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Do it Yourself lohnt sich kaum

Schaltungstechnisch sind DC/DC-Wandler simpel gestrickt. Entsprechende Designvorschläge finden sich im Internet. Da liegt es nahe, eigene Entwicklungskapazitäten zu nutzen und die erforderlichen DC/DC-Wandler diskret aufzubauen. Zumal sich zumindest in der Theorie nennenswerte Kostenvorteile ergeben sollten. Doch wie so oft liegen auch hier Theorie und Praxis weit auseinander.

 

Elektronische Produkte werden in der Regel durch modulare Netzteile oder Akkus versorgt. In beiden Fällen ist meist nur eine einzelne Gleichspannung verfügbar, die mittels DC/DC-Wandler auf der Platine nach Bedarf gewandelt wird. Aus zentral verfügbaren 5 V werden vor Ort z. B. 3,3 V zum Betrieb eines Prozessors oder ±12 V zur Versorgung von Operationsverstärkern. Darüber hinaus erledigen DC/DC-Wandler noch eine Reihe weiterer Aufgaben. Eine der wichtigsten ist die Isolation von Baugruppen untereinander. Dies kann sowohl sicherheitsrelevante Gründe haben, wie bei Messsonden in der Medizinelektronik, als auch rein technische, wie bei der Potenzial-trennung von Verstärkerkanälen. Kein Wunder also, dass DC/DC-Wandler auf praktisch jeder Platine mehrfach vertreten sind.

Dass DC/DC-Wandler heute noch nicht im selben Masse von der Stange gekauft werden wie AC/DC-Netzgeräte hat zwei Gründe: Zum einen arbeiten sie mit niedriger Eingangsspannung und erscheinen leicht beherrschbar – zum anderen sitzen sie auf der Platine und es bietet sich an, sie als diskrete Einzelkomponenten automatisch mit zu bestücken.

Analoges Know-how ist erforderlich

Im Prinzip wird die verfügbare Gleichspannung in ein Rechtecksignal von einigen 100 kHz zerhackt, dann über einen kleinen Ringkerntransformator übertragen und danach gleichgerichtet und geglättet. Es gibt frei verfügbare Programme, die die Dimensionierung scheinbar einfach machen. Allerdings geht es hier um lupenreine Analogtechnik. Die analoge Welt rund um Schalttransistoren, Ladekondensatoren, Trafos, Drosseln und Gleichrichter ist aber weder schwarz noch weiss. Die Länge jeder Leiterbahn, ihr Abstand zu anderen Leiterbahnen, zur Masse und zu Bauteilen sorgt für parasitäre Kapazitäten und Indukti­vitäten, die so in keinem Schaltplan stehen.

Eine Voraussetzung ist das Verständnis der Transformatortechnologie

Auch der Trafo hat seine Tücken. Seine Funktionstüchtigkeit hängt vom Ferritmaterial des Kerns ab und davon, in welchem Bereich der Hysteresekurve er betrieben wird. Fährt er zu weit in Richtung Sättigung, wird er zu warm und sein magnetisches Verhalten verschlechtert sich. Hinzu kommt, dass meist nur Kenndaten für den Sinusbetrieb verfügbar sind, obwohl der Trafo mit einem Rechtecksignal betrieben wird. Es gibt eine Reihe alternativer Schaltungstopologien, auf die hier nicht im Detail eingegangen wird. Interessierten Anwendern sei dazu das Fachbuch «DC/DC Book of Knowledge» von Steve Roberts empfohlen, das unter www.recom-power.com zum Download zur Verfügung steht.

Lange Design-Optimierung macht die Eigenentwicklung unrentabel

An den grundlegenden Zusammenhängen hat sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts nichts geändert, aber das praktische Wissen ist angesichts der Digitalisierung und Themen wie Industrie 4.0 oft nur noch rudimentär vorhanden. Selbst wo dies noch verfügbar ist, darf bezweifelt werden, dass auf Anhieb ein optimales Design gelingt. Führende Hersteller beziffern den Anteil der Entwicklungszeit, der auf Design-Optimierung entfällt, mit 75 bis 80 %. Ein ähnlicher Aufwand bei selbstentwickelten Wandlern wäre komplett unrentabel.

Fertige Module sind in der Summe effizienter

Wer über die Effizienz von DC/DC-Wandlern spricht, denkt zunächst an den Wirkungsgrad. Dieser liegt bei 1-W-Wandlern um 85 %, sofern sie bei Volllast betrieben werden. Während man als Hersteller das Design so optimiert, dass auch im wichtigen mittleren Lastbereich ähnlich hohe Werte erzielt werden, wird dies bei diskret aufgebauten Wandlern nur selten auf Anhieb gelingen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Kaskade von zwölf diskret aufgebauten 2-W-Wandlern wird mit durchschnittlich 75 % Last betrieben. Da der Wirkungsgrad an diesem Punkt nur 69 % beträgt, werden für 18 W am Ausgang gut 26 W aufgenommen. Die Kaskade wird nun durch R2S-Wandler ersetzt, die unter gleichen Bedingungen 84 % Wirkungsgrad erreichen. Obwohl der Unterschied auf den ersten Blick nicht gravierend erscheint, sinkt die Verlustleistung der Kaskade um fast 60 %, von 8 auf 3,4 W. Dies bringt nicht nur Vorteile beim Energieverbrauch. Auch die Temperatur innerhalb des Gehäuses kann so wirksam gesenkt werden, was Vorteile bei der Lebensdauer des gesamten Designs verspricht.

