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Isolationsqualität punktgenau bestimmen und vorhersagen

Diagnostische Isolationsprüfung hilft, exakte Prognosen zur Rentabilität von Investitionen in elektrische Leitungen abzugeben und gleichzeitig teure Schäden und Ausfälle in elektrischen Einrichtungen zu vermeiden. Die MIT-Reihe von Megger wendet dazu sechs verschiedene Prüfmethoden an, um sehr präzise Rückschlüsse auf unterschiedliche Schäden im Isolationsmaterial zu ziehen.

 

Isolationsfehler sind die häufigste Ursache für Schäden und Ausfälle in elektrischen Einrichtungen. Das Prüfen der Isolationsqualität ist deshalb elementarer Bestandteil sämtlicher Wartungsprogramme. Der bisher übliche Vergleich einer Isolationswiderstandsprüfung mit vorher festgelegten Grenzen kann jedoch nur ein Gut-/Schlecht-Ergebnis liefern. Aber ist das Ergebnis «Gut» immer ausreichend? Was bedeutet das Ergebnis «Schlecht» tatsächlich, und wo liegen die Ursachen des Problems?

Die Antwort auf diese Fragen bietet eine wiederkehrende Prüffolge aus unterschiedlichen Prüfmethoden. Das regelmässige Prüfen ist ausserdem die beste Art, um Informationen zu erhalten, mit denen sich Geräteausfälle und deren Folgen minimieren lassen. Darüber hinaus erleichtert es die Wartungsplanung und liefert zuverlässige Hinweise, wenn man über teure Investitionen entscheiden muss.

Grundlagen der DC-Hochspannungs-Isolationsprüfung

Sobald man eine Spannung an ein Prüfobjekt anlegt, lässt sich der induzierte Strom messen und der Widerstand mithilfe des ohmschen Gesetzes berechnen. Leider ist das in der Praxis nicht ganz so einfach, da der induzierte Strom in Wirklichkeit aus folgenden Strömen besteht:

  • Kapazitiver Ladestrom
  • Absorptions-(oder Polarisations-)Strom
  • Oberflächenkriechstrom
  • Kriechstrom

Sobald Spannung anliegt, fällt der kapazitive Ladestrom relativ schnell auf null, während der Absorptionsstrom langsamer fällt, da die Moleküle des Dielektrikums polarisiert werden. Wenn diese zwei zeitabhängigen Komponenten schliesslich auf null sind, bleiben nur der Kriech- und der Oberflächenkriechstrom. Jetzt kann der Techniker oder die Ingenieurin mithilfe der Isolationsprüfgeräte die Qualität genau bestimmen und die Probleme exakt aufzeigen. Sie müssen dazu nur die Komponenten des Prüfstroms kennen und die neuen Diagnosetechniken richtig anwenden.

Diagnostische Prüfmethoden zum Ermitteln von Isolationsfehlern

Die häufigste Isolationsprüfung ist die Kurzzeit- oder Punktmessprüfung. Das Ergebnis ist hier allerdings auf gut/schlecht beschränkt. Mittlerweile gibt es jedoch Prüfmethoden, die nicht nur den gegenwärtigen Zustand der Isolation deutlich besser anzeigen, sondern auch den künftigen Zustand der Isolation prognostizieren. Die wichtigsten Isolationsprüfmethoden sind:

1. Punktmessung

Die Prüfspannung wird für eine festgelegte, kurze Zeitdauer angelegt – empfohlen werden 60 Sekunden. Abbildung 1 zeigt eine Zeit/Widerstandskurve. Das Ergebnis der Prüfung kann man meist nicht als absoluten Wert für den Isolationswiderstand betrachten. Der gemessene Wert wäre geringer, wenn der Messwert früher erfasst worden wäre und grösser bei Erfassung zu einem späteren Zeitpunkt. Ebenfalls wichtig: Temperatur und Feuchtigkeit beeinflussen die Prüfergebnisse.

