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«Ich stehe zu hundert Prozent hinter der Neuausrichtung»

Anfang Mai hat Siemens-Chef Joe Kaeser seine Pläne für die Neuausrichtung des Konzerns vorgestellt. Dazu zählen der Wegfall der vier Sektoren und die Reduktion der Divisionen von 16 auf 9. So will der Konzern rund 12 000 Arbeitsplätze – was in etwa 1 Mrd. Euro entspricht – einsparen. Wie die Schweiz davon betroffen ist, sagt Siegfried Gerlach, CEO Siemens Schweiz.

 

Medienberichten zufolge entlässt Siemens weltweit 12 000 Angestellte, was rund 3 Prozent der Beschäftigten ausmacht. Inwieweit betrifft das die Schweiz?

Siegfried Gerlach: Wir gehen davon aus, dass die angekündigte Neuorganisation keine einschneidenden Auswirkungen auf die Schweiz haben wird. Wir haben bereits vor Jahren unsere Hausaufgaben gemacht und unser Unternehmen schlank und effizient aufgestellt. Siemens Schweiz arbeitet profitabel, und alle unsere Divisionen melden gute bis sehr gute Zahlen. Wir gehen zudem davon aus, dass die Konjunktur in der Schweiz stabil bleibt, was uns natürlich ebenfalls zugute kommt.

Siemens hat 360 000 Mitarbeitende in rund 200 Ländern. Welche Auswirkungen der weltweite Umbau konkret nach sich zieht, können wir derzeit noch nicht sagen. Sicher werden einige Stellen wegfallen, weil Siemens mit der Streichung der Sektorebene eine ganze Hierarchiestufe herausnimmt. Zudem wird die Zahl der Divisionen von 16 auf 9 reduziert.

Gerüchte sagen, mit der eingesparten Mil-liarde Euro will Siemens den Einstieg bei Alstom finanzieren. Was sagen Sie dazu?

Gerlach: Das sind Aussagen, die ich nicht ernst nehmen kann. Der Sinn einer Neuorganisation, wie wir sie planen, besteht darin, die Geschäftsaktivitäten effizienter und schneller zu machen, um letztlich die Kunden besser bedienen zu können. Eine Übernahme fasst man ins Auge, wenn man das eigene Geschäft stärken oder ausweiten will. Eine Verbindung zwischen diesen beiden Themen gibt es nicht – das eine hat mit dem anderen schlicht und einfach nichts zu tun.

Kaeser-Vorgänger Peter Löscher baute Siemens um, offenbar mit zu geringem Erfolg. Was erwarten Sie von den neuen Plänen?

Gerlach: Ich bin überzeugt von der Neuaufstellung und stehe zu hundert Prozent dahinter. Das Ziel der Konzernführung ist es, Siemens noch näher an die Kunden heranzuführen, intern die Geschäfte näher zusammenzubringen und die Komplexität im Unternehmen zu reduzieren. Die angekündigten Massnahmen helfen uns dabei, auch in der Schweiz noch besser und erfolgreicher zu werden.

Das Schlagwort «Internet of Things – IoT» ist derzeit in aller Munde. Welche Rolle spielt die «neue» Siemens in diesem Milliardenmarkt?

Gerlach: Bei der Gestaltung unserer langfristigen Strategie stellen sich die Fragen: Wofür steht Siemens in Zukunft und wie wollen wir langfristig erfolgreich sein? Und wie entwickeln sich die Welt und die verschiedenen Branchen und Märkte?

Eine wichtige strategische Ergänzung haben wir vorgenommen. Wir sehen einen schnell zunehmenden Einfluss der Digitalisierung auf unsere Märkte – zusätzlich zu den schon seit einigen Jahren beachteten Mega-trends. Digitalisierung heisst: Daten sammeln, Inhalte analysieren und die richtigen Schlussfolgerungen ziehen. «Internet of Things» ist ein Schlagwort dazu, «Industrie 4.0» und «Digitale Fertigung» sind weitere.

Wir rechnen damit, dass die eher traditionellen Geschäfte mit der Elektrifizierung unter dem Strich moderat wachsen, während die Märkte für Automatisierung attraktive mittelfristige Wachstumsraten von 4 bis 6 Prozent aufweisen. Die Wachstumsdynamik in den Geschäften rund um Software und Datenanalytik ist markant höher und wird 7 bis 9 Prozent betragen.

Wie wollen Sie dieses Wachstum realisieren?

Gerlach: Diese Zukunftsmärkte werden wir konsequent bearbeiten. Wir wollen unsere führende Rolle in der Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung nutzen und in allen Feldern ein bedeutender Innovations-treiber sein. Siemens ist dafür hervorragend aufgestellt: Zu unserer sehr soliden Basis in der Elektrifizierung kommt zusätzlich unsere herausragende Position in fast allen Feldern der Automatisierung – sei es in der Kraftwerksleittechnik, im Stromübertragungsnetz, bei der Bahnautomatisierung oder in der Industrie. Wir werden also die Chancen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, dank der Verbindung mit unserem Wissen über die Kundenprozesse und dank unserer breiten installierten Kundenbasis ergreifen können.

Mit der neuen Organisation bündeln wir als weltweit erstes Unternehmen alle notwendigen Aktivitäten für die «Digitale Fabrik» unter einem Dach. Damit schaffen wir ideale Voraussetzungen für den Ausbau unserer führenden Rolle bei der Realisierung von Industrie 4.0. Dies gilt übrigens nicht nur für ein Fabrikumfeld, wir wenden diese Kompetenzen auch in Kraftwerken oder Gebäuden an.

Zurück zum Thema Neuausrichtung: Wie reagieren Ihre Kunden in der Schweiz auf dieses globale Restrukturierungsprogramm?

Gerlach: Unsere Mitarbeitenden und auch ich werden natürlich auf dieses Thema angesprochen. Aber die meisten Kunden verstehen, dass eine global tätige Firma wie Siemens sich laufend anpassen muss, um flexibel zu bleiben und die richtigen Lösungen und Produkte anbieten zu können. Siemens gibt es seit bald 170 Jahren. Wir können wie kaum ein anderes Unternehmen auf eine erfolgreiche Firmengeschichte zurückblicken. Siemens hat vieles richtig gemacht und immer wieder notwendige Anpassungen vorgenommen. Wir investieren in neue Technologien, wo es nötig ist, und ziehen uns aus Märkten zurück, die nicht zukunftsträchtig sind oder nicht mehr zu uns passen. Das war immer so und wird auch in Zukunft so bleiben.

Wichtig ist, dass man nahe bei den Kunden ist. In der Schweiz sind wir seit 120 Jahren aktiv und sind mit fast 6000 Mitarbeitenden in allen Landesteilen präsent. Wir pflegen sehr enge und langjährige Beziehungen zu unseren Kunden und haben damit eine sehr stabile Basis für erfolgreiche Geschäfte.

Wir bieten alles, was es für die Digitale Fabrik braucht

Als Global Player müssen wir uns ständig anpassen

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