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Wenn sich das Netzwerk selber organisiert

Die drahtlose Vernetzung erlaubt den Einsatz verteilter Sensoren für Messaufgaben oder die Steuerung verteilter Systeme. In einem vermaschten Netzwerk übermitteln die einzelnen Knoten nicht nur ihre eigenen Daten, sondern leiten zusätzlich Informationen anderer weiter. So entstehen robuste und redundante Netzwerke. Diese heilen sich beim Ausfall einzelner Knoten oder Übertragungsstrecken selbst.

 

Auf dem Markt existiert heute eine schwer überschaubare Anzahl an Low-Power-Wire-less-Mesh-Technologien. Diese sind für verschiedene Anwendungen optimiert und lassen sich nach verschiedenen Aspekten klassifizieren. In den tieferen Kommunikationsschichten verfügen die eingesetzten Sender und Empfänger über sehr unterschiedliche Eigenschaften bezüglich Reichweite, Datenübertragungsraten und Frequenzband. Die folgenden Abschnitte fokussieren jedoch auf das Routing in der Netzwerkschicht.

Unterschiedliche Topologien – hierarchisch oder flach

Die Topologie eines Netzwerks beschreibt, wie die Kommunikationspfade innerhalb eines Netzwerks organisiert sind: Handelt es sich um eine hierarchische Struktur oder um ein flaches Netz von gleichwertigen Knoten?

In hierarchischen Topologien unterscheidet man oftmals zwischen Routern und End-Devices. Die Router sorgen für das Weiterleiten der Daten. Um jederzeit für die zugeordneten End-Devices verfügbar zu sein, benötigen Router in vielen Fällen mehr Energie oder sogar einen Netzanschluss. Die End-Devices können selbst bestimmen, zu welchem Zeitpunkt sie Daten an ihren Router senden oder bei diesem abholen. Dazwischen gehen sie in einen Schlafzustand, um Energie zu sparen. Dadurch braucht ein End-Device sehr wenig Energie.

Flexible Netzwerke mit optimierter Wachzeit

In flachen Mesh-Topologien agiert jeder Knoten sowohl als Router als auch als End-Device. Alle Knoten sind identisch gebaut. Dadurch kann der Anwender das Netzwerk sehr einfach installieren und einrichten. Die entsprechenden Netze sind sehr flexibel und reagieren dynamisch auf Ausfälle einzelner Knoten oder Verbindungen. Die Knoten müssen sich also für das Weiterleiten von Paketen bereithalten. Daher ist die zentrale Herausforderung, die Zeit, in der die Knoten wach sind, zu minimieren.

Dafür kann ein zentraler Koordinator ein gemeinsames Wachfenster für alle Knoten festlegen oder individuell für die einzelnen Knoten definieren. Er bestimmt, wann diese senden und wann sie für andere Knoten erreichbar sind. Für diese Ansätze braucht es eine Synchronisation der Knoten. In einer Alternative ohne zentralen Koordinator und ohne Synchronisation können die Empfänger in den Knoten periodisch prüfen, ob ein anderer Knoten sendet. Ein gesendetes Paket muss dabei länger sein als das Prüfintervall.

Verschiedene Verkehrsbeziehungen

Bei einer Point-to-Point-Übertragung kommunizieren zwei beliebige einzelne Knoten innerhalb des Netzwerks miteinander, vergleichbar mit einem Gespräch zwischen zwei Telefonanschlüssen. Beim Multi-Point-to-Point dient das Netzwerk dazu, Informationen von einer Vielzahl von Knoten an einen zentralen Punkt zu übermitteln. In Sensornetzwerken braucht man dies beispielsweise, um Messwerte von vielen Knoten an eine zentrale Stelle zu übermitteln oder wenn mehrere Knoten einen gemeinsamen Gateway ins Internet verwenden. Auf der anderen Seite dient eine Point-to-Multi-Point-Übertragung dazu, Informationen von einem zentralen «Server» an eine Gruppe oder an alle Knoten innerhalb eines Netzes zu übertragen.

Finde den Weg – flutend oder gezielt

Aber wie finden Daten von einem Quellknoten durch das Netzwerk zum Zielknoten? Eine einfache, verbindungslose Kommunikationsvariante ist das sogenannte Flooding. Dabei leitet ein Knoten eine eingehende Nachricht an alle anderen, durch ihn erreichbaren Knoten weiter, bis die Nachricht nach einigen Hops den Zielknoten erreicht. Die einzelnen Knoten benötigen keine Information über die Topologie des Netzwerks. Das heisst, sie müssen keine Routing-Tabellen für das Weiterleiten der Pakete unterhalten. Flooding erfordert aber Massnahmen, um unendlich zirkulierende Pakete zu unterbinden.

Um Pakete individuell, basierend auf ihrer Zieladresse, weiterzuleiten, brauchen die einzelnen Knoten entsprechende Routing- tabellen. Auf einfachen, energiearmen Knoten beschränken Speichergrösse und Prozessorressourcen die Anzahl Pfade, die sich in einer Tabelle speichern lassen.

Proaktives oder reaktives Routing

Ein System verwendet entweder proaktives oder reaktives Routing. Proaktive Systeme suchen laufend nach den optimalsten Pfaden, um beim Senden oder Weiterleiten von Paketen sofort auf aktuelle Routing-informationen zurückgreifen zu können. Dies benötigt jedoch Speicher und kostbare Übertragungsbandbreite. Reaktive Routingverfahren hingegen suchen die benötigten Routen erst bei Bedarf. Dies führt aber zu höheren Latenzzeiten.

Wenn ein Knoten einen Weg zu einem Zielknoten sucht, dann startet er einen Discovery-Process. Häufig schickt er dazu eine Anfrage mittels Flooding zum Zielknoten, die diesen über einen oder mehrere Pfade erreicht. Der Zielknoten wertet unterwegs gesammelte Pfadinformationen aus und verwendet den optimalsten Pfad, um dem anfragenden Knoten zu antworten. Aufgrund der Antwort führen sowohl der anfragende Knoten als auch die dazwischenliegenden Knoten ihre Routingtabellen nach.

Fazit

Drahtlose Low-Power-Mesh-Netzwerke reagieren flexibel auf Änderungen von Knoten und Übertragungsstrecken. Einsatzgebiete sind verteilte Sensornetzwerke und Steuerungsaufgaben mit vielen Aktorenknoten. Je nach Anwendungsfall eignet sich ein anderes der vielen auf dem Markt verfügbaren Systeme. Netzwerke mit der gleichen Aufgabe können sich abhängig von äusseren Rahmenbedingungen stark unterscheiden. Dies macht eine generische Planung solcher Netzwerke schwierig.

Flyer: 19_14.50.pdf
Datenblatt: 19_14.51.pdf

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