2. Tendenz-Punktmessung

Durch periodische Punktmessungen und den Vergleich dieser Ergebnisse lassen sich Trends erkennen. Diese bieten eine wesentlich bessere Basis zur Beurteilen des tatsächlichen Isolationszustands als eine singuläre Prüfung. Ein andauernder Abwärtstrend bei den Isolationswerten über eine Reihe von periodischen Prüfungen hinweg ist meist ein Anzeichen für bevorstehende Probleme; selbst dann, wenn die einzelnen Ergebnisse höher sind als der vorgeschlagene, «sichere» Mindestwert. Genauso gut kann es sein, dass periodische Messwerte unter dem empfohlenen Mindestwert akzeptabel sind – vorausgesetzt, dass sie gleich bleiben. Diese Schlussfolgerungen sind in Abbildung 2 sichtbar. Diese zeigt in grafischer Form perio- dische Prüfergebnisse über die Zeit für zwei Prüfobjekte. Prüfmesswerte, die man über einen Zeitraum von mehreren Monaten mit einem 5-kV-Isolationsprüfgerät erfasst hat, bilden die Kurven.

Die Kurve für System A zeigt einen markierten und andauernden Abwärtstrend. Es ist klar erkennbar, dass bald weitere Investitionen notwendig sein werden, obwohl der gemessene Wert des Isolationswiderstands hoch ist. Die Kurve für System B zeigt dagegen, dass der Isolationswiderstand viel niedriger, aber vergleichsweise stabil ist. System B wird also viel weniger wahrscheinlich Probleme erleiden als System A. Einzelne Punktmessprüfung hätten zur gegenteiligen Schlussfolgerung geführt.

3. Dielektrisches Absorptionsverhältnis (DAR)

Eine gute Isolation liefert während einer Isolationsprüfung Widerstandsmesswerte, die im Zeitverlauf steigen, da die Ladeströme verschwinden. Bei einer schlechten Isolation jedoch wird der Leckstrom die Auswirkungen des Ladestroms verbergen, und die Kurve des Isolationswiderstands gegen die Zeit wird viel flacher sein. Dieser Unterschied im Verhalten ist die Basis für das Prüfen des dielektrischen Absorptionsverhältnisses (DAR).

Das DAR-Prüfen umgeht das Problem, dass es bei bestimmten dielektrischen Materialien einige Stunden dauern kann, bis diese polarisiert sind. Das Verfahren funktioniert durch Ableiten eines Verhältnisses zwischen dem gemessenen Isolationswiderstand des Prüfobjekts zu zwei vorher festgelegten Zeiten nach Anwendung der Prüfspannung. Der Anwender stellt die Zeiten ein, typisch sind 30 bis 60 Sekunden. Es bedeutet, dass er das Prüfergebnis in sehr kurzer Zeit erhält. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Ergebnisse dieser Prüfung von der Temperatur unbeeinflusst sind. Eine gute Isolation ergibt ein höheres DAR-Ergebnis als schlechte Isolation.

4. Polarisationsindex (PI)

Die Polarisationsindex-Prüfung ist im Wesentlichen eine Form des DAR-Prüfens; sie misst den Isolationswiderstand nach 1 und 10 Minuten nach Anlegen der Prüfspannung. Das Verhältnis dieser Widerstände ist als PI-Verhältnis bekannt. Beispiele für die Ergebnisarten sind in Abbildung 3 dargestellt, eine Anleitung zur Interpretation der DAR- und PI-Prüfergebnisse in Tabelle 1. Die gegebenen Werte dienen nur zur Veranschaulichung, echte Prüfergebnisse wertet man im Verhältnis zur Anwendung aus.

