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Elektrolyse im Energiepark Mainz: Wasserstoff im grossen Stil

Siemens hat mit Partnern die weltweit grösste Elektrolyseanlage für Wasserstoff offiziell in Betrieb genommen. Die im Energiepark Mainz installierte hochdynamische PEM-Druckelektrolyse hat bis zu sechs Megawatt Stromaufnahme, wobei die Anlage in Sekunden betriebsbereit ist und sich damit ideal für den Einsatz mit erneuerbaren Energien eignet. Gleichzeitig feiert das Siemens-Elektrolysesystem am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen Schweizer Premiere.

PEM steht für Polymerelektrolytmembran – ein Verfahren, bei dem aus Wasser und Strom Wasserstoff erzeugt wird. Partner in dem auf zwei Jahre angesetzten Forschungsvorhaben sind neben Siemens die Hochschule RheinMain, Linde und die Stadtwerke Mainz. Die Anlage in Mainz-Hechtsheim hat damit eine für Engpässe im Stromnetz und kleinere Windparks relevante Leistungsgrösse. Sie produziert Wasserstoff mithilfe von umweltfreundlich erzeugtem Strom, unter anderem aus benachbarten Windkraftanlagen. Der dabei aus erneuerbarer Energie erzeugte Wasserstoff wird als Energiespeichermedium dem Gasnetz zugemischt, für industrielle Prozesse und für Brennstoffzellenfahrzeuge genutzt.

Flexible Wasserstofffabrik
Siemens lieferte das Herzstück der Anlage, nämlich alle Elektrolysesysteme inklusive einer Simatic-Steuerung für die Regelung. Zusätzlich Mittelspannungsstationen mit GEAFOL-Trafos für die Niederspannungs-Hochstromversorgung der Sinamics PCM Gleichrichter und eine gasisolierte Mittelspannungsschaltanlage (20kV). Auf Simatic basiert auch das übergeordnete Leitsystem des Energieparks, das von Linde betrieben wird. Der Gasspezialist ist zudem für die Reinigung, Verdichtung, Speicherung und Abfüllung des Wasserstoffs verantwortlich. Die wissenschaftliche Begleitung hat die Hochschule RheinMain übernommen. Untersucht wird das Zusammenspiel aller Komponenten, etwa zwischen Elektrolyse und Verdichter, der Kopplung mit dem Gasnetz und dem Stromnetz.

In dem Elektrolyseur trennt eine protonenleitende Membran (PEM) die beiden Elektroden, an denen Sauerstoff und Wasserstoff entstehen – im Gegensatz zur konventionellen alkalischen Elektrolyse-Technik. Der PEM-Elektrolyseur reagiert hoch dynamisch innerhalb von Millisekunden und kann problemlos einige Zeit das eineinhalbfache seiner Nennleistung verkraften – so kann er selbst bei einem steilen Anstieg der Stromproduktion den Überschuss problemlos verarbeiten.

Dreamteam aus Gas
Hier zeigt sich ein grosser Vorteil von Wasserstoff: seine Vielseitigkeit. Er lässt sich wieder in Strom verwandeln, kann Autos antreiben oder „methanisiert“ werden – dabei reagiert Wasserstoff (H2) mit CO2 zu Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas. So liesse sich die Energie des „grünen“ Wasserstoffs auch in der vorhandenen Infrastruktur der Gasversorger speichern und zum Heizen oder für den Antrieb von Gasfahrzeugen nutzen.

Wasserstoff ist aber nicht nur ein perfekter Energieträger, sondern auch ein wichtiger Rohstoff der chemischen Industrie – der heute fast ausschliesslich aus Erdgas gewonnen wird. Zum einen muss es daher Ziel sein, Wasserstoff über erneuerbaren Strom künftig zu ähnlichen Kosten produzieren zu können wie aus Erdgas, und zum anderen könnte Wasserstoff mit dem Treibhausgas Kohlendioxid ein wahres Dreamteam bilden. Die Grundidee: Kohlenmonoxid (CO) ist ein wichtiges Zwischenprodukt der Chemieindustrie, das bisher aus fossilen Energieträgern gewonnen wird. Stattdessen liesse es sich aber auch aus CO2 und H2 erzeugen, wobei als Abfallprodukt Wasser entsteht. Diese Reaktion findet dank spezieller Katalysatoren statt, die Bayer zusammen mit Partnern aus der Wissenschaft entwickelt. Mithilfe eines anderen Katalysators lässt sich auch Ameisensäure herstellen, die ebenfalls eine wichtige Grundsubstanz für die organische Chemie ist.

Erstes Elektrolysesystem für die Schweiz
Im Juli 2015 konnte Siemens ein Elektrolysesystem für das Paul Scherrer Institut (PSI) liefern. Auf der vom Bund geförderten Energy System Integration (ESI) Plattform werden verschiedene Technologien wie die Biomasse-Umwandlung, die Methanisierung, die Elektrolyse und Brennstoffzellen in einem System kombiniert und im Verbund betrieben. Ab Winter 2015/16 wird die Plattform in verschiedenen Modi getestet. Beispielsweise kann (je nach Lastzustand) bei der Methanisierung der H2 aus dem Elektrolyseur zugemischt werden. Umgekehrt kann aber auch der Elektrolyseur als primäre Komponente nach dem Strompreis gefahren werden und die Methanisierung muss sich der Menge des produzierten H2 anpassen. In allen Modi wird die Dynamik getestet, der Teillastbetrieb sowie die Lebenserwartung der elektrochemischen Komponenten. Vom Elektrolyseur wird eine Betriebsdauer von 80 000 h erwartet.

www.siemens.ch