzeentwicklung schneller steigt als die Lichtausbeute. Mit 10 W Leistung erzielt man beispielsweise 200 cd/m². 20 W dagegen reichen nicht für die doppelte Helligkeit. Dafür wird aber deutlich mehr Leistung in Hitze umgesetzt.

Auch die Umgebung gibt Wärme ab

Nicht nur das Display ist eine Heizung, sondern alle elektrischen Komponenten, massgeblich das Netzteil als auch der Prozessor des (Embedded-)Systems. Die wachsende Packungsdichte auf allen Ebenen tut ein Übriges: wenn in einem 19"-Rack immer mehr Embedded-PC übereinander gestapelt werden und jede Ebene ihrerseits immer mehr Prozessor-Cores enthält, dann ist das einer Temperaturreduzierung nicht eben förderlich. Je nach Standort kommt die Umgebungswärme hinzu – durch Heizungen im Innenraum und im Freien durch die Sonne.

Der Fehler kann überall liegen

Bei defekten Displays ist die Suche nach der Ursache nicht ganz einfach. Die Erkenntnis «Überhitzung» allein hilft wenig, um das gesamte System thermisch zu optimieren. Es können unterschiedliche Komponenten eines Gesamtsystems sein, die bei zu grosser Hitze als Erste durchschmoren, seien es Display-Treiber, Widerstände oder optische Filme und Polarisatoren. Letzteres ist gerade bei resis­tiven Touch-Displays häufig zu beobachten.

Höhere Anschaffungskosten können sich lohnen

Ist die Schwachstelle lokalisiert, führen mehrere Schritte zur Problemlösung. Zuerst sollte getestet werden, wo die maximale thermische Belastung der Komponenten liegt. Der einfachste Weg ist es, die verwendeten Komponenten durch höherwertige Alternativen mit grösserer Hitzeresistenz zu ersetzen. Das erhöht zunächst die Anschaffungskosten, dafür steigt aber auch die Lebensdauer bei gleichzeitig sinkenden Gesamtbetriebskosten. Reicht es jedoch nicht, die Komponenten zu ersetzen, müssen das Gesamtkonzept überdacht und das Design angepasst werden.

Temperaturunterschiede führen zu Feuchteschäden

Heisst die Faustregel also: Heisse Displays schlecht, kalte Displays gut? Nein. Vielmehr gilt es, Temperaturextreme zu vermeiden. Hier ist es wie beim Kochen: An zu heissem Essen verbrennt man sich den Mund, zu kaltes Essen schmeckt nicht, aber was man wirklich nicht haben möchte, ist das Mikrowellengericht, das aussen glühend heiss, innen aber noch fast gefroren ist. Auch beim Display können die Temperaturunterschiede zwischen Hotspots und Coldspots fatale Folgen haben. Denn wenn das Temperatur-Delta eine gewisse Grösse erreicht, führt es zur Bildung von Kondenswasser innerhalb der Anzeigeeinheit. Wohlgemerkt, Coldspot meint hier nicht absolut, sondern nur relativ kalt im Vergleich zur Umgebung: Schon ein halbes Grad Celsius Temperaturunterschied kann genügen, um Taubildung an der kühlsten Stelle anzuregen. Als Folge davon bilden die Wassertropfen, oder andere durch die Verdunstung gelöste Substanzen, Artefakte im Display. Das Einbringen von Trockenmitteln in das Gehäuse der Anzeigeeinheit bringt wenig, denn das Material sammelt Wasser – das es bei ungünstigen thermischen Voraussetzungen wieder abgeben kann.

Auf eine dichte Hülle kommt es an

Wenn Displays aufgrund von Taubildung ausfallen, gestaltet sich die Fehlersuche oftmals noch schwieriger als bei direkter Überhitzung. Denn Feuchtigkeit kann viele Schäden anrichten, die nicht, wie etwa eine durchgeschmorte Stelle, auf den ersten Blick erkennbar sind.

Wegen der elektrischen Leitfähigkeit von wässrigen Lösungen sind Kurzschlüsse ein häufiges Problem. Doch Wasser ist durch die darin gelösten Substanzen auch chemisch aktiv. Es kann alkalisch oder sauer werden und Korrosion an elektronischen Bauteilen verursachen. Da Wasser immer danach strebt, sich zu verteilen, können die Schäden auch an schwer einsehbaren Stellen entstehen.

Voraussetzung für die Taubildung bei Temperaturunterschieden ist die mangelnde Dichte der Display-Gehäuse. Wären diese nach aussen vollkommen luftdicht abgeschlossen, mit trockener Luft im Inneren, könnte keine Luftfeuchtigkeit eindringen und folglich auch nichts kondensieren. Ist dies nicht der Fall, können sogar Schäden durch Schimmelpilze und Sporen aus der Umgebungsluft entstehen.

Schlechter Support aus wirtschaftlichen Interessen

Fällt ein Display aus, kann es der Anwender eines Display-Systems – sei es in der Industrieautomation, im Digital-Signage-Bereich oder im Fahrzeugbau – meist nur an den Systemintegrator zurückgehen lassen. Dieser wird in der Regel aus Gewährleistungsgründen einen Ersatz stellen. Doch werden beim Ersatzsystem früher oder später dieselben Probleme auftreten. Der Systemintegrator befindet sich in einer ähnlichen Situation, wenn er einen Schadensbericht an den Hersteller eines defekten Bauteils weitergibt. Der Anwender kann also weder vom System- integrator noch vom Hersteller eine unvoreingenommene Analyse aller Aspekte eines fehlerhaften Systems erwarten – denn jeder von diesen hat ein wirtschaftliches Interesse daran, entweder ein bestimmtes Systemdesign oder eine Komponente in möglichst grossen Stückzahlen und zu entsprechend attraktiven Preisen zu verkaufen.

Unabhängige Analyse und massgeschneiderte Produkte

Um den systemischen Ursachen von thermisch bedingten Display-Ausfällen auf die Schliche zu kommen, braucht es eine Instanz, die selbst nicht als Hersteller im Wettbewerb steht. Umfragen haben ergeben, dass das Marktpotenzial für Display-Coaching und Fehleranalyse noch weit grösser ist als bisher angenommen. Deshalb hat die Wammes-Firmengruppe beschlossen, diesen Geschäfts- bereich strategisch direkt bei der Mutter- gesellschaft Wammes & Partner aufzuhängen. Der Experte für Display-Technologie kann sich auf herstellerneutrale Fehleranalyse konzentrieren, und im nächsten Schritt dann auch systemische Lösungen vorschlagen.

Am Ende eines solchen Prozesses kann ein Konzept für ein massgeschneidertes, projektbezogenes Produkt stehen, das auch massentauglich sein kann. Das Entscheidende ist jedoch der Erkenntnisgewinn. Er erlaubt es den Display-Anwendern, die Angebote kritisch zu hinterfragen, die sie von den Herstellern und Systemintegratoren vorgesetzt bekommen.

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