Es ist auch wichtig, dass in einigen Fällen, besonders für Motoren, ein PI-Verhältnis von circa 5 ein Zeichen dafür sein kann, dass die Wicklungsisolation trocken und brüchig ist und daher beim Motorstart oder unter Stossbeanspruchungsbedingungen ausfallen kann. In einem solchen Fall sollte man die Wicklung reinigen, behandeln und trocknen, um ihre Flexibilität wiederherzustellen. Schliesslich ist ein PI-Verhältnis zwischen 1 und 2, das in der Tabelle als fraglich gezeigt wird, für eine Einrichtung mit sehr niedriger Kapazität üblicherweise zufriedenstellend.

5. Dielektrische Entladung (DD)

Am Ende einer konventionellen Isolationsprüfung wird die Energie entladen, die im Prüfling gespeichert ist. Durch Messen des Stroms während dieser Entladephase erhält man weitere nützliche Informationen über den Zustand der Isolation. Das liegt daran, dass sich die kapazitiven Komponenten innerhalb der ersten paar Sekunden entladen und der Stromfluss nach dieser Zeit nur mit der dielektrischen Resorption zusammenhängt. Letztere ist die Umkehr der dielektrischen Absorption, die in der Ladephase stattfand.

Für Isolationen, die in Schichten aufgebaut sind, ist die Messung des Resorptionsstroms besonders wertvoll. Dieser lässt sich ohne die verdeckende Auswirkung der anderen Ströme messen, die in der Ladephase fliessen. Wenn eine der Isolationsschichten beschädigt ist, weist sie normalerweise einen verringerten Leckstromwiderstand auf, ihre Kapazität bleibt jedoch unverändert. Dies zeigt sich in den Ergebnissen einer DD-Prüfung, nicht jedoch bei den Ergebnissen der meisten anderen Isolationsprüfarten.

DD-Prüfergebnisse berechnet man aus dem Entladestrom, der eine Minute nach der Entladung fliesst, sowie aus der Prüfspannung und der Kapazität des Prüflings. Hier die Formel:

Tabelle 2 zeigt das Verhältnis zwischen DD-Wert und Isolationszustand. Zu beachten ist, dass die Ergebnisse temperaturabhängig sind.

6. Stufenspannungstechniken

Da gute Isolation ohmsch ist, sollte eine ansteigende Prüfspannung zu einer entsprechenden Zunahme des Stroms führen. Wenn die Änderung beim Strom jedoch nicht angemessen ist – in anderen Worten, wenn sich die Widerstände wie unter dem Einfluss der angelegten Spannung ändern –, zeigt dies wahrscheinlich ein Problem an. Abbildung 4 zeigt Beispiele von guter und schlechter Isolation.

Durch das Messen des Isolationswiderstands bei verschiedenen Prüfspannungen kann man Risse und Nadelstiche beim Isolationsmaterial gut erkennen, da bei höheren Spannungen die Ionisierung an diesen schwachen Punkten eintritt und den Isolationswiderstand wirksam verringert.

Fazit

Jede Prüfung gibt etwas andere Informationen über den derzeitigen und künftigen Isolationszustand – alle zusammen bieten genug Parameter für eine vorausschauende Beurteilung. Die dielektrische Entladungsprüfung ist besonders für das Erkennen von Fehlern in einer einzelnen Schicht von Mehrschichtisolationen hilfreich. Der Polarisationsindex ist beim Aufdecken von Feuchtigkeitseindringung, Öldurchdringung und anderer sich verbreitender Verschmutzung unverzichtbar. Das Stufenspannungsprüfen macht Probleme wie Nadelstiche und trockene, brüchige Isolation in älteren Einrichtungen leicht sichtbar.

Zweifellos besteht deshalb die sicherste Vorgehensweise beim diagnostischen Isolationsprüfen darin, den gesamten Bereich der verfügbaren Prüfungen anzuwenden – besonders im Fall von betriebswichtigen und kritischen Anlagenteilen.

Übersicht MIT-Serie: 17_14.51.pdf

DD-Wert = Entladestrom nach einer Minute (nA)

Prüfspannung (V) x Kapazität (μF)

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