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Kleine Kerle im grossen All

Eine Million Kilometer von der Sonne entfernt ist es heisser als auf ihrer Oberfläche. Warum das so ist, wollen Forscherinnen und Forscher mithilfe zweier Satelliten klären, die ab 2017 die Sonne umkreisen werden. Für die präzise Positionierung der dazu notwendigen Messinstrumente sorgen Hexapoden – DC-Kleinstmotoren treiben die parallelkinematischen Positioniersysteme an.

 

Bei einer Sonnenfinsternis kann man den Strahlenkranz um die verdunkelte Sonnenscheibe, die Korona, durch eine Schutzbrille mit blossem Auge erkennen. Sie besteht aus nahezu vollständig ionisiertem Plasma und reicht bis zu drei Sonnenradien in den Weltraum hinaus. Mit einer Temperatur von mehreren Millionen Kelvin ist sie so heiss, dass die circa 6000 Kelvin der Sonnenoberfläche dagegen geradezu kühl wirken. Um der Ursache dieses enormen Gefälles auf die Spur zu kommen, plant nun die ESA (European Space Agency) für 2017 in ihrem StarTiger-Programm den Start zweier Satelliten.

Diese werden in einer speziellen Formation fliegen, denn entsprechende Messungen sind nur dann machbar, wenn die Sonnenscheibe abgedeckt ist und so die Korona nicht überstrahlt. Dabei darf aber der sonnennahe Teil des Strahlenkranzes nicht mit ausgeblendet sein. Die beiden Satelliten sind deshalb, wenn sie die Erde mit einer Geschwindigkeit von mehreren Kilometern pro Sekunde umkreisen, lediglich 150 m voneinander entfernt. Der Schild des einen Satelliten soll dann die Sonne so verdecken, dass die Instrumente auf dem anderen die Strahlung der Korona in bisher unerreichter Vollständigkeit einfangen können.

Bewegungsfreiheit in sechs Achsen

Um die beiden Satelliten und die Bord- instrumente optimal auszurichten, hat das StarTiger-Team die Raumflugsituation im Laboratoire d‘Astrophysique de Marseille nachgestellt. Die Forscherinnen und Forscher haben den Koronagrafen, der auf dem beschatteten Satelliten die Strahlung des Sonnenkranzes einfangen soll, auf einem Hexapoden montiert, dem Hochpräzisionsmodell Breva von Symetrie. Solche Hexapod-Systeme basieren auf sechs Aktoren, die auf eine gemeinsame Plattform wirken.

Vom Prinzip her ist das die gleiche Arbeitsweise wie bei einem Flugsimulator, nur wesentlich genauer. Statt Hydraulikantriebe treiben hochgenaue Antriebsspindeln und präzise ansteuerbare DC-Motoren die Hexapoden an. Durch die geringe Masse der bewegten Plattform sind die Einschwingzeiten beim Positionieren deutlich kürzer als bei konventionellen, gestapelten Mehrachssystemen. Der über Softwarefunktionen frei definierbare Drehpunkt bleibt unabhängig von der Bewegung erhalten, was bei der Justage der Messgeräte auf dem Satelliten wichtig ist.

Präzision erfordert spielfreie Antriebe mit hoher Leistungsdichte

Dank dieser Bewegungsfreiheit konnten die StarTiger-Techniker unterschiedliche Stellungen der Flugkörper zueinander simulieren. Der Hexapod zeichnet sich durch eine ganze Reihe von Eigenschaften aus, die ihn für diese Aufgabe prädestinieren. Er bringt bei geringen Toleranzen die geforderten Minimalbewegungen exakt hervor, ist aber zugleich sehr steif und kann deshalb die vorgegebene Stellung präzise halten. Sein Stellweg beträgt

±

75 mm bzw.

±

30 Grad, die Auflösung liegt bei 0,5 µm bzw. 2,5 µrad und die Reproduzierbarkeit wird mit

±

1 µm bzw. 5 µrad angegeben.

Besonders wichtig dabei ist, dass sich die Antriebskomponenten gut in die Beine der Hexapoden integrieren lassen. Das heisst, es sind möglichst kleine Baugrössen gefragt, die dennoch vergleichsweise grosse Leistungen liefern sollen. Um die hohe Positioniergenauigkeit zu erreichen, müssen die Antriebssysteme ausserdem möglichst spielfrei arbeiten, und das über die lange Betriebsdauer der Mikrostellsysteme. Gut erfüllen liessen sich alle diese Anforderungen durch DC-Kleinstmotoren mit eingebautem Encoder aus dem Faulhaber-Standard-Programm.

Eisenlose Wicklung kombiniert mit elektronischer Kommutierung

Diese Antriebe verbinden die Vorteile der eisenlosen Wicklungstechnik mit denen der elektronischen Kommutierung. Sie sind auf der selbsttragenden Spulentechnologie aufgebaut und bestehen im Wesentlichen aus einer dreiphasigen Wicklung und einem zweipoligen Permanentmagneten sowie dem elektronischen Kommutierungssystem. Zu den wichtigsten Eigenschaften dieses Prinzips gehören Zuverlässigkeit sowie eine lange Lebensdauer. Dank der guten Dynamik, der grossen Leistungsdichte aus kleinstem Bauraum und der hohen Encoderauflösung lassen sich mit ihrer Hilfe auch grosse Massen sicher und präzise positionieren.

Weitere Weltraumprojekte und Molekularforschung

Die Präzisionshexapoden werden auch bei anderen Weltraumprojekten genutzt, z.B. beim James-Webb-Raumteleskop, das ab 2018 das berühmte Hubble-Teleskop ersetzen soll, sowie beim GAIA-Satelliten zur Vermessung der Milchstrasse. Dort nutzen sie die Forscherinnen und Forscher zur Qualifizierung optischer Instrumente oder zur Montage optischer Einheiten. Der Hexapod fixiert beispielsweise einen Spiegel in der vorgegebenen Position, bis der Klebstoff, der ihn dauerhaft halten wird, ausgehärtet ist. Wie beim StarTiger kommt es auf eine extrem hohe Positioniergenauigkeit an: Das James-Webb-Teleskop soll theoretisch in der Lage sein, eine einzelne Kerze auf einem der Jupitermonde ausfindig zu machen.

Der für das GAIA-Projekt verwendete Hexapod wurde ursprünglich jedoch nicht für die Astronomie, sondern für die Material- und Molekularforschung entwickelt. Er entstand auf der Grundlage einer spezifischen Anforderung der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble. Das Synchrotron in der Nähe der französischen Alpen erzeugt laut eigenen Angaben den stärksten Röntgenstrahl der Welt. Die Hexapoden bringen in der ESRF Richtspiegel und Proben in bestimmte Positionen und halten sie exakt.

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