Zertifizierte Wandler bieten grosse Vorteile

Die in einem vergossenen Modul erreichbare Packungsdichte liegt deutlich höher als die, die auf einer Platine realisierbar ist. Modulare Wandler beanspruchen so oft weniger als die Hälfte dessen, was für eine diskrete Lösung verbraucht werden würde. Dieser Aspekt wirkt umso mehr, je knapper der Platz auf der Leiterplatte ist.

Ausserdem beschleunigen zertifizierte Wandler die Zertifizierung des Endproduktes wesentlich. Das gilt insbesondere dann, wenn der Lieferant in der Lage ist, einschlägige Prüfberichte wie CB-Report oder UL-Testbericht vorzulegen. Um Überraschungen zu vermeiden, sollte man dies frühzeitig hinterfragen.

Theoretisch ist die Eigenentwicklung günstiger

Betrachtet man nur die Kosten für Entwicklung, Material und Produktion, so liegt ein diskret aufgebauter Wandler bei rund der Hälfte eines fertigen Moduls.

Ein Beispiel: Ein Diagnosegerät soll in fünf Jahren 15 000 Mal für 3000 Franken verkauft werden. Auf der Platine sitzen drei unterschiedliche Wandler, die fertig zertifiziert für zusammen 8 Franken zugekauft werden könnten. Die Material- und Produktionskosten belaufen sich auf rund 4 Franken. Das Sparpotenzial beträgt also 60 000 Franken. Dagegen stehen die Fixkosten für Entwicklung, Test und EMV-Test. Geschätzt werden zwölf Tage pro Wandler plus je drei Tage für Test und Zertifizierung. Bei rund 750 Franken Lohnkosten pro Tag können nach Abzug der Kosten für Material und Prüflabor rund 20 000 Franken eingespart werden. Vorausgesetzt, alles läuft nach Plan.

In der Praxis können selbst entwickelte Wandler zur Kostenfalle werden

In der Realität ist dies angesichts einer vielschichtigen EMV-Problematik selten der Fall. Mindestens ein Re-Design sollte einkalkuliert werden. Das bedeutet in der Entwicklungsphase aber noch sechs weitere Arbeitstage je Wandler plus Wartezeit auf einen neuen Termin im Prüflabor. Dadurch reduziert sich der Sparbetrag auf wenige Tausend Franken und der Verkaufsstart des Diagnosegerätes verzögert sich um rund acht Wochen.

Bei einem langlebigen Produkt oder genügend Vorsprung vor der Konkurrenz mögen die verlorenen Monate leicht zu verschmerzen sein. Wer mit einem attraktiven neuen Produkt aber verlorenes Terrain zurückgewinnen will, spürt jeden verlorenen Monat. In diesem Beispiel entsprechen zwei Monate Verzögerung rund 3 % der kalkulierten Lebenserwartung. Linear gerechnet entspräche dies einer Umsatzeinbusse von knapp 1,5 Mio. Franken. Spätestens jetzt wird deutlich, dass gerade bei höheren Stückzahlen das Risiko einer verspäteten Markteinführung die Einsparpotenziale bei Weitem übertrifft. Dies gilt umso mehr, da die Stromversorgung erfahrungsgemäss oft die letzte Komponente im Design-Prozess ist. Deshalb sollte in jedem Einzelfall neu geprüft werden, ob es sich noch lohnt, die Risiken einer Eigenentwicklung zu tragen.

Das Resümee – selber machen lohnt sich nicht mehr

Wer auf fertige DC/DC-Wandler setzt, verkürzt die Entwicklungszeit, spart Ressourcen und vermeidet Risiken bei EMV-Tests und Zertifizierung des Endproduktes. Die Preise für Wandlermodule sind durch Massenproduktion inzwischen so günstig geworden, dass Eigenentwicklungen selbst bei hohen Stückzahlen kaum noch lohnen. Auch die Tatsache, dass kaum junge Ingenieure mit entsprechenden Kenntnissen der Analogtechnik nachwachsen, verstärkt den Trend in den Entwicklungsteams hin zum Einsatz fertiger Module. In wenigen Jahren schon wird man genau so selbstverständlich zum Wandlermodul greifen wie heute zum Operationsverstärker oder Logikbaustein